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Ausbau von Zukunftsindustrien

Daimler Truck-Betriebsrat zu Batteriezellenwerk: „Wir haben noch immer alle Chancen“

Daimler Truck investiert in die Batteriezellenfertigung in den USA – doch was ist mit dem Standort Deutschland? Drei Fragen an den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Michael Brecht.

Ende einer Ära bei Mercedes-Benz: Truck-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht ist nur noch bis Mittwoch als Aufsichtsratsmitglied für den Pkw-Bereich zuständig.
Daimler Truck-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht ist zuversichtlich, dass ein Batteriezellenwerk auch in der Region noch denkbar ist. Foto: Hans-Jürgen Collet

Der Lkw-Hersteller Daimler Truck will in den USA ein Gemeinschaftsunternehmen zur Produktion von Batteriezellen errichten. Als Partner sind mit Accelera eine Sparte des US-Motorenherstellers Cummins und der US-amerikanische Lkw-Hersteller Paccar zu je 30 Prozent im Boot, der chinesische Hersteller von Batteriezellen EVE Energy als Technologiepartner mit zehn Prozent. Die Gesamtinvestition wird auf zwei bis drei Milliarden US-Dollar geschätzt.

USA glänzen mit effektiver Förderpolitik

Schon im Mai hatte Daimler-Truck-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Michael Brecht im Gespräch mit den BNN gewarnt, dass die USA mit dem „Inflation Reduction Act“ (IRA) durch eine schnelle und einfache Förderpolitik attraktive Rahmenbedingungen für die hohen Investitionen in Schlüsseltechnologien bieten, während die EU hinterherhinkt. Jetzt wollten die BNN von dem Gaggenauer Betriebsratschef wissen, was die Entscheidung in den USA für entsprechende Investitionspläne bei uns bedeutet.

Herr Brecht, in den USA ist die Entscheidung für ein Joint Venture gefallen. Sind durch die IRA-Förderpolitik in den USA die Überlegungen für einen europäischen Standort ins Hintertreffen geraten?
Michael Brecht
Ich persönlich und wir vom Gesamtbetriebsrat setzen uns ja schon seit langer Zeit für eine eigene Batteriezellenproduktion ein – am liebsten natürlich in der Nähe unserer bestehenden Antriebswerke, damit wir die perspektivisch rückläufige Beschäftigung beim konventionellen Dieselantrieb auffangen können. Diese Frage steht bei Diskussionen mit dem Vorstand und im Aufsichtsrat regelmäßig auf der Agenda. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen – weder dafür noch dagegen. Der Inflation Reduction Act bietet durch eine schnelle und einfache Förderpolitik attraktive Rahmenbedingungen für hohe Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Batteriezellen. Deshalb ist es logisch, dass Unternehmen ihre Investitionen zunächst dort tätigen. Daimler Truck braucht aber auch Zellen für Europa. Diese müssen hier produziert werden. Wir können mit der Zellenproduktion in den USA jetzt Erfahrung sammeln. Das hilft uns später auch in Europa. Ins Hintertreffen sind wir dadurch also nicht geraten.

Gehen die europäischen Überlegungen auch in Richtung eines Joint Venture?
Michael Brecht
Teil der strategischen Ausrichtung von Daimler Truck ist es, über Partnerschaften Know-how zu gewinnen, Investitionen zu begrenzen und Skaleneffekte zu erzielen. In den USA haben wir dazu eine vielversprechende Aufstellung gefunden. Was die Batteriezellenproduktion in Deutschland angeht, brauchen wir meiner persönlichen Ansicht nach keine großen Industriepartner. Wie man eine Produktion aufzieht, das wissen wir schon selbst. Sinn macht dagegen, wenn ein Spezialist für Zellchemie dazukommt. Hier können wir noch was lernen.
Wie stehen die Chancen für ein Batteriewerk in der Region?
Michael Brecht
Wir haben noch immer alle Chancen. Aber nur – und das ist ein großes Aber - wenn es uns gelingt, entsprechende staatliche Förderungen zu bekommen, die notwendigen Flächen bereitzustellen und mit Energiepreisen zu produzieren, die eine solche Fabrik und den Standort insgesamt wettbewerbsfähig machen. Hier ist die Förderpolitik der EU mit ihrer langsamen Bürokratie und der Bevorzugung von vermeintlich strukturschwachen Regionen nicht hilfreich. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich mich persönlich auf vielen Ebenen – im Unternehmen ebenso wie in Stuttgart, Berlin und Brüssel – für eine Zellenproduktion einsetze.

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