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Aberglaube sitzt tief

Schwarze Katzen werden im Tierheim Achern meist zu Dauergästen

Gute Chancen haben Tiere bei der Vermittlung, wenn sie süß und gesund sind. Warum sie manchmal lebenslang im Heim bleiben, hat teils überraschende Gründe.

schwarze Katze
Kaum vermittelbar sind im Tierheim Achern schwarze Katzen, hier Dauergast Nala.  Foto: Katrin König-Derki

Schwarze Katzen. Es sind die schwarzen Katzen, die das Tierheim Achern nur selten an neue Besitzer vermitteln kann. So beschreibt es die Vorsitzende des zuständigen Tierschutzvereins Achern und Umgebung, Corinna Decker. Über die Gründe kann sie nur spekulieren, nimmt aber an, dass der Aberglaube hineinspielt („Schwarze Katzen bringen Unglück“).

Hohe Anzahl von Fundtieren gilt als Folge der Pandemie

Das Heim betreut um die 40 Katzen sowie zehn Kaninchen. Da keine Hunde aufgenommen werden, steht die Einrichtung mit Blick auf die Aufnahmekapazität nicht ganz so unter Druck wie andere, gerät aber momentan ebenfalls an die Grenze: Die Zahl der Fundtiere, die niemand reklamiert, hat sich Decker zufolge in diesem Jahr stark erhöht.

„Wir führen das auf die Pandemie zurück, zumal auch reinrassige Tiere dabei sind. Mit Corona und dem damaligen Boom an Anschaffungen hängt vermutlich auch die diesjährige Explosion der Geburten zusammen: Wir haben zwei Zimmer voll mit Babykätzchen.“ Die Nachfrage nach Tieren hingegen sei aktuell eher gering. „Es ist Ferienzeit. Aber so ist es besser, als wenn Leute sich ein Tier anschaffen und es dann aussetzen, weil sie in den Urlaub fahren.“

Natürlich spielen bei Menschen, die ein Tier „adoptieren“ möchten, auch viele weitere Aspekte in die Auswahl hinein, wie Decker berichtet. Vor allem Krankheiten oder Alter.

„Generell ist es schwierig, ein Tier zu vermitteln, das nicht der Norm entspricht“, sagt sie, und nennt exemplarisch ein jüngst abgegebenes Kätzchen, das wohl blind ist. Eine Anfrage, dass es vermisst werde, sei bisher nicht eingegangen. „Wenn die Besitzer sich in der ersten Woche nicht melden, stehen die Chancen, dass dies noch passiert, eher schlecht.“

Frau vor Kaninchenstall
Corinna Decker, Vorsitzende des Tierschutzvereins Achern und Umgebung, füttert Kaninchendame Luva, deren Zähne massiv geschädigt sind. Foto: Katrin König-Derki

Kaum vermittelbar sei auch Kaninchendame Luva, die von ihren Vorbesitzern wohl falsch ernährt wurde und massiv geschädigte Zähne hat. Das „Mäusle“ (Decker nutzt gern Kosenamen für ihre Schützlinge) benötige also „ein bissl Hilfe, weil es nicht alles fressen kann“.

Artgerechte Kaninchenhaltung ist kompliziert

Bei Kaninchen, berichtet sie in dem Kontext, schaue der Verein noch genauer auf die potenziellen Besitzer und die jeweiligen Gegebenheiten. Denn: „Die artgerechte Haltung von Kaninchen ist komplizierter. Sie brauchen einen geräumigen Stall und sollten vor allem frisches Grün fressen“.

Außerdem dürfen sie auf keinen Fall allein gehalten werden, weil sie sonst vereinsamen. Wenn jemand für ein Kaninchen einen Partner sucht, ist zwar eine unterschiedliche Größe unerheblich. Auch ein Deutscher Riese und ein Zwergkaninchen können wunderbar harmonieren. „Wichtig sind aber der Charakter und auch ein ähnliches Alter der Tiere.“

Ein süßes Aussehen erhöhe natürlich die Vermittelbarkeit. „Klein und niedlich“, umschreibt sie das gängige Idealbild. Und selbstverständlich ohne Handicaps.

Katzen leiden mehr unter dem Heimaufenthalt als Kaninchen.
Corinna Decker
Vorsitzende des Tierschutzvereins Achern und Umgebung

Beim Rundgang durch das Heim wird jedenfalls klar: Die Bewohner werden liebevoll gehegt und gepflegt. Die Kaninchenställe sind sauber, groß und spielerisch gestaltet, die Katzen wurden nach Kriterien wie Alter, Impfstatus und Gesundheitszustand auf mehrere Zimmer verteilt. Oft schließt sich ein Außenbereich an.

„Dennoch leiden Katzen mehr unter dem Heimaufenthalt als Kaninchen“, so Decker. „Sie suchen die Nähe zum Menschen. Wir bemühen uns, ihnen regelmäßig Zeit zu schenken, aber da wir alle zusätzlich einer Berufstätigkeit nachgehen, reichen unsere Möglichkeiten im Alltag eigentlich nicht aus. Wir müssen uns ja vor allem um die Hygiene kümmern.“ Gerade jetzt im Sommer gebe es zum Glück Ehrenamtliche, die extra zum Streicheln und Kuscheln durchkämen.

Auch streunende Katzen nutzen das Heim als Anlaufstelle

Ein Herz hat man im Acherner Heim auch für die Streuner, denen auf dem Außengelände Unterschlupf gewährt wird und die Futter erhalten. „Unter ihnen ist eine Katze, die vorher im Heim war“, erzählt Decker. „Sie leidet an chronischem Durchfall, insofern war klar, dass wir sie nicht vermitteln können. Es machte Sinn, sie in die Freiheit zu entlassen.“

Dauergast im Hause wiederum ist ein 15-jähriger Kater. Er genießt die Streicheleinheiten, die Decker ihm gewährt. „Er war ein ganz Böser“, sagt sie lächelnd. „Deshalb haben wir für ihn auch nie ein neues Zuhause gesucht.“

Die Babykätzchen maunzen derweil herzerweichend. Vermutlich betteln sie um Zärtlichkeit. Für die verschmuste Katzendame Nala hingegen ist der Heimaufenthalt längst Alltag. Sie schlummert im Nachbarzimmer entspannt in ihrem Körbchen. Nala ist schwarz.

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