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Schauspielerin wurde 75 Jahre alt

Mit dem Tod von Ursula Cantieni verliert der SWR seine wohl größte Sympathieträgerin

Im Alter von 75 Jahren ist Ursula Cantieni in ihrer Wahl-Heimat Baden-Baden gestorben. Die Schauspielerin war vor allem als Bäuerin Johanna Faller aus der TV-Serie „Die Fallers“ bekannt.

Ursula Cantieni wie sie die Fernsehzuschauer kannten und liebten: Als Bäuerin Johanna Faller in der SWR-Serie „Die Fallers“.
Ursula Cantieni wie sie die Fernsehzuschauer kannten und liebten: Als Bäuerin Johanna Faller in der SWR-Serie „Die Fallers“. Foto: Alexander Kluge/dpa/SWR

Im Fernsehen spielte sie in der TV-Serie „Die Fallers“ fast 30 Jahre lang eine großherzige Bäuerin, die für jeden aus der Schwarzwaldfamilie ein offenes Ohr hatte. Im realen Leben versprühte Ursula Cantieni, dort, wo sie Menschen begegnete, eine große Herzlichkeit und hatte Humor. So wurde die Wahl-Baden-Badenerin auch zur wohl größten Sympathieträgerin des Südwestrundfunks (SWR).

Nach ihrem Abschied vom Fernsehen aus persönlichen Gründen Ende des vergangenen Jahres konnte die Schauspielerin ihren Ruhestand nicht lange genießen. Am Dienstag, 15. August, ist Ursula Cantieni im Alter von 75 Jahren in Baden-Baden verstorben. Das teilte der SWR mit. Ihr Ehemann Markus Hubenschmid habe dem Sender die traurige Nachricht bestätigt.

Ursula Cantieni hat den Menschen im Südwesten Gesicht und Stimme gegeben.
Kai Gniffke
SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender

SWR-Intendant und ARD-Vorsitzender Kai Gniffke äußert sich „bestürzt und tieftraurig“ zum Tod der beliebten Schauspielerin. „Ursula Cantieni war eine von uns“, wird der Senderchef in einer Mitteilung seines Hauses zitiert. Sie habe „nicht nur dem SWR, sondern auch den Menschen im Südwesten Gesicht und Stimme gegeben“.

Programmdirektor Bratzler würdigt sie als „eine der ganz Großen im SWR“

Cantieni habe Wärme und Klugheit ausgestrahlt, Charme besessen und einen wunderbaren Humor gehabt. SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler, der die Schauspielerin vor mehr als 20 Jahren als junger Moderator kennengelernt hatte, nennt sie in einer Würdigung „eine der ganz Großen im SWR“.

Ursula Cantieni (MItte) mit Gewinnern des BNN-Sommerrätsel,
Gerda und Ambros Zink, Achern
Gut gelaunt traf sich Ursula Cantieni (MItte) mit den BNN-Lesern Gerda und Ambros Zink aus Achern. Sie hatten das Treffen bei einem Sommerrätsel der Zeitung gewonnen. Foto: Bernd Kamleitner

Für den Drehstart zu der Schwarzwaldserie „Die Fallers“ im Frühjahr 1994 hatte Cantieni ihren Job im Bereich Sprechtraining, Moderation und Arbeit vor der Kamera beim Schweizer Fernsehen in ihrer Geburtsstadt Zürich aufgegeben.

Die Zusage für die Rolle der Johanna Faller hatte sie bereits im Dezember 1993 erhalten – kurz nach ihrem Geburtstag am 5. Dezember. „Es war ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk“, sagte sie einmal in einem Interview mit den Badischen Neuesten Nachrichten.

Schauspielerin aus Graubünden wuchs in Stuttgart auf

Nach der Kindheit in Graubünden in der Schweiz war Cantieni ab dem neunten Lebensjahr in Stuttgart aufgewachsen. Dort entwickelte sie ihre Vorliebe für Sprache weiter und wurde mit 27 Jahren Professorin für Sprecherziehung an der Folkwang Hochschule in Essen.

Ihre Schauspielkarriere startete Cantieni an der Württembergischen Landesbühne in Esslingen. Sie spielte zudem am Stadttheater Konstanz und hatte Gast-Engagements im europäischen Ausland.

Karriere startete mit Rolle in Film für „Debüt im Dritten“

Schon vor ihrer Rolle bei den „Fallers“ hatte sie in einer anderen Produktion eine junge Bäuerin gespielt: Der Film „Der Polenweiher“ war in der Reihe „Debüt im Dritten“ im früheren Südwestfunk (SWF) ausgestrahlt worden. Das wusste auch der Erfinder der „Fallers“ und erste Drehbuchschreiber Heinz Recht.

