Skip to main content

Erklärung angekündigt

Meuthen vor EU-Aus: Wird der langjährige AfD-Chef jetzt Professor in Kehl?

Noch ist Jörg Meuthen Mitglied des EU-Parlaments. Warum der Ex-AfD-Chef bei der kommenden Europawahl nicht mehr kandidiert – und welche Alternative er sicher hat.

ARCHIV - Das EU-Parlament hat dem fraktionslosen Europaabgeordneten und ehemaligen AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen die parlamentarische Immunität entzogen. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Jörg Meuthens Tage als EU-Abgeordneter sind gezählt: Am Montag ist Fristende für die EU-Wahllisten, aber der partei- und fraktionslose Ex-AfD-Chef hat noch keinen Anschluss. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Was macht eigentlich Ex-AfD-Chef Jörg Meuthen? Wer das wissen will, sieht auf Facebook nach. Dort meldet sich der parteilose Europaabgeordnete aus Achern regelmäßig bei seinen 150.000 Followern. Aktuell beleuchtet er in einem Clip die Ausgangslage seiner ehemaligen Partei für die Europawahl.

Der Mann, der die AfD länger führte als jeder andere, analysiert die Verhältnisse messerscharf. Über seine frühere Co-Vorsitzende Alice Weidel sagt er, sie müsse „sich wie eine ungezogene Elevin“ vor Marine Le Pen vom Rassemblement National rechtfertigen.

Meuthen zufolge ist nicht nur Le Pen, die Herausforderin des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, ziemlich verärgert, weil es nach den Berichten über „Remigrationspläne“ heftigen Gegenwind gibt.

Große Teile des rechtskonservativen Lagers in Europa würden AfD-Politiker wie den dubiosen EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah als „imageschädigende Störfaktoren“ ansehen. Sie seien Fundamentalisten, die eine reale Machtoption in der EU verhinderten, weil niemand mit ihnen koalieren wolle.

Auf dem Markt: Der ehemalige AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen, hier im Freizeitlook auf dem Karlsruher Marktplatz, sucht nach einer neuen politischen Heimat.
Der badische Europaabgeordnete und ehemalige AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen im April 2022 auf dem Karlsruher Marktplatz. Foto: Daniel Streib

Meuthen als Einzelkämpfer mit Imageschaden

Dass Imageschäden lange nachwirken können, dürfte Meuthen am eigenen Leib erfahren haben. Drei Monate vor der Europawahl Anfang Juni ist er allein unter 705 Parlamentariern.

Zur Erinnerung: Im Januar 2022 hatte er den AfD-Parteivorsitz niedergelegt und die Partei verlassen; mit der Begründung, er habe den Machtkampf mit den rechtsextremen Kräften um Thüringens Landeschef Björn Höcke verloren.

Damals erwog Meuthen sogar die Neugründung einer eigenen Partei. Schon seine Vorgänger Bernd Lucke und Frauke Petry waren diesen Weg nach verlorenen Machtkämpfen gegangen, allerdings erfolglos.

Im Juni 2022 schloss sich Meuthen der Kleinstpartei Deutsches Zentrum (DZP) an. Mit ihr plante er den Wiedereinzug ins Europaparlament. Doch ein gutes Jahr und einige interne Querelen später trat er schon wieder aus. Seither ist der 62-jährige Wirtschaftswissenschaftler endgültig politischer Einzelkämpfer.

Ermittlungen wegen AfD-Spendenaffäre laufen

Bemühungen um Anschluss bei der Fraktion Europäische Konservative und Reformer (EKR) sollen auch an Meuthens AfD-Vergangenheit gescheitert sein. Die Tatsache, dass Meuthen von der Staatsanwaltschaft Berlin seit Januar 2022 als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Parteispenden geführt wird, war ebenfalls nicht hilfreich.

Doch wie geht es weiter? Nach Informationen dieser Redaktion dürfte Meuthens politisches Schicksal schon am kommenden Montag, 18. März, besiegelt sein. Es ist der letzte Tag für die Einreichung der EU-Wahlvorschläge beim Bundeswahlleiter – Einzelkandidaten sind nicht erlaubt.

Ich würde meine Tätigkeit als Hochschullehrer wieder aufnehmen.
Jörg Meuthen
Ehemaliger AfD-Chef

Der Name Meuthen fehlt auf allen bekannten EU-Listen – obwohl im rechten Spektrum zwischen Union und AfD durchaus Dynamik herrscht.

Beim relativ neuen „Bündnis Deutschland“ beispielsweise ist der EU-Abgeordnete Lars Patrick Berg aus Heidelberg Spitzenkandidat. Meuthen kennt ihn noch gut, er war Bergs Fraktionschef, im baden-württembergischen Landtag und im EU-Parlament. Und die Zentrumspartei will auch ohne Meuthen nach Europa, die Spitzenkandidatin heißt jetzt Marina Hübgens.

Werteunion hat keinen Kontakt zu Meuthen

Die von Ex-Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen frisch gegründete Werteunion-Partei wiederum tritt bei der Europawahl gar nicht an. Überdies heißt es bei den erzkonservativen CDU-Abtrünnigen: zu Meuthen gebe es keinen Kontakt.

Eine andere rechte Kleinpartei namens „Wir Bürger“ möchte im Juni zwar antreten. Es ist bisher allerdings nicht bekannt, ob die Partei die vom Europawahlgesetz vorgeschriebenen 4.000 Unterschriften vorweisen kann.

Bei „Wir Bürger“ handelt es sich übrigens um die Nachfolgerin der „Liberal-Konservativen Reformer“, die wiederum hervorging aus der „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ des AfD-Gründers und Meuthen-Vorgängers Bernd Lucke.

Und was sagt Meuthen zu seiner Zukunft? Darüber ist in seinen Analysen zur Europapolitik nichts zu erfahren. Für seine Follower dürfte sich das Dranbleiben aber lohnen. Auf BNN-Anfrage kündigte Meuthen eine baldige Erklärung an. „Bis dahin äußere ich mich nicht öffentlich zu dieser Frage“, so der Wahl-Ortenauer am Mittwoch.

Hochschule Kehl als umstrittene Alternative

Scheidet Meuthen nach der Europawahl aus, dürfte das nicht nur im Wissenschaftsbetrieb des Landes Baden-Württemberg für Unruhe sorgen. Denn nach seinem Parteiaustritt stand schon einmal eine umstrittene berufliche Alternative im Raum. „Ich bin beurlaubter Hochschullehrer, insofern würde ich dann meine Tätigkeit an der Verwaltungshochschule Kehl wieder aufnehmen“, sagte Meuthen damals – im Einklang mit der Rechtslage.

Heftige Kritik kam dennoch, etwa vom Grünen-Politiker Alexander Salomon aus Karlsruhe und der Pforzheimer SPD-Bundestagsabgeordneten Katja Mast. Tenor: Darf eine langjährige AfD-Größe angehende Staatsdiener unterrichten?

Später schränkte Meuthen ein: Eine Rückkehr als Professor an die Hochschule sei allenfalls die „ultima ratio“. Am kommenden Montag endet die Bewerbungsfrist. Die „letzte Möglichkeit“ ist dann erreicht.

nach oben Zurück zum Seitenanfang