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Trendwende ist ausgeblieben

Aspichhof in Ottersweier: Corona-Effekte für Hofläden sind wieder verpufft

Während der Corona-Pandemie erlebten Hofläden einen Boom. Doch der ist vorbei, die Trendwende ausgeblieben, bilanziert der Aspichhof in Ottersweier.

Großes Gebäude mit Fotovolatikanlage
Tradition und Moderne verbinden sich auf dem Aspichhof oberhalb von Ottersweier. Für die Zukunft setzen Geschäftsführer Ewald Glaser und Betriebsleiter Simon Glaser auch auf regenerative Landwirtschaft. Foto: Wilfried Lienhard

Zurück auf dem Vor-Corona-Niveau: Das ist üblicherweise eine gute Nachricht. Bei Ewald Glaser verhält sich das anders: „Die Trendwende ist ausgeblieben“, sagt der Geschäftsführer der Ottersweierer Aspichhof gGmbH, zu deren Gesellschaftern über das Klinikum Mittelbaden der Landkreis Rastatt und die Stadt Baden-Baden gehören.

Während der Pandemie hatten Hofläden allgemein eine deutlich erhöhte Nachfrage erlebt. Doch „der Hype Regionalität ist geschmolzen wie Schnee in der Frühjahrssonne“, sagt Glaser. Die Kundenfrequenz habe nachgelassen. „Wir haben eine sehr gute Stammkundschaft“, berichtet Betriebsleiter Simon Glaser. „Die Leute kaufen nicht weniger, es kommen aber weniger Leute.“

Auf die Corona-Pandemie, deren negativen Auswirkungen auf Bäckerei und Konditorei Mitte des vergangenen Jahres vorbei gewesen seien, folgten durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine heftige Turbulenzen. Sie schlugen sich in einem starken Preisanstieg im Energiesektor, bei den Kosten etwa für Dünger oder Verpackung und der Inflation nieder. Letztere sorgt mit dafür, dass die Kunden stärker auf den Preis achten (müssen).

Dazu kommt laut Ewald Glaser ein sich verschärfender Wettbewerb zwischen Direktvermarktern und dem Lebensmitteleinzelhandel, der seinerseits die Karte Regionalität spiele. Dass der Anteil an den Konsumgütern, den die Deutschen für Lebensmittel ausgeben, von 26 Prozent im Jahr 1980 auf zuletzt 14,7 Prozent zurückgegangen ist, stimmt den Geschäftsführer zusätzlich bedenklich.

Lage auf dem Aspichhof in Ottersweier angespannt

Unterm Strich habe sich die betriebswirtschaftliche Situation nach der Corona-Pandemie nicht entspannt, bilanziert Ewald Glaser für den Aspichhof, zu dem auch eine Metzgerei und eine Gärtnerei zählen. Die Kostensteigerungen seien insgesamt nicht zu kompensieren gewesen: „Das gibt der Markt nicht her“.

Den eingeschlagenen Weg möchte der einzige landwirtschaftliche Inklusionsbetrieb in der Region aber fortsetzen. Das betrifft etwa die Energieversorgung des Hofs. Eine Photovoltaikanlage mit 60 Kilowatt ist in Betrieb gegangenen: „Bis zu 80 Prozent des erzeugten Stroms können wir selbst nutzen“, berichtet Simon Glaser. „An sonnigen Tagen decken wir damit bis zu 60 Prozent des Tagesbedarfs“. Die Beleuchtung ist komplett auf LED umgestellt, seit drei, vier Monaten ist eine neue Kühltechnik im Einsatz, und bis zum Jahresende soll auch der Umbau der Molkerei abgeschlossen sein.

Zusammenarbeit mit Maschinenring Ortenau

Verstärkt arbeitet der Aspichhof mit dem Maschinenring Ortenau zusammen. Auf dem Hof entsteht eine Maschinenstation, von der auch andere Betriebe profitieren. Ein Traktor ist schon seit eineinhalb Jahren hier stationiert. Zu einer Grünlandsaatmaschine kommen jetzt ein Mischstreuer und ein Güllefass dazu.

Sehr gut sei die Zusammenarbeit mit dem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, sagt Ewald Glaser. Dabei steht der Humusaufbau im Blickpunkt. Für Simon Glaser gehört das zum Einstieg in die regenerative Landwirtschaft. Wie gehe ich mit Trockenphasen um? Wie kann der Boden das Wasser aus dem Winter für die Trockenheit im Sommer speichern? Solche Fragen stellen sich dabei.

„Wir wollen mit so wenig Bodenbearbeitung wie möglich auskommen“, sagt Simon Glaser, der an der Universität Hohenheim seinen Master of Science Agribusiness erworben hat. „Jede Bodenbearbeitung setzt CO₂ frei und baut Humus ab.“ Er wolle vermehrt mit Zwischenfrüchten arbeiten, die den Boden bedecken und als Rinderfutter verwertbar sind. 

Hof in Ottersweier setzt auf Regionalität

Für Ewald Glaser beginnt das Thema Nachhaltigkeit nicht erst auf dem Feld. „Wenn ich den Co2-Fußabdruck anschaue, dann fängt das schon mit der Herkunft der Mitarbeiter an“, sagt er. Wie regional die Produkte seien, müsse möglicherweise stärker kommuniziert werden.

Es seien durchaus dicke Bretter, die da gebohrt werden müssten: Wenn der Preis das alles entscheidende Kriterium sei, dann sei es den Kunden völlig egal, ob hier oder dort produziert werde. Dabei ist der Geschäftsführer überzeugt: „Im Schnitt aller Lebensmittel, die wir verkaufen, liegen wir preislich gut“.

Ihn treibt allerdings auch etwas anderes um: Es fehlt in der Region insgesamt an Selbstbewusstsein. Dieses zu stärken, müsse man sich zur Aufgabe machen: „Wir leben in einer der reichsten Regionen der Welt. Die landwirtschaftliche Produktion ist Teil davon und ein Wert an sich. Die Landwirtschaft ist Teil unserer Kultur, und das möchten wir vermitteln. Dazu wollen wir auf dem Aspichhof einen Beitrag leisten.“

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