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Wo alle Notrufe eingehen

Lagezentrum der Offenburger Polizei: In der Zentrale stehen die Telefone selten still

Mehr als 98.000 Notrufe hat die Polizei im Führungs- und Lagezentrum des Offenburger Präsidiums im vergangenen Jahr entgegengenommen. Da heißt es für die Mitarbeiter: Nerven bewahren.

Einsatzassistent Markus Ühlin im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Offenburg
In diesem Raum laufen die Fäden zusammen: Einsatzassistent Markus Ühlin im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Offenburg. Foto: Wolfgang Kramer

Rund 270-mal klingelt hier an einem Tag im Schnitt das Telefon: Wer in der Region die 110 wählt, landet im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Offenburg. Dort, wo alle Notrufe aus dem Ortenaukreis, dem Landkreis Rastatt und aus Baden-Baden eingehen, müssen die Mitarbeiter immer wieder an ihre Belastungsgrenze gehen, denn mit dem Hilferuf setzt sich eine ganze Maschinerie in Gang.

Der Polizeiführer muss schnellstens entscheiden, wie ernst die Lage ist, und behält dann zentral alle Fäden in der Hand: Was passiert „draußen“ gerade bei allen parallel laufenden Einsätzen? Wird Verstärkung aus anderen Präsidien gebraucht? Muss der Hubschrauber anrücken, der Abschleppdienst oder gar ein Bestatter? Mit drei besonders nervenaufreibende Beispielen stellte die Polizei am Freitag in einem Pressegespräch die Arbeit des Lagezentrums vor.

Etwa 98.400 Notrufe gingen dort im vergangenen Jahr insgesamt ein, dazu kamen 30.000 E-Mails und 5.000 Online-Anzeigen. Bei 135.500 Polizeieinsätzen im Jahr müssen die insgesamt rund 50 Mitarbeiter gut mit Stress umgehen können, sagt Markus Huber, Leiter des Führungs- und Lagezentrums, das von fünf bis sechs Personen pro Schicht besetzt ist.

Schrotflinten und Schreckschusswaffen

Dabei schnellte den Polizisten im vergangenen Jahr regelrecht der Puls in die Höhe, als eines Abends ein Notruf aus Appenweier-Urloffen einging: Ein Mann mit Schrotflinte sei dort unterwegs, er habe geschossen und sei dann geflüchtet. Sofort habe man sich da an den Großeinsatz von Oppenau und die Suche nach dem bewaffneten „Waldläufer“ erinnert, sagt Jürgen Aupperle, Polizeiführer vom Dienst. „Wir haben uns gedanklich schon vorbereitet, dass auch diese Sache Tage oder Wochen dauert.“

Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Offenburg
Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Offenburg Foto: Wolfgang Kramer

So weit kam es nicht. Während sich bis zu 20 Polizeistreifen auf den Weg machten, meldete sich der Mann selbst per Notruf: Er war inzwischen in Renchen angekommen, wo ein Streit zwischen ihm, seiner Ex-Freundin und einem Bekannten eskaliert war.

Im Lagezentrum beobachtete man das Geschehen unterdessen live auf einer Videoleinwand, gefilmt und übertragen aus einem Hubschrauber, und lotste die Streifenwagen so zu dem Mann. Der wurde festgenommen – und die Schrotflinte entpuppte sich als Schreckschusswaffe.

Vermisstensuche mit Wärmebildkamera

Auch die Suche nach einem jungen Mann, der bei einem winterlichen Familienausflug verschwunden war, ging gerade noch gut aus. Rund 200 Einsatzkräfte blieben zunächst erfolglos, aber nachdem der Vermisste auch noch per Radio und Soziale Netzwerke gesucht wurde, meldete sich ein Zeuge beim Polizeirevier Gaggenau: Er hatte den Mann gesehen und konnte nun den Polizisten mit ihren Suchhunden zumindest eine grobe Richtung vorgeben.

Entdeckt wurde der Verschwundene schließlich mit Hilfe einer Wärmebildkamera im Helikopter: Er lag bereits entkräftet am Boden. Es ist nur einer von rund 500 Vermisstenfällen, die voriges Jahr im Lagezentrum eingingen.

Ein anderer Fall begann als Notruf nach dem Diebstahl eines Autos aus einer Garage in Offenburg und endete mit einer nächtlichen Verfolgungsjagd quer durch mehrere Bundesländer: Das Auto konnte geortet werden, der Dieb war damit allerdings schon in Hessen angekommen.

Mehrere Polizeipräsidien schalteten sich daraufhin zusammen, acht Streifen aus Hessen und der Pfalz nahmen die Verfolgung auf. Eine von ihnen konnte sich schließlich vor den gestohlenen Wagen stellen und den Fahrer stoppen – eine Stunde nach dem Notruf des Besitzers.

Das Offenburger Führungs- und Lagezentrum wurde im Zuge der Polizeireform 2014 als „Herzstück“ des Offenburger Polizeipräsidiums eingerichtet, so Polizeipräsident Reinhard Renter. In diesem Sommer steht nun der Umzug in den Erweiterungsbau des Präsidiums samt größerem „Lageraum“ an, die offizielle Eröffnung ist im Spätjahr geplant.

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