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Forderung nach Reform

Corona-Pflegebonus für Kliniken und Altenheime stößt im Murgtal auf Kritik

Wer als Pflegekraft in Kliniken oder Altenheimen arbeitet, bekommt vom Bund eine Corona-Prämie. Doch im Murgtal stößt der sogenannte Pflegebonus auf Kritik. Das Geld wäre nach Ansicht eines Einrichtungsleiters woanders besser investiert gewesen.

Ein großes Gebäude mit mehreren Autos davor.
Große Herausforderung: Corona belastet die Mitarbeiter in Pflegeheimen, wie das Helmut-Dahringer-Haus in Gaggenau, zusätzlich. Der Pflegebonus ist aber nicht für alle Berufsgruppen gleich hoch. Foto: Adrian Mahler

Infektionswellen, strikte Hygienemaßnahmen und erhöhter Betreuungsaufwand: Die Corona-Pandemie hat die Pflegeheime auch im Murgtal an die Belastungsgrenze gebracht.

Trotzdem stößt das jüngste „Dankeschön“ der Politik bei Einrichtungsleitern in Gernsbach und Gaggenau auf große Kritik. Gemeint ist der sogenannte Pflegebonus: Pflegekräfte in Kliniken und Altenheimen bekommen eine Einmalzahlung für ihren Einsatz während der Corona-Pandemie.

Doch die Arbeitnehmer erhalten unterschiedlich viel Geld – je nachdem, wie sehr sie in die direkte Pflege der Bewohner involviert sind. Die Spanne des Bonus reicht im Bereich der Altenpflege von 60 Euro bis 550 Euro. Dem Pflegebündnis Mittelbaden, zu dem unter anderem die Gaggenauer Altenhilfe gehört, ist diese Staffelung ein Dorn im Auge.

Die Absicht des Gesundheitsministers, hier eine erneute Wertschätzung der Pflege zum Ausdruck zu bringen, werde durch die Inhalte des Gesetzes konterkariert, betont Peter Koch, Vorsitzender des Pflegebündnisses. „Wertschätzung hört da auf, wo zwischen direkter Pflege und zum Beispiel den Mitarbeitern der Hauswirtschaftsbereich unterschieden wird“, so der Geschäftsführer der Gaggenauer Altenhilfe weiter. Die Belastung in der Pandemie sei nämlich für alle gleich groß. „Alle haben dazu beigetragen, den Betrieb am Laufen zu halten.“

Das gelte etwa auch für die Auszubildenden. Sie hätten in der Pandemie großes Durchhaltevermögen gezeigt. Zugleich mussten sie laut Koch viele Nachteile in ihrer Ausbildung verkraften. So habe teilweise die Einarbeitung gelitten. Dass Auszubildende nicht so viel vom Bonus abbekommen wie andere Beschäftigte, sei nicht nachvollziehbar, betont Koch. Deshalb fordert er, dass alle Mitarbeiter in Pflegeheimen den gleichen Betrag erhalten sollten.

Mehr noch: Auch über die Einrichtungsgrenzen hinweg müsse es einen Bonus etwa für Lehrer im Gesundheitswesen oder Mitwirkende im Qualitätsmanagement geben. Sie hätten ebenfalls dazu beigetragen, das System in der Pandemie aufrechtzuerhalten.

Pflege findet nicht nur am Bett statt.
Peter Koch, Geschäftsführer Gaggenauer Altenhilfe

„Pflege findet nicht nur am Bett statt“, erklärt Koch. Nun befürchtet er, dass „wegen der Ungleichbehandlung der Mitarbeiter auch das Betriebsklima leiden wird.“ Ähnliche Bedenken gibt es im Seniorenzentrum „Am Hahnbach“ in Gernsbach. Die Heimleiterin Kirstin Ihlenfeldt berichtet auf Nachfrage dieser Redaktion, dass sich bereits 2020 mehrere Mitarbeiter bei ihr beschwert hätten, als damals der Pflegebonus ebenfalls mit gestaffelten Beträgen ausgezahlt wurde. Die Situation habe sich dann zwar zeitnah wieder beruhigt.

Aber: „Jetzt wiederholt die Politik ihren Fehler“, betont Ihlenfeldt. „Eine Staffelung bringt nur Ärger. Jeder hat den gleichen Betrag verdient.“ Trotzdem freuen sie und Koch sich für die Mitarbeiter, die nun den vollen Bonus erhalten.

Eine Pflegefachkraft im Gernsbacher Murgtal-Wohnstift, die anonym bleiben will, sagt auf Nachfrage: „Klar, eine Bonuszahlung ist natürlich willkommen.“ Sie habe in der Pandemie nämlich einige zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen, um die Kontakte im betreuten Wohnen zu reduzieren: etwa das Klo in den Zimmern putzen oder Wäsche waschen. Es handle sich um Arbeiten, die normalerweise Reinigungskräfte machten.

Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.
Peter Koch, Geschäftsführer Gaggenauer Altenhilfe

Der zusätzliche Aufwand sei zum ohnehin schon sehr stressigen Alltag hinzugekommen. Deshalb sagt sie: „Der Pflegebonus bringt nur kurzfristig etwas. Vor den wirklichen Problemen in der Pflege verschließt die Politik aber die Augen.“

Der gleichen Ansicht ist auch Peter Koch von der Gaggenauer Altenhilfe. „Mit dem Bonus wird wieder einmal nur ein Trostpflaster verteilt. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Stattdessen hätte die Politik das Geld nutzen sollen, um eine allgemeine Reform einzuleiten. Es brauche mehr Personal in den Einrichtungen und eine bessere Vergütung, um mehr Menschen in diesen Bereich zu locken. „Die Situation war auch schon vor Corona prekär.“

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