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Insta-Pionier Steffen Siegrist

"Pforzheimgram" und "Bawuevision": Dieser Mann steckt dahinter

Tausende Menschen haben bei Instagram die Seiten Pforzheimgram und Bawuevision abonniert. Der Mann dahinter ist Steffen Siegrist. Was ihn motiviert, die beliebten Insta-Hubs zu betreiben und wieso sein neuestes Projekt GermanAlphas Kamerafans aus ganz Deutschland verbindet, verrät er im Interview.

Hunderte Fotos sichtet Steffen Siegrist jeden Tag, hier in seinem Büro in der Pforzheimer Kronprinzenstraße.
Hunderte Fotos sichtet Steffen Siegrist jeden Tag, hier in seinem Büro in der Pforzheimer Kronprinzenstraße. Foto: bba
Tausende Menschen haben bei Instagram die Seiten Pforzheimgram und Bawuevision abonniert. Der Mann dahinter ist Steffen Siegrist (40) aus Mühlacker. Was ihn motiviert, die beliebten Insta-Hubs zu betreiben und wieso sein neuestes Projekt GermanAlphas Kamerafans aus ganz Deutschland verbindet, verrät er im Interview.

Herr Siegrist, woher kommt Ihre Leidenschaft für Fotografie?

Siegrist: Das fing so vor circa 20 Jahren an. Zu der Zeit bin ich für eine Community namens GoldTown.de zum Fotografieren durch die Discos getingelt – dieses Klassische: Man macht einen Schnappschuss der Besucher und drückt ihnen eine Karte mit einer Online-Adresse in die Hand, wo sie ihr Foto finden.

Zehn Jahre lang waren wir jedes Wochenende im Como, Löwenzahn und wie sie alle hießen unterwegs und hatten schließlich über 40.000 registrierte Nutzer auf der Seite und über 300.000 hochgeladene Bilder. Wenn wir weitergemacht hätten, wären wir damit vielleicht so was wie Facebook geworden – aber mit Mitte 30 war das für mich dann einfach durch.

Viele Jahre habe ich dann gar nicht mehr groß fotografiert. Das änderte sich vor sechs Jahren durch die Geburt meines Sohnes, als ich plötzlich wieder so viele schöne Momente festhalten wollte.

Auf zahlreichen Online-Plattformen waren Sie aber auch die Jahre dazwischen nicht unsichtbar...

Siegrist (lacht): Ja, immer wenn es ein neues Medium gibt, will ich das gleich ausprobieren – das ist für mich so eine Art Sport. Ich war einer der ersten, der bei Facebook angemeldet war, einer der ersten, der bei Twitter angemeldet war.

Bei Instagram war ich, glaube ich, tatsächlich unter den ersten 50.000 registrierten Nutzern. Ich war auch bei vielen anderen Seiten angemeldet, die aber nicht überlebt haben.

Pforzheimgram hat über 5000 Abbonenten, Bawuevision über 9000 – bedeutet das nicht auch viel Druck, Stichwort Freizeitstress?

Siegrist: Nein, das empfinde ich nicht so. Ich versuche täglich ein Bild auszuwählen und es ist viel durchzugucken, aber für mich ist es eher ein Abschalten von der Arbeit. Der Reiz, zusätzlich zu Pforzheimgram auch noch Bawuevision zu betreiben, war, das ich mich mit der Umgebung mehr beschäftigen wollte.

Ich wollte mehr sehen, was so passiert im Land. Das ist toll. Vor allem auch die Drohnen-Fotografie, wo bekannte Gebäude oder Plätze noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive erlebbar werden. Allerdings muss ich bei der Seite schon darauf achten, dass es nicht immer dieselben Fotografen und Motive sind.

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Bildschirmfoto 2019-11-16 um 16.21.05 Foto: None

Könnten Sie bei den Seitengrößen schon Geld mit den beiden Accounts verdienen?

Siegrist: Ich könnte sicher irgendwie Werbung markieren, das ist aber im Moment nicht meine Zielrichtung. Ich glaube auch, dass Seiten, die nur mit diesem Ziel starten, nicht wirklich gut sind.

Mir war es wichtig, Menschen zusammenzubringen, diesen Community-Gedanken hatte ich schon immer. Mein Ansatz ist: Wenn man etwas mit Herzblut macht, kommt irgendwann auch was zurück. Und wenn nicht, hatte ich eben einfach Spaß dabei.

Pforzheim zählt für nicht wenige Menschen mit zu den hässlichsten Städten Deutschlands – auf Pforzheimgram erstrahlt die Stadt in den schönsten Farben und Formen. Eine geschönte Sicht oder muss man nur genauer hinschauen?

Siegrist: Ich sehe das gar nicht so, dass Pforzheim hässlicher als andere Städte ist. Klar gibt es unschöne Ecken, aber die sind auch nicht mehr als in anderen Städten, die im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurden. Das Stadtbild ist ja im Moment sehr stark im Wandel, vielleicht wird Pforzheim dadurch etwas attraktiver.

Aber es fällt schon auf, dass viele Filter verwenden werden...

Siegrist: Filter sind ja grundsätzlich erst mal nichts Schlechtes. Sie sind eine vorgefertigte Form der Bearbeitung in Sachen Farbe und Look. Ich selbst nutze das Programm Lightroom, das deutlich differenzierter ist, aber ich würde Filter trotzdem nicht verteufeln.

