Skip to main content

Ältere Zielgruppe

Wie das Programm „Direkteinstieg Kita“ gegen den Erziehermangel in der Region hilft

Kindergärten im ganzen Land suchen dringend nach neuen Fachkräften. Nur woher sollen die kommen? An der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Bühl ist im Herbst ein neues Programm angelaufen – und die Schülerinnen sind begeistert.

Alina Schlömp, Aycan Altuntas und Sylvia Hornung stehen in der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Bühl.
Alina Schlömp, Aycan Altuntas und Sylvia Hornung (von links) werden in der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Bühl zu Sozialpädagogischen Assistenzen ausgebildet. Foto: Christoph Kölmel

Verkürzte Betreuungszeiten, geschlossene Gruppen, gestresstes Personal: Kindergärten im ganzen Land kämpfen darum, ihren Betrieb irgendwie aufrechtzuerhalten. Einzelne Einrichtungen preschen zwar mit guten Ideen voran, können die große Not aber auch nicht lindern. Es fehlt an Erzieherinnen und Erziehern, überall. Das System ist gefragt.

Und das System findet Lösungen – etwa an der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Bühl, wo aktuell 21 Schülerinnen und Schüler den Bildungsgang „Direkteinstieg Kita“ besuchen.

Schülerinnen der Elly-Heuss-Knapp-Schule sind glücklich mit Entscheidung

Unter ihnen sind Alina Schlömp, Sylvia Hornung und Aycan Altuntas. Klassische „Schülerinnen“ sind sie nicht: Alle drei haben Kinder und schon etliche Jahre gearbeitet, in Einzelhandel, Arztpraxis und Altenpflege. Und alle drei einte der Wunsch, stattdessen mit Kindern arbeiten zu wollen. So kamen sie nach Bühl. Wenn sie heute erzählen, hört es sich nach der richtigen Entscheidung an.

Ich würde nie wieder was anderes machen wollen.
Aycan Altuntas
Schülerin der Elly-Heuss-Knapp-Schule

„Das ist mein Beruf. Das mit den Kindern. Die positive Energie, die sie morgens schon mitbringen, ich würde nie wieder was anderes machen wollen“, sagt Altuntas. Den praktischen Teil ihrer Ausbildung macht sie in der Kinderschule Amalie Struve in Rastatt. Vorher hat sie lange in der Altenpflege gearbeitet. „Es ging mir richtig unter die Haut, die älteren Menschen sterben zu sehen.“ Das habe sie irgendwann nervlich nicht mehr verarbeiten können.

Altuntas hat zwei erwachsene Töchter und eine große Familie mit vielen Kindern. Beruflich habe sie vorher aber noch nie mit Kindern zu tun gehabt. Eher zufällig sei sie dann über eine Beratung bei der Agentur für Arbeit in die Richtung gestupst worden. „Es war wirklich ein Sprung ins kalte Wasser“, sagt Altuntas. Sie habe ihn noch keine Sekunde bereut.

„Direkteinstieg Kita“ soll Fachkräftemangel in Kitas lösen

Biografien wie die von Aycan Altuntas sind typisch für den „Direkteinstieg Kita“. Das Programm richtet sich speziell an Berufstätige, Wiedereinsteiger und Erwerbslose, die sich beruflich neu orientieren wollen. Außerdem können Zusatzkräfte, die bereits in Kindertageseinrichtungen arbeiten, so einen qualifizierten Abschluss erwerben.

Der nennt sich „Sozialpädagogische Assistenz“ und befähigt dazu, in Kitas und in der Ganztagsbetreuung an Grundschulen bei der Erziehung und Betreuung von Kindern mitzuwirken. Im Unterschied zu klassisch ausgebildeten Erziehern dürfen die Assistenzen aber keine Leitungsaufgaben übernehmen.

Ein Schulgebäude unter blauem Himmel
Die Elly-Heuss-Knapp-Schule wurde zuletzt von etwa 500 Schülerinnen und Schülern besucht. Rund ein Dutzend verschiedener Schularten finden sich hier. Foto: Wilfried Lienhard

Zwischen 35 und 45 Jahren liege der Altersschnitt ihrer Klasse an der Elly-Heuss-Knapp-Schule, sagt Alina Schlömp. Viele ihrer Mitschülerinnen hätten eine Familie zu versorgen, müssen Miete und Rechnungen bezahlen. Um dem zu begegnen, beziehen die Auszubildenden ein volles Gehalt über etwa 2.600 Euro brutto.

Auch das sei für sie natürlich ein Anreiz gewesen, sagt Altuntas. „Beim Gehalt einer einfachen Ausbildung, also mit 1.300 Euro oder so, hätte ich das wahrscheinlich nie anfangen können.“

Alina Schlömp ist im Kindergarten St. Christophorus in Ottersweier-Unzhurst im Einsatz. Dort hat sie zunächst als Hauswirtschafterin in der Küche gearbeitet, dann unterstützte sie während der Corona-Zeit als Integrationskraft ein Kind mit besonderem Bedarf. „Da habe ich schnell gemerkt, dass mir das gefällt“, sagt Schlömp.

Die Kolleginnen seien dann auf sie zugekommen und hätten sie gefragt, ob sie nicht dabei bleiben wolle. „Immerhin ein Vorteil von Corona war bei mir, dass ich in den laufenden Kindergartenbetrieb gekommen bin“, sagt Schlömp und lacht.

Ihren Ausbildungs-Kindergarten St. Laurentius in Gaggenau kannte auch Sylvia Hornung schon vor „Direkteinstieg Kita“. Sie arbeitete dort mehrmals bei Bedarf als Zusatzkraft. „Dann kam der Punkt, an dem ich sagte: Okay, jetzt will ich bleiben, ich will nicht mehr so schnell raus.“ Mit der Ausbildung zur Assistenz will sich Hornung fest an den Kindergarten binden.

Trotz der tollen Möglichkeit, die ihr das Programm eröffne, sei es natürlich auch herausfordernd. „Bevor man sich auf das einlässt, sollte man es schon mit seinem Umfeld abklären“, sagt Hornung. „Mein Sohn wird jetzt fünf. Wenn der schlafen geht, würde ich auch gern irgendwann schlafen – muss mich dann aber noch für die Schule hinsetzen.“ Die ganze Familie müsse mitziehen, damit die Ausbildung gelingt.

Was alle drei beobachten: Obwohl es zunächst seltsam ist, als Erwachsene wieder zur Schule zu gehen, habe sich die Motivation völlig gewandelt. „Ich habe jetzt gemerkt, dass Lernen auch Spaß macht und ich richtig was leisten kann“, sagt Schlömp. „Für mich war das ein mega Schritt nach vorne.“ Ihre Mitschülerinnen nicken.

Termin

Für Interessierte am „Direkteinstieg Kita“ findet an diesem Donnerstag, 25. April, von 14 bis 17 Uhr im Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit Rastatt ein Jobspeeddating statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

nach oben Zurück zum Seitenanfang