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Mobiliätsdrehscheibe

Warum die Stadt Achern nun auf dem Bahnhofsvorplatz bald loslegen kann

Der Bahnhof in Achern soll zu einer modernen Mobilitätsdrehscheibe werden. Nach zähen Verhandlungen ist der Knoten endlich geplatzt. Aber warum?

Bahnhofsvorplatz Achern
Der Bahnhof Achern soll zur modernen Mobilitätsdrehscheibe werden und dazu wird es Umbauten auf dem Vorplatz geben. Die Stadt Achern wird dazu mit der DB einen Gestattungsvertrag schließen. Foto: Stefanie Prinz

Der aktuelle Bahnhofsvorplatz in Achern ist eine typische Zweckarchitektur. Ring-Erschließung, Busbuchten, Stellplätze für Kraftfahrzeuge, Taxistände und dazu Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

Der französische Ethnologe und Anthropologe Marc Augé, gleichzeitig Künstler und kritischer Beobachter des urbanen Raums, hat für derartige Anlagen den Begriff „Nicht-Orte“ geprägt. Er bezeichnet damit Orte im urbanen Raum oder an seiner Peripherie, die monofunktional genutzt werden.

Die Stadt Achern will das ändern und beabsichtigt die Umgestaltung des Areals zu einer „attraktiven Drehscheibe des öffentlichen Personennahverkehrs“. In diesem Zusammenhang soll das Angebot auf dem Bahnhofsvorplatz um zeitgemäße Fahrradabstellanlagen sowie eine moderne Mobilitätsstation erweitert werden. Der Busbahnhof bleibt erst einmal unverändert. Die Kommune will ihn zu gegebener Zeit modernisieren und barrierefrei ausbauen.

So einfach tätig werden konnte die Stadt auf dem Bahnhofsvorplatz bislang nicht. Denn die Sparte Station&Service der Deutschen Bahn (DB) hat als Betreiber des Areals den Daumen drauf. Die Verhandlungen mit dem Verkehrskonzern gestalteten sich recht zäh und nicht im Sinne der Kommune, wie in der letzten Sitzung des Acherner Gemeinderats vor der Sommerpause 2023 deutlich wurde.

Zähe Verhandlungen mit der Deutschen Bahn in Achern

Anfangs wollte die DB beim „Zukunftsbahnhof“ nicht mitziehen. Also nichts mit zeitgemäßen, modernen sowie sicheren Fahrradabstellplätzen, Mobiliäts-Station mit Leihrädern und E-Carsharing. Keine Aufwertung der Aufenthaltsflächen mit mehr Bäumen. Im Acherner Rathaus wuchs der Zorn. Die Kommune hatte bereits alle Hausaufgaben erledigt, nur die Einigung mit der DB als Platzeigentümerin stand noch aus.

Doch nun ist alles eingetütet – und zwar in Form eines Gestattungsvertrags, den die DB mit der Stadt schließen wird. Die Laufzeit beträgt, wie von Achern gewünscht, jetzt 25 Jahre. Die DB wollte eigentlich zehn Jahre. Kündigt die DB den Vertrag außerplanmäßig, ohne dass ein schuldhaftes Verhalten der Stadt zugrunde liegt, hat der Verkehrskonzern der Stadt den Buchwert zu bezahlen, den Achern in die baulichen Anlagen gesteckt hat.

Die Kommune ist nicht mehr verpflichtet, nach Vertragsende die von ihr errichteten baulichen Anlagen auf Verlangen der DB auf eigene Kosten wieder abzureißen, sofern es sich lediglich um eine Instandsetzung oder Erneuerung von bestehenden Dingen handelt.

Die Parkplätze für Kraftfahrzeuge darf Achern bewirtschaften und das Geld fließt in die Stadtkasse. „Das macht uns nicht reich“, so Muttach. Zudem wurde eine Klausel aufgenommen, die besagt, dass bei künftigen Investitionen wie zum Beispiel der Sanierung des Busbahnhofs, über Vertragsveränderungen und Laufzeiten auch vor Ende des Regelwerks neu zu verhandeln.

