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Baugebiet Kirchbühnd II

Warum Häuslebauer in Achern-Fautenbach sauer sind

Eigentlich wurde der Paragraf 13b des Baugesetzbuchs 2017 eingeführt, um Vorhaben im Außenbereich zu beschleunigen. Die Fautenbacher kommen aber nicht in diesen Genuss.

Blick über einen Getreideacker auf Häuser in Baumbestand
Das Baugebiet Kirchbühnd II soll kommen, doch wann steht derzeit in den Sternen. Der Punkt wurde von der Tagesordnung des Gemeinderats genommen. Foto: Michael Karle

Die Häuslebauer in Fautenbach sind stinksauer. Es ging im Prinzip nur noch darum, endlich loszulegen. Und jetzt? Ausgebremst! Ausgerechnet an der Zahl 13 liegt es.

Genau gesagt am Paragraf 13 b des Baugesetzbuchs. Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht just diesen Paragrafen für europarechtswidrig und damit für unwirksam erklärt.

Ein Scherbenhaufen. Für den kann die Kommune nichts. Doch die bitteren Konsequenzen muss sie ausbaden. Eigentlich hätte der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause 2023 für den Bebauungsplan „Kirchbühnd II“ den Satzungsbeschluss fassen sollen. Im Vorfeld sollte es noch um die Behandlung bei der Offenlage geäußerten Bedenken gehen.

Acherner Gemeinderäte sind fassungslos

Daraus wurde angesichts der unsicheren Rechtslage nichts. OB Klaus Muttach nahm den Punkt deshalb von der Tagesordnung des Acherner Gemeinderats. Die Runde der Bürgervertreter zeigte sich denn auch einigermaßen fassungslos.

„Die Leidtragenden sind die Bauwilligen“, konstatierte Fraktionschef Manfred Nock für die ABL. Für ihn ist klar, „die Eindämmung der Wohnungsnot ist nicht zum Tragen gekommen.“ CDU-Fraktionschef Karl Früh meinte, „das macht einen sprachlos“. Er könne sich nicht vorstellen, wie es in Fautenbach nun weitergeht.

Thomas Kohler sagte: „Es macht einen fassungslos. Wohnraum ist knapp und wird immer teurer.“ Für ihn bildet die Kirchbühnd II eine „sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Baugebiet“. Der Fraktionssprecher der Freien Wähler fürchtete, dass es jetzt Jahre dauern könnte, bis gebaut werden kann. Er verwies auf die vergleichbare Situation in Sasbachried. Mit Blick auf Bürgerfrust und anstehende Wahlen prognostizierte Kohler: „Wir gehen keinen guten Zeiten entgegen.“

Da ist das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden.
Rosa Karcher
CDU-Gemeinderätin Achern

Rosa Karcher (CDU) sagte, da sei das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden und ihr Fraktionskollege Rainer Ganter, der als Ortsvorsteher von Fautenbach die Bauwilligen mit vertrösten muss, ärgerte sich: Viele Bürger trauen der Kommune nicht mehr zu, etwas im Griff zu haben. So groß der Frust, so nachvollziehbar das Handeln der Verwaltung, das Oberbürgermeister Klaus Muttach (CDU) erläuterte.

2017 wurde der Paragraf 13b in das Baugesetzbuch eingeführt. Der Bund wollte auch vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise Wohnraum am Ortsrand schnell ermöglichen. Ziel von 13b sei es, „die Zuständigkeit der Kommunen im Vertrauen auf die Ortskunde der Kommunalmandatsträger zu stärken und Verfahren zu beschleunigen“, so Muttach.

Deshalb wurde für kleine Baugebiete bis zu einem Hektar Grundfläche mit ausschließlicher Wohnnutzung auf die Umweltprüfung verzichtet. Argument war, dass dies bei den ohnehin langen Bauverfahren das Verfahren für Bauleitplanung beschleunige.

Die Regelung wurde im Jahr 2020 mit dem Baulandmobilisierungsgesetz bis Ende 2024 verlängert. Von den Kommunalverbänden gab es positive Resonanz. Zum Einsturz brachte dann alles der BUND. Im Fall einer kleinen Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis zogen die Umweltschützer nach erstinstanzlicher Niederlage bis vors Bundesverwaltungsgericht, das den 13 b am 18. Juli 2023 kippte.

„Vermutlich werden bisherige 13b-Verfahren in Regelverfahren übergeleitet. Hierfür sind weitere Arbeitsschritte notwendig und die Vergabe von Gutachten, die Erstellung eines Umweltberichts“, listet Muttach auf. Gegebenenfalls ist sogar eine Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich.

OB sieht gescheiterte Bemühung um Stärkung der kommunalen Entscheidungskompetenz

Das war nach Muttachs Worten für das Baugebiet Kirchbühnd II in Fautenbach nicht zu erwarten. „Laut einer Abfrage der Regierungspräsidien aus dem Jahr 2020 wurden zum damaligen Zeitpunkt 862 Baugebiete mit diesem Instrument auf den Weg gebracht.“

Das Urteil des Acherner Stadtchefs zu der Geschichte: Die angestrebte Stärkung der Entscheidungskompetenz der Kommunen und auch Beschleunigung von Verfahren sei gescheitert.

Das bedeute auch, Kommunen können „auf eine Rechtsnorm, auch wenn sie schon wie vorliegend sechs Jahre alt ist, nicht vertrauen“. Selbst wenn, wie im Baugebiet Muhrfeld in Sasbachried, die Erschließung erledigt und die Bauplatzvergabe schon weit fortgeschritten sei, könnte es sein, dass die Baurechtsbehörden keine Baugenehmigungen erteilen dürfen.

„Teilweise sind bereits Finanzierungen abgeschlossen und vom Bauherrn klare Zeitpläne im Vertrauen auf die Rechtsnorm festgelegt worden. Eine etwaige Überleitung in ein Regelverfahren kostet aber nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Die Zeche bezahlt der Bauherr“, ärgert sich Muttach.

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