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Lehrstunde im Obstanbau

Warum die Bühler Zwetschgenkönigin zur Erntezeit gerne auf Bäume klettert

Die amtierende Zwetschgenkönigin möchte das Image der Frucht gerade bei jüngeren Menschen verbessern. Dafür scheut sie auch keine schweißtreibende Arbeit.

Alter Mann und junge Frau
Alexandra Grasmik am Samstagmittag im Gespräch mit Obstbauer Walter Schmitt bei der Ernte seiner Zwetschgenbäume. Foto: Katrin König-Derki

Für eine Hoheit erscheint Alexandra Grasmik am Samstagmittag erstaunlich leger im Kappler Gewann Hollebach von Walter Schmitt. Das hat seinen Grund: Die amtierende Bühler Zwetschgenkönigin will dem Obstbauern bei der Ernte der blauen Frucht, die dort wächst und gedeiht, zur Hand gehen.

Sicher auch der Hitze geschuldet trägt sie kurze Hose, Turnschuhe und T-Shirt. Letzteres ist blau, ein Emblem zeigt zwei Zwetschgen. Der 27-Jährigen ist es ernst mit der traditionellen Bühler Frucht.

Denn die bedarf einer Imagekampagne, wie auch Alexandra Grasmik weiß. Gerade ältere Menschen in der Region liebten die Bühler Frühzwetschge zwar, Jüngeren sei sie aber ziemlich gleichgültig, bedauert sie. „Ich möchte gern etwas dazu beitragen, dass sich das ändert.“

In einem ersten Schritt habe sie daher überlegt, möglichst viel über das Obst zu erfahren. Schmitt, den sie vertraut „Walter“ nennt, liefere das Obst für das Zwetschgenfest. „Bei wem könnte ich also besser in die Lehrstunde gehen als bei ihm?“

In der Praxis Erfahrungen sammeln

Anfang Juli, blickt sie zurück, habe sie erstmals bei der Ernte geholfen. Da kam die Sorte „Katinka“ vom Baum. „An dem Nachmittag habe ich einiges gelernt. Vor allem Tina hat mir sehr viel beigebracht.“ Schmitt lacht.

Tina, das ist seine siebenjährige Enkelin, von klein auf in den Obstanbau hineingewachsen. Sie habe, sagt er liebevoll, „eine Klappe für zehn“. Und wolle später auch Zwetschgenkönigin werden, ergänzt Grasmik. Eine gute Ausgangslage für den Dialog von Frau zu Frau.

Ob es der kleinen Lehrmeisterin zu verdanken ist oder doch deren Opa: Grasmik fachsimpelt inzwischen wie ein alter Hase. Nennt unterschiedliche Sorten – heute wird „Presenta“ gepflückt – und beschreibt deren Eigenschaften, Erntezeiten und Beliebtheit. Ihr persönlich liegt, kaum überraschend, besonders die Bühler Zwetschge am Herzen. „Sie ist sehr aromatisch und etwas säuerlich, das mag ich.“

Zwetschgen
Erntereif: Die Zwetschgen der Sorte „Presenta“. Foto: Katrin König-Derki

Und Schmitt wiederholt für die Presse, was Grasmik längst weiß. Bei der Ernte müsse man darauf achten, dass nur die reifen Früchte im Korb landeten, keine faulen oder aufgeplatzten. Die Mindestgröße der „Presenta“ benennt er mit 30 Millimetern.

Ob die Maße stimmen, hat er nach Jahrzehnten der Arbeit im Obstanbau im Gespür. Er sorgt freilich schon im Vorfeld dafür, dass die Bäume richtig geschnitten werden. „Dann haben eigentlich alle Früchte die richtige Größe.“

Zwetschgenanbau ist nicht mehr attraktiv

Einige kritische Kommentare des Obstbauern lassen darauf schließen, dass es höchste Zeit für eine Imagekampagne ist - für die Bühler Zwetschge, aber auch für alle weiteren regional angebauten Sorten. So denkt Schmitt laut darüber nach, im kommenden Jahr einen Teil seiner Zwetschgenbäume zu roden und die Flächen brach liegen zu lassen. „Es geht nimm‘ so.“

Die Stimmung in der Branche ist schlecht.
Walter Schmitt
Obstbauer aus Bühl

Wenn er 50 Cent pro Kilo erhalte, und das sei der aktuelle Preis, zugleich aber zwölf Euro Mindestlohn pro Stunde an die Erntehelfer zahlen müsse, lohne sich der arbeitsintensive Anbau nicht mehr. „Die Stimmung in der Branche ist entsprechend schlecht.“ Der Politik sei dieser Frust egal, glaubt er.

Genau hier setzt Grasmik an. Es könne doch nicht sein, befindet sie, dass Bühl sich Zwetschgenstadt nenne, die hiesigen Landwirte aber viel zu wenig am Anbau verdienten. Dabei sei die Zwetschge so ein tolles Obst, schwärmt „ihre Majestät“. Es sei nicht nur im direkten Verzehr ein Genuss, sondern lasse sich auch perfekt verarbeiten.

Damit hat sie Erfahrung, erfreut sie doch Familie, Freunde und Arbeitskollegen gern mit Marmelade oder Zwetschgenkuchen („Ich mag ihn am liebsten mit Streuseln und Schlagsahne“). Es klingt beinahe nach einer Mission, wenn sie mehrfach wiederholt: „Ich möchte, dass meine Generation die Frucht wiederentdeckt.“

Dieses Obst gehört einfach zu Bühl.
Alexandra Grasmik
32. Bühler Zwetschgenkönigin

Zumal Zwetschgen viele Mineralien lieferten. Und: „Dieses Obst gehört einfach zu Bühl.“ Grasmik selbst ist damit aufgewachsen. In Kappelwindeck zum Beispiel, sagt sie, verkauften so einige Höfe derzeit Zwetschgenkörbchen an Ständen - direkt und frisch. „Es wäre total schade, wenn all das verloren ginge.“

Ausgerüstet mit einem Pflückschlitten, auf dem Pappkartons stehen, greift sie derweil immer wieder in den Baum. Eine Zwetschge glänzt blauer und schöner als die andere. So manche verschwindet auch in ihrem Mund. „Das ist das Gute am Ernten“, sagt sie lächelnd. Es sei zwar anstrengend, „aber man kann immer eine Verkostung machen“. Seit ihr der Königinnentitel verliehen wurde, hat sich der Zwetschgenkonsum von Alexandra Grasmik deutlich erhöht.

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