Die Stadt übernimmt alle Verpflichtungen des Grundbesitzers, ohne Eigentum zu erwerben. Was bei der Kommune bleibt: Sie muss nach Vertragsende die von ihr neu errichteten Hochbauten wie die Mobilitätsstation auf eigene Kosten entfernen. Die Verwaltung sieht das Vertragswerk in seiner Gestaltung als „nicht unproblematisch“ an. Doch es sei der einzige Weg, den Bahnhofsvorplatz aufzuwerten. Insbesondere kommen die Planungen den Radfahrern zugute.

Besuch eines Bahn-Vertreters im Ausschuss brachte den Durchbruch

Vielleicht, so mutmaßten die Bürgervertreter, hatte es sich ausgezahlt, einen Bahn-Vertreter in eine Sitzung des Bau- und Umweltausschusses einzuladen. Gebhard Glaser (Freie Wähler) bezeichnete es als „geschickten Schachzug“. Bei seinem Besuch hätte der Repräsentant der DB gesehen, „alle ziehen an einem Strang“. Glaser sah deutliche Verbesserungen durch eine ganze Reihe wichtiger Komponenten für die Verkehrswende.

Die Grünen hatten dazu noch einen Antrag. Es geht um die Fahrradabstellmöglichkeiten. Die ansprechende Holzkonstruktion mit ihrer polygonal gebrochenen Dachfläche ist modular geplant. Das heißt, es gibt in der Summe drei Einheiten überdachter Rad-Stellplätze, zu denen frei buchbare Boxen ebenso gehören wie kostenlose Doppelstock-Parker.

Busbahnhof am Bahnhof Achern - Blick auf zwei Busse von vorn
Der Busterminal am Bahnhof Achern kann auch eine Frischzellenkur vertragen. Die Stadt will ihn zu einem späteren Zeitpunkt modernisieren und barrierefrei ausbauen. Foto: Jörg Seiler

Vor dem Hintergrund, dass Bahn und Bus nicht nur durch das 49-Euro-Abo ordentliche Zuwächse erleben, fordern die Grünen, zum aktuellen Stand mit zwei Modulen gleich noch die maximale Variante mit drei Einheiten durchzurechnen.

Das bedeutet, zu den 64 Boxenplätzen kämen noch 32, zu den 112 kostenfreien Doppelparkern gesellen sich weitere 56. Der Gemeinderat trug den Antrag mit und erhält natürlich eine Kostenermittlung.

Bronzefigur des Bolian vor dem Empfangsgebäude des Acherner Bahnhofs
Es ist an der Zeit, scheint das bronzene Abbild des Dienstmanns Bolian am Bahnhof Achern zu symbolisieren. Die Stadt will den Bahnhofsvorplatz zu einer modernen Mobilitätsdrehscheibe ausbauen. Foto: Jörg Seiler

Zudem stimmte das Gremium der aktuellen Planung mit einem Volumen von gut 1,5 Millionen Euro zu und gab seinen Segen, dass die Verwaltung den notwendigen Gestattungsvertrag abschließt. Es seit ein „wichtiger Teil“ des städtischen Masterplans zu Verkehrswende, konstatierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl Früh. Er mahnte an, dass der Platz auf jeden Fall grün bleiben müsse.

Die Option auf mehr Radboxen fand die Zustimmung des Rats. Laut Martin Siffling (Grüne) sei es wichtig, angesichts der Fahrraddiebstähle sichere Unterstellmöglichkeiten zu bieten. Nur so gelinge es, mit Blick auf die Mobilitätswende noch mehr Menschen zu bewegen, mit den immer hochwertigeren Fahrrädern zum Bahnhof zu kommen.

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