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Mehr als 5.000 Ukraine-Flüchtlinge

Flüchtlingshilfe in der Ortenau: Deutliche Mehrbelastung für den Kreis

Die Zahl der Asylsuchenden nimmt stetig zu. Für den Ortenaukreis bedeutet das eine große Herausforderung - personell und finanziell.

Betten in Halle
Leben in Hallen: Das Ankunftszentrum für Flüchtlinge aus der Ukraine war Mitte März innerhalb von nur 24 Stunden bei der Messe Offenburg eingerichtet worden. Jetzt müssen im Ortenaukreis wieder Hallen belegt werden. Foto: Heike Spannagel

Deutlicher Anstieg der Zahl von Asylbewerberzahlen, auffallend die verstärkte Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge aus der Ukraine: Das Jahr 2022 beschert dem Ortenaukreis eine deutliche Mehrbelastung, personell wie finanziell. Die große Mehrheit im Verwaltungsausschuss des Kreistags stärkte am Dienstag der Verwaltung den Rücken: den Menschen helfen, wo es nur geht.

Ende 2021 hielten sich im Ortenaukreis laut Migrationsbehörde 637 ukrainische Staatsangehörige auf. Zum Stichtag 23. September hat die Behörde die Zahl der im Ortenaukreis sich aufhaltenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf nahezu 5.000 geschätzt. Darüber hinaus gebe es eine unbekannte Anzahl, die sich privat bei Verwandten oder Bekannten aufhält und sich bislang nicht bei den Ausländerbehörden gemeldet hat. Gleichzeitig liege der Zugang von Flüchtlingen aus anderen Ländern auf einem „sehr hohen Niveau“.

Ortenaukreis rechnet weiterhin mit vielen Ukraine-Flüchtlingen

Bis zum Jahresende müsse man bundesweit mit Flüchtlingszahlen wie 2017 rechnen; damals wurden 222.000 gezählt. Hinzu komme dann noch „über eine Million Geflüchtete aus der Ukraine“: Da das Land bei der bundesweiten Verteilung gerade dieser Menschen im Minus sei, so Dezernent Michael Loritz, sei mit weiterhin hohen Zugängen auch in den Ortenaukreis zu rechnen.

Mit dem Bekanntwerden steigender Asylbewerberzahlen im Herbst 2021 hat die Verwaltung durch die Anmietung von Hotels und Wohnungen zusätzlich Unterkunftsplätze geschaffen. Um schnell reagieren zu können, muss die geplante Aufstockung von Plätzen vorerst nicht mehr mit den Regierungspräsidien abgestimmt werden.

Zudem hat das Land eine bis Ende 2023 befristete Ausnahmegenehmigung erlassen: Die Pro-Kopf-Wohn-/Schlaffläche wurde von sieben auf 4,5 Quadratmeter reduziert. Standen Ende 2021 im Ortenaukreis noch 884 Unterkunftsplätze zur Verfügung, so werden es bis zum Jahresende mindestens 2.800 sein, darunter die kreiseigenen Sporthallen in Lahr (Ortenauhalle/180 Plätze), Kehl (200) und Gengenbach (Mattenhof/60).

Das Migrationsamt hat gerade durch den Krieg in der Ukraine einen erhöhten Personalbedarf: 56 Stellen wurden ermittelt, von Heimleitungen bis Hausmeister. Die Schutzsuchenden aus der Ukraine erhalten seit Juni die gleichen Leistungen wie anerkannte Asylbewerber. Betroffen waren anfangs 1.400 ukrainische Familien, zuletzt waren bei der Kommunalen Arbeitsförderung 1.674 Bedarfsgemeinschaften registriert. Für die KOA sind weitere 22 Stellen vorgesehen.

Ortenaukreis benötigt deutlich mehr Personal zur Bewältigung der Herausforderungen

Insgesamt erwartet der Ortenaukreis für das laufende Jahr einen finanziellen Mehraufwand im