Viel wichtiger ist für mich als Qualitätsmerkmal aber, ob eine Reihe eine Bildsprache, eine ästhetische Linie hat. Wenn durch den Filter allerdings alles gleich aussieht, ist das natürlich ungünstig. Nicht jedes Bild funktioniert mit dem gleichen Look.

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Neue Perspektiven auf Pforzheim und Umgebung schafft der Hub Pforzheimgram Foto: bba

Unter Fotografen gibt es ja nach wie vor die Spiegelreflex-Fraktion, dann Fans von Systemkameras und neuerdings auch immer mehr ambitionierte Handy-Fotografen. Ihre Meinung?

Siegrist: Seit einigen Tagen habe ich das neue iPhone und in Sachen Weitwinkel-Aufnahmen kommt das tatsächlich erstaunlich nah an eine hochwertige Kamera dran. Da hatte ich erst Sorge, dass ich meine Sony Alpha – die ich immer im Rucksack mit mir rumtrage – nicht mehr rausholen würde. Inzwischen denke ich aber, dass diese Bedenken unnötig waren.

Wieso?

Siegrist: Zum Ersten, weil das Feeling beim Fotografieren mit einer richtigen Kamera natürlich ein anderes ist. Zum Zweiten, weil gerade im Hinblick auf Lichtsensibilität – also wenn man bei einem in der Dämmerung geschossenen Bild noch mal mehr Licht rausholen will – und in Sachen Megapixel das Handy der Kamera dann doch nicht das Wasser reichen kann.

Das hat schon einen Grund, dass gute Kameras oft so groß und schwer sind – die Technik, die da drinsteckt, kann man eben doch nicht so einfach mit dem Handy imitieren, wenn es wirklich ins Detail geht. Im Endeffekt ist aber die Kamera, die man dabeihat, die beste Kamera für den Job.

Es ist egal ob es eine Spiegelreflex, Mittelformat oder einfach nur eine Polaroid Kamera ist. Das Ergebnis ist entscheidend.

Mit den Handyfotos kam ja das „Dauerfotografieren“ auf – beim Essen, im Urlaub. Gibt es einen Bereich im Leben, wo Sie selbst aus Prinzip nicht fotografieren? Mit Kindern ist das ja wahrscheinlich auch nicht so einfach, wenn der Papa immer die Kamera in der Hand hat, oder?

Siegrist: Nein, so strikte Vorgaben will ich mir selbst nicht machen. Und wenn ich im Urlaub fotografiere, nervt das meine Familie auch nicht, sondern macht ihnen eher Freude, wenn ich die Situation festhalte.

Was ich nicht mache, ist, Gesichter zu posten. Da möchte ich die Persönlichkeitsrechte meiner Familie schützen. Erwachsene können mir ihre Zustimmung geben, Kinder nicht.

Das klingt, als würden Sie aus Erfahrung sprechen?

Siegrist: Ja. Meine Eltern haben mal ein Bild an die Presse geschickt, wo ich als Baby im Sommer nackt in einem roten Wäschekorb bade. Rückblickend bin ich davon nicht mehr so begeistert. Ich möchte nicht, dass meine Kinder in die gleiche Situation geraten und sich später über veröffentlichte Bilder ärgern.

Ein Traummotiv, das Sie gerne noch einfangen möchten?

Siegrist: Was ich überhaupt nicht leiden kann, ist ein Foto zu schießen, wo 50 Leute um einen rumstehen und dasselbe Motiv ablichten, zum Beispiel Burg Eltz oder Ähnliches. Das hat immer einen seltsamen Beigeschmack.

Die Natur in Island oder Norwegen würde mich reizen, die Lofoten zum Beispiel hätte ich gerne mal gesehen und selbst interpretiert.

Was ist Ihr nächstes großes Projekt in Sachen Instagram?

Siegrist: Die jüngste Seite von mir, wo ich auch noch gar nicht offen in Erscheinung trete, ist der Hub GermanAlphas, der deutschlandweit funktioniert und auf Sony-Alpha-Kameras beschränkt ist.

Dieser Account hat mittlerweile 12.000 Follower und über 75.000 getaggte Bilder mit dem Hashtag #germanalphas. Diese Seite hat von allen am meisten gezündet und im Gegensatz zu Pforzheimgram und Bawuevision lade ich hier pro Tag zwei Motive hoch, weil die Qualität einfach sehr gut ist.

Aber auch abseits vom künstlerischen Aspekt macht das Betreiben der Seite echt Freude: Dadurch haben sich jetzt zum Beispiel in Hamburg verschiedene Fotografen gefunden, die alle den selben Kameraanbieter toll finden, und sich gelegentlich treffen, um gemeinsam zu fotografieren und sich auszutauschen. Das ist genau das, was ich bewirken will.

Es ist doch schade, wenn Leute parallel nebeneinander herleben, die sich für die gleiche Sache begeistern, und nichts voneinander wissen.

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Siegrists neuestes "Baby" GermanAlphas Foto: None

Haben Sie abschließend noch einen Tipp für jemanden, der ähnlich erfolgreich auf Insta werden will?

Siegrist: Einfach dranbleiben und machen. Als ich neu mit den Accounts angefangen habe, dachte ich, dass ich nie auf 100 Follower kommen würde. Als ich bei 500 Followern war, dachte ich, es werden nie 1000. Und irgendwann ist man einfach bei 10.000 angekommen. Wenn man wirklich Verbindungen schaffen möchte, braucht man einfach einen langen Atem.

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