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Fachberater gefragt

Reger Flugverkehr bei Hornissen und Wespen in Bühl

Es ist ein überdurchschnittliches Wespen- und Hornissenjahr. Das spüren gerade die ehrenamtlichen Fachberater. In Bühl und Umgebung machten sie dabei einige außergewöhnliche Entdeckungen.

Zwei Feuerwehrleute mit Staubsauger
Der Kescher ist passé: Bei Hornissen setzen Oliver Linz und Claudia Nieberle einen Staubsauger ein. Die kleine Holzbox ist zum Schutz der Tiere mit Schaumstoff bestückt. Foto: Wilfried Lienhard

Es ist Saison. Hochsaison sogar. Seit einigen Wochen gehen bei der Bühler Feuerwehr täglich zwei-, dreimal spezielle Notrufe ein: Irgendwo am Haus, auf der Terrasse oder im Garten der Anrufer hat sich ein potenziell beängstigendes Volk versammelt. Wespen und Hornissen sind es, die manchen Hausbesitzer zum Telefon greifen lassen.

Dass diese dabei die Nummer der Feuerwehr wählen, hat einen einfachen Grund: Hier sind gleich mehrere ehrenamtliche Fachberater für Wespen- und Hornissenfragen zu erreichen.

Kommandant Günter Dußmann und sein Kollege Oliver Linz haben dafür bereits 2004 einen zweitägigen Lehrgang an der Umweltakademie Reutlingen absolviert. Mittlerweile ist dank Claudia Nieberle aus dem Expertenduo ein Trio geworden.

Eine Umsiedlung bedeutet immer Stress für die Tiere.
Oliver Linz Fachberater

Jetzt, im letzten Drittel der Saison, sind sie besonders häufig gefragt. Bis August halte sich die Zahl der Anrufer in engen Grenzen. Die Hornissen beginnen bereits Anfang Mai mit dem Nestbau. Im August ist dann die Population am größten und damit auch der Flugverkehr besonders intensiv.

Der Fokus der Fachberater liegt auf der Aufklärung. Günter Dußmann macht den Telefondienst. 70 Prozent der Anrufer, schätzt er, könne er bereits am Telefon beruhigen. „Die anderen 30 Prozent sind immer noch genug“, fügt Dußmann an. Vor Ort könnten noch einmal die Hälfte überzeugt werden, das Nest an Ort und Stelle zu lassen.

Das ist der Job von Claudia Nieberle und Oliver Linz. Jeden Montag waren sie zuletzt an drei Einsatzstellen. Vor Ort schauen sie sich an, wo sich das Nest befindet, und geben Tipps zum Umgang damit. Das Ziel sei es, die Nester an Ort und Stelle zu belassen. Eine Umsiedlung sei das letzte Mittel, wenn nichts anderes mehr helfe. „Eine Umsiedlung bedeutet immer Stress für die Tiere“, sagt Linz.

Hornisse
Raus und rein: Hornissen sind in diesem Jahr überdurchschnittlich häufig zu sehen. Sie profitieren wie auch die Wespen von der Trockenheit. Foto: Wilfried Lienhard

„Nicht alle überleben das, und wenn die Königin nicht dabei ist oder Schaden nimmt, dann ist es um das Volk geschehen.“ Außerdem stünden etliche Wespenarten unter Schutz und dürften gar nicht umgesiedelt werden.

Andere wie die Deutsche oder Gemeine Wespe setzt im Bedarfsfall der Kammerjäger um. Das kostet aber, und Dußmann warnt davor, die erstbeste Adresse im Internet zu kontaktieren. Hier gebe es etliche unseriöse Anbieter.

Was den Fachberatern helfe, seien ihr Feuerwehrauto und die Uniform: „Das schafft Vertrauen“, meint der Kommandant. Zwar gebe es immer noch „total uneinsichtige Leute“, aber die ablehnende Haltung sei weniger ausgeprägt als früher, berichtet Linz. Wenn er nach einem Hornissennest schaue, frage er meist, ob die Anrufer Probleme mit Wespen hätten.

Die Antwort kennt er in den allermeisten Fällen schon: nein. „Hornissen halten die Wespenpopulation in Schach und ernähren sich auch davon.“ Die Hornissen seien deutlich weniger nervig als die Wespen und auch nicht so aggressiv. Ein anderer hilfreicher Hinweis gerade im August: Im Oktober/November ist alles vorbei, und die Völker seien auch nur einjährig.

Wenn aber gar nichts mehr hilft, werden die Hornissennester in den Wald gebracht. Claudia Nieberle, die beim Forst arbeitet, nimmt dafür zuvor Kontakt mit der Revierleitung auf.

Fünf Völker musste sie in diesem Jahr gemeinsam mit Linz schon umsiedeln, zwei in Bühl, je eines in Waldmatt, Ottersweier und Unzhurst. Das bescherte auch ungewöhnliche Situationen. In Unzhurst hatte ein Frau einen alten Teppich zusammengerollt und auf den Balkon gelegt.

Als sie ihn ein paar Tage später entsorgen wollte, siedelte ein Hornissennest darin. In Bühl hatte der Wind das Sitzpolster des Gartenmöbels umgeklappt. Die dunkle Kuhle nutzten die Hornissen zum Nestbau.

Hohle Bäume, Spechtlöcher, das verschwindet alles zunehmend.
Günter Dußmann Fachberater

Das gebe es nicht alle Tage, meint Dußmann. Dass die Hornissen immer stärker an den Häusern und in den Gärten aufträten, in Rollladenkästen oder Vogelhäuschen, begründet er mit ihrem eingeschränkteren Lebensraum: „Hohle Bäume, Spechtlöcher, das verschwindet alles zunehmend, und wo Bäume stehen, sind es meist Monokulturen.“

Also muss die Hornisse sich neu orientieren. Sie braucht dunkle Hohlräume, wissen Linz und Nieberle, aber auch offene Strukturen wie Wiesen, um ausreichend Nahrung zu finden.

Wo immer es möglich ist, sollen die Völker bleiben können, wo sie sind. Manches Mal sind auch die Anrufer hinterher froh darüber. Dußmann erinnert sich an ein älteres Ehepaar, in dessen Vogelhäuschen sich ein Wesepenvolk einquartiert hatte: „Die sind vor Angst nicht mehr raus. Wir sind hin und haben aufgeklärt. Danach sind jeden Abend auf dem Bänkel gesessen und haben den Wespen zugeschaut.“

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