Beim Casting hatte er den gegenüber Cantieni zunächst kritisch eingestellten Regisseur Adalbert Plica von den Qualitäten der Schauspielerin überzeugen können. Für Plica sei sie für die Rolle als Bäuerin ein Tick zu elegant gewesen, erzählte Cantieni einmal im Gespräch mit den Badischen Neuesten. „Heinz wusste aber: Sie kann Bäuerin!“

Trotz vieler Zweifler glaubte Cantieni an den Erfolg der „Fallers“

An den Erfolg der Serie glaubte die Schauspielerin trotz vieler Zweifler von Anfang an. Zunächst waren nur 92 Folgen geplant, inzwischen sind es weit über 1.000. Die Landschaft Schwarzwald habe die Serie nicht kitschig, sondern mit Geschichten aus dem Alltag gut besetzt. Die könne jeder nachvollziehen, bilanzierte Cantieni anlässlich des 25. „Fallers“-Geburstag im Jahr 2019 gegenüber den Badischen Neuesten Nachrichten.

Die Serie ist bis heute die einzige, die noch von einem öffentlich-rechtlichen Sender selbst produziert wird. Der größte Teil der Szenen wird in Studios beim Südwestrundfunk in Baden-Baden gedreht.

Einen herben Einschnitt hatte die Produktion im Sommer 2021 hinnehmen müssen. Damals war Peter Schell, der in der Serie Johanns Sohn Karl spielte, im Alter von 64 Jahren an einer schweren Krankheit gestorben.

Mit Kittelschürze und Strickjacke

Cantieni war im vergangenen Jahr bei den Dreharbeiten auch nicht mehr dabei. Wegen des Produktionsvorlaufs von rund einem Jahr war sie auf dem Bildschirm bis Ende 2022 aber immer noch in Kittelschürze und Strickjacke zu sehen.

Für die TV-Serie Serie war Cantieni ein Glücksgriff. In der Hauptrolle verkörperte sie eine Idealbesetzung. In die Rolle ließ die Schauspielerin mit Sternzeichen Schütze auch Persönliches einfließen. „Schützen haben einen starken Gerechtigkeitssinn, sind teamfähig und es liegt ihnen daran, dass das Ganze gut funktioniert.“

Mit Ursula Cantieni funktionierten nicht nur „Die Fallers“ sehr gut. Von 2003 bis zu ihrem TV-Abschied Ende 2022 war sie festes Mitglied im Rateteam der beliebten SWR-Sendung „Sag die Wahrheit.“ In ihrer Freizeit war sie gerne in der Natur unterwegs.

Nationalpark Schwarzwald, Fest zum Abschluss des Nationalparkplans in der Murghalle Forbach
Alexander Bonde (lrechts, verdeckt) mit Thomas Waldenspuhl (von links) und Wolfgang Schlund, Ursula Cantieni und Frank Brettschneider
Der Nationalpark Schwarzwald lag Ursula Cantieni am Herzen. Hier feiert sie zum Abschluss des Nationalparkplans in der Murghalle Forbach mit Alexander Bonde (lrechts, verdeckt) mit Thomas Waldenspuhl (von links) und Wolfgang Schlund sowie Frank Brettschneider (rechts). Foto: Bernd Kamleitner

Zuletzt war das Wandern bei ihr etwas ins Hintertreffen geraten, hatte sie im Frühjahr noch gegenüber dieser Redaktion erzählt. Im Freundeskreis des Nationalparks Schwarzwald engagierte sie sich für das erste Schutzgebiet dieser Art in Baden-Württemberg. Es erstreckt sich auf rund 10.000 Hektar zwischen Freudenstadt und Baden-Baden.

Cantieni hatte eine Vorliebe für Yoga

Cantieni hatte mit ihrem Mann Markus Hubenschmid noch eine andere Vorliebe. Sie machte Yoga. „Das tut nur gut“, schwärmte sie. Schon im Jahr 2019 hat sie mit ihrem Ehemann eine vierjährige Yogalehrer- und Meditationsausbildung abgeschlossen.

In Baden-Baden hatte sie oberhalb der Stiftskirche beim Neuen Schloss einen ihrer Lieblingsplätze. Von dort aus genoss sie den Blick auf die Bäderstadt. „Es hat mich in ein so schönes Eck verschlagen“, schwärmte sie von der mit dem Welterbe-Titel dekorierten Kommune. Über ihre Wahl-Heimat hatte sie dagegen anfangs noch als „größtes überdachtes Altersheim der Republik“ gelästert, wie sei einmal lachend erzählte.

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