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200 Arbeitsplätze in Gefahr

Schaeffler-Mitarbeiter erfahren beim Frühstück in der Kantine vom Stellenabbau

Die Nachricht vom geplanten Stellenabbau bei Schaeffler in Bühl hat die Mitarbeiter kalt erwischt. Verärgert sind sie über den Weg, auf dem die Nachricht zu ihnen gelangte.

Schaeffler Automotive Buehl GmbH & Co. KG 
LuK
Schaeffler-Zentrale in Bühl: Wohin führt die Entwicklung bei der Transformation zur E-Mobilität? Foto: Bernhard Margull

Die Schaeffler-Mitarbeiter, die am Nachmittag das Werk in Bühl verlassen, sind verärgert. Dass ihr Unternehmen weltweit 1..300 Stellen abbauen möchte, davon 1.000 in Deutschland, haben sie aus den Medien erfahren – und das ausgerechnet beim Frühstück in der Schaeffler-Kantine. Bühl ist einer von drei besonders betroffenen Standorten. Hier sollen 200 Stellen wegfallen.

Noch am vergangenen Mittwoch, schimpft ein Mitarbeiter, sei bei einer Betriebsversammlung gefragt worden, ob ein solches Abbauprogramm geplant sei. Kein Wort sei aber zu diesem Thema gefallen.

Vierter Stellenabbau bei Schaeffler in Bühl innerhalb von zehn Jahren

Das bestätigt Werner Schmitt, der Betriebsratsvorsitzende von Schaeffler in Bühl. Die Antwort sei vage ausgefallen. Jetzt steht das vierte Abbauprogramm in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren bevor.

Die Nachricht ist Stück um Stück nach Bühl gedrungen. Bei einer außerordentlichen Sitzung des Schaeffler-Wirtschaftsausschusses in Schweinfurt erläuterte Matthias Zink, Vorstand Automotive Technologies, dass der E-Motor stärker auf den Markt dränge, als man das erwartet habe. Das habe Folgen für den Standort Bühl, sagt Schmitt: „Gerade das Stammwerk ist verbrennerlastig. Dem müssen wir Rechnung tragen.“

„Solche Sitzungen bedeuten selten etwas Gutes“, meint Schmitt, der gemeinsam mit seinem Stellvertreter an der Sitzung teilgenommen hatte. Am Dienstagmorgen informierten sie den Bühler Betriebsrat, Schmitt wegen eines positiven Corona-Tests aus der eigenen Wohnung zugeschaltet. Das Unternehmen habe versichert, ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen zu wollen.

Schaeffler setzt auf Altersteilzeit und Aufhebungsverträge

Stattdessen setze es auf Vereinbarungen zur Altersteilzeit und Aufhebungsverträge. Dennoch begreift Schmitt die Ankündigung als „einschneidend“. Die rasche Abfolge der Abbauprogramme verängstige irgendwann die Mitarbeiter, „und Schaeffler ist dann vielleicht nicht mehr als Arbeitgeber attraktiv“.

Schmitt kündigte an, dass nun auf der Ebene des Konzernbetriebsrats eine Strategie erarbeitet werde, wie auf diese Nachricht reagiert werden könne. In der kommenden Woche werde es in Würzburg ein Treffen der Konzernbetriebsräte geben.

Dann werde auch über Aktionen in der Öffentlichkeit gesprochen. Eine solche sei bereits für den 16. November in Bühl geplant, entweder auf dem Kirchplatz oder dem Europaplatz. Die Kundgebung war im Zuge des aktuellen Tarifkonflikts terminiert worden, jetzt gehe es natürlich vorrangig um die Arbeitsplätze: „Wir hoffen auf eine hohe Beteiligung.“ Anders sei kein Druck auf die Unternehmungsleitung zu erzeugen.

Schaeffler-Betriebsrat: Kaufkraftverlust in der Region erwartet

Der Betriebsratsvorsitzende sieht auch Auswirkungen auf die Region: „Ein solcher Stellenabbau bei einem Großbetrieb hat auch Auswirkungen auf die Kaufkraft. Sie wird zurückgehen.“

Mit Sorge schaut er auch auf die Ausbildung bei Schaeffler. Die sei großartig. Wenn aber die Stellenzahl schrumpfe, könne dieser Sektor kleiner werden, also weniger Ausbildungsstellen zur Verfügung stehen. Ob das neue Programm erfolgreich sein werde, müsse sich zeigen. Beim bislang letzten Programm seien die in Bühl angestrebten Zahlen nicht ganz erreicht worden. Schmitt sieht auch ein anderes Problem: „Aktuelle verlassen uns viele Mitarbeiter gerade in der Entwicklung.“ Die Gründe seien eine hohe Arbeitsbelastung und ein im Vergleich zu Mitbewerbern geringeres Entgelt.

Die guten Quartalszahlen und das erwartete Jahreswachstum passten auf den ersten Blick nicht zusammen, sagt Schmitt. Er schränkte aber ein: „Wenn Gewinn gemacht wird, stellt sich die Frage: Wo? Und mit welchem Personal?“

Das sieht auch Maja Reusch so. Die Transformation hin zur E-Mobilität setze das Unternehmen zwar unter Druck, in anderen Bereichen des Konzerrns, etwa der Industriesparte, laufe es aber gut. Die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall in Offenburg hofft, dass es gelingt, das Ausmaß des Stellenabbaus so gering wie möglich zu halten.

Die Arbeitnehmer hätten ihren Anteil daran, dass ein Betriebsergänzungsvertrag habe unterschrieben werden können. Das habe es möglich gemacht, vor Ort in die E-Mobilität zu investieren „und nicht in Ungarn oder Serbien“. Das reiche aber bei einem Standort mit 5.000 Mitarbeitern nicht aus: „Da muss noch mehr kommen.“ Ähnlich argumentiert Werner Schmitt: Der Umbau der Ultraeffizienzfabrik in den Bußmatten I bedeute zwar 500 Arbeitsplätze in der E-Mobilität, aber das genüge nicht.

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