Mitglieder der Bühler Innenstadtgemeinschaft haben am Samstag gegen einen weiteren Lockdown demonstriert: Die Belegschaften des Kaufhauses Peters sowie der Geschäfte „Bessey & Flammer“ und „Gecco“ gingen vor der Ladenöffnung mit Plakaten auf die Straße. Weitere Einzelhändler schlossen sich der Protestaktion an.
Warum dürfen die Supermärkte alles verkaufen?Bernhard Peters, Kaufhaus Peters
Kaufhaus-Geschäftsführer Bernhard Peters formulierte die Kernfrage, die den Einzelhandel umtreibt: „Kann uns jemand erklären, warum jeder Supermarkt, Drogeriemarkt oder Discounter jede Produktgruppe, die wir in unserem Sortiment führen, uneingeschränkt stationär verkaufen darf? Sind Spielwaren im Supermarkt weniger ansteckend?“
Und dies, unterstrich er, obwohl die Geschäfte deutlich höhere Hygieneauflagen erfüllten.„Wir leugnen kein Corona, aber wir sind für durchdachte Schutzmaßnahmen!“ Derzeit werde der Handel als eine der größten Branchen Deutschlands stillschweigend zum Schafott geführt. „Wir erleben eine Wettbewerbsverzerrung in nie dagewesenen Dimensionen.“
Hinter Einzelhandel stehen Menschen
Mit der spontanen Aktion wollten die Händler ein Zeichen setzen: „Der Einzelhandel“ - das seien schließlich Menschen. Nach einem Jahr sei die Corona-Politik für diese „nicht mehr erklärbar“. Auch in einigen anderen Städten in Deutschland gab es am Samstag Proteste gegen die Corona-Maßnahmen.
Bei allen Demonstranten sprachen auch die Plakate für sich: „Einzelhandel ist Bauernopfer“, „Politisches Versagen“, „Unsere Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel“ war darauf etwa zu lesen. Oder auch: „Einzelhandel in Bühl. Viel Platz, viel Hygiene, viel Verantwortung, viel Hirn!“
Der Geschäftsführer von Bessey & Flammer, Christoph Engelhardt, kritisierte zudem ständig neue Corona-Landesverordnungen, die den Kunden kaum noch vermittelbar seien. Und: „Wir wollen keine Überbrückungshilfen, wir wollen unsere eigene unternehmerische Leistung.“
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Der Einzelhandel müsse nun laut werden. „Es geht um viel, um ganze Ketten, vom Geschäft bis hin zu den Lieferanten, das ist den politischen Entscheidungsträgern gar nicht bewusst.“ Bei der Option „Click & Meet“ habe der Kunde 40 Quadratmeter Platz, betonte er, und verwies auf die zugleich geöffneten Baumärkte oder Friseure.
Nach welchen Kriterien hier unterschieden werde, sei nicht nachvollziehbar, sagte Lutz Raeck (Gecco). Er rief die Politik auf, endlich nachzudenken und schnelle, kreative Lösungen zu entwickeln. Gemeint war durchaus auch die Kommunalpolitik.
Einzelhandel hofft auf Hilfe aus Kommunalpolitik
Wie Engelhardt berichtete, hat sich die Bina jüngst mit einem Schreiben an Oberbürgermeister Hubert Schnurr gewandt. Darin verweisen die Bina-Mitglieder auf das Saarland, wo das Oberverwaltungsgericht die Landesverordnungen im Sinne des Einzelhandels kippte - wegen fehlender Verhältnismäßigkeit.
Dies erhofft sich die Bina auch vom OVG in Baden-Württemberg und bittet den Bühler OB, sich für eine Aufhebung des Lockdowns einzusetzen, mindestens bis eine entsprechende Entscheidung gefallen ist.
Andrea Zähringer, Inhaberin des „Bacino“ in der Schwanenstraße: „Es ist an der Zeit, dass man die Stadt in die Pflicht nimmt. Man könnte zum Beispiel Einzelhändler und Mitarbeiter wöchentlich am Rathaus testen lassen.“ Die nun ein Jahr währende Tatenlosigkeit mache sie „fassungslos“.
Die Demonstranten wünschen sich übereinstimmend auch ein höheres Maß an Solidarität von jenen Bürgern, die durch die Krise nicht existenziell bedroht sind. Und sie kündigten an, ihre Aktion am Montag fortzusetzen. Raeck zeigte sich überzeugt, dass sich dann noch weitere Bina-Mitglieder beteiligen.