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Jüdisches Fest

Entzünden des Chanukka-Leuchters in Bühl ist mehr denn je ein wichtiges Zeichen

Auf dem Bühler Johannesplatz entzündeten Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde den Chanukka-Leuchter. Eigentlich ist damit ein fröhliches Fest verbunden.

Chanukka Fest Entzünden des Leuchters
Rabbiner Daniel Naftoli Surovtsev von der Israelitischen Kultusgemeinde entzündete auf dem Johannesplatz in Bühl den Chanukka-Leuchter. Foto: Bernhard Margull

Das feierliche Entzünden von sechs Kerzen auf dem Chanukka-Leuchter durch Rabbiner Daniel Naftoli Surovtsev von der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden auf dem Johannesplatz in Bühl war ein sichtbares und wichtiges Zeichen in einer Zeit, die eine erschreckende Erkenntnis mit sich bringt: Antisemitismus greift auch in Deutschland wieder immer mehr Raum.

Juden werden offen auf deutschen Straßen beleidigt und angegriffen, jüdische Einrichtungen sind gefährdet wie seit langem nicht mehr. Seit dem Angriff der Terrormiliz Hamas auf Israel hat sich das alles noch verstärkt.

Polizei schützt Chanukka-Feier in Bühl

Sorgen und „tiefe Schmerzen“, die Irina Grinberg von der Israelitischen Kultusgemeinde kennt, und auch die Chanukka-Feier auf dem Johannesplatz mit rund 30 Teilnehmern stand unter Polizeischutz.

Bühl war, nach Baden-Baden und Rastatt, die dritte von drei Stationen dieses essenziellen Akts des jüdischen Lichterfests im Zuständigkeitsbereich der Kultusgemeinde. Bürgermeister Wolfgang Jokerst (Grüne) sprach mit Blick auf Deutschland vor rund 30 Teilnehmern der Feier von einem „unsäglichen Aufflammen des Antisemitismus, dem müssen wir entschieden entgegentreten“.

Das Chanukka- oder Lichterfest ist fest in der jüdischen Tradition verankert. Es erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahre 164 vor Christus. Die Makkabäer hatten die griechischen Besatzer vertrieben, reinigten den Tempel und mussten die Menora anzünden.

Dieser siebenarmige Leuchter, das ewige Licht, ist eines der wichtigsten religiösen Symbole der jüdischen Welt. Doch die griechischen Besatzer hatten das koschere Öl für den Leuchter vernichtet.

Nur ein kleiner Krug fand sich noch, erläuterte der Rabbiner. Die Menge hätte höchstens für einen Tag gereicht. Doch es geschah ein Wunder, das Öl brannte acht Tage lang. Das gab die notwendige Zeit, neues herzustellen. „An dieses Ölwunder erinnern die insgesamt acht Lichter des Chanukka“, sagte Surovtsev.

Krapfen und Kartoffelpuffer gehören zum Chanukka-Fest dazu

Chanukka ist ein fröhliches Fest, bei dem der kulinarische Aspekt nicht zu kurz kommt. Vor allem gibt es Speisen, die in Öl gebacken sind. Zu den beliebtesten Chanukka-Gerichten gehören Krapfen (Sufganiot), die – mit koscherem Glühwein – auch auf dem Johannesplatz in Bühl gereicht wurden. Ebenso beliebt sind Kartoffelpuffer (Latkes).

Auf diese Latkes freute sich Freddy Ries. Als Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde hatte er sich von Baden-Baden auf den Weg nach Bühl gemacht, um an der Feier teilzunehmen. Chanukka gehört in seiner Familie fest zum Jahreskreis. Es sei, wie Purim, ein heiteres Fest, berichtete Ries dem Reporter.

In dieser Zeit gibt das Channuka-Fest emotionale Stabilität.
Freddy Ries
Israelitische Kultusgemeinde

Doch die Chanukka-Fröhlichkeit ist auch bei ihm angesichts dieser „problematischen Zeit“ gewichen. Mehr denn je bringe ihm das Fest „Orientierung und emotionale Stabilität“. Ries telefoniert regelmäßig mit Freunden in Israel.

In diesen Telefonaten geht es in diesen Tagen auch um Chanukka. Der Leuchter mit seinen Kerzen werde in diesem Zusammenhang bildlich zum Hoffnungszeichen. Es sei ein Ankerpunkt, denn das Lichterfest stehe für Historie und Tradition der jüdischen Kultur. „Für uns ist es wichtig“, sagte Ries.

Historisches Foto von Rosi Rachel Posner kursiert verstärkt in den sozialen Netzwerken

Rabbiner Surovtsev verwies im Gespräch mit der Redaktion auf ein historisches Foto, das er zurzeit verstärkt in den sozialen Netzwerken entdeckt. Es wurde in Kiel von Rosi Rachel Posner im Dezember 1931 aufgenommen. Die Frau des Kieler Rabbiners hatte gerade den Chanukka-Leuchter auf das Fensterbrett gestellt. Dann holte sie den Fotoapparat und machte ein Bild.

Wohl unbewusst schuf sie ein Werk, das im Nachhinein, zusammen mit den handschriftlichen Zeilen auf der Rückseite, eine ungeheure Symbolkraft entwickeln sollte.

Der Blick fällt über den Leuchter hinweg aus dem Fenster auf das Haus gegenüber, an dem eine Hakenkreuzfahne hängt. Es war der Sitz der Kreisleitung der NSDAP. Das Kieler Stadtmuseum widmete dem Foto Anfang im Jahr 2022 eine Ausstellung mit dem Titel „Kiel, Chanukka 1931. Rahel Posners Foto erzählt“. Der Leuchter gehört heute zur Sammlung der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Israel. Auf deren Internetseiten lässt sich die Geschichte nachlesen.

Bürgermeister Jokerst sagte auf dem Johannesplatz, an der Stelle, an der im Jahr 1938 die Synagoge in „braunen“ Flammen aufging, durch das Anzünden der Chanukka-Lichter werde ein Zeichen der Hoffnung in die Welt gesandt, mit dem der Wunsch auf baldige Befreiung der jüdischen Hamas-Geiseln verbunden sei. „Wir sind stolz darauf, dass Chanukka in Bühl stattfindet.“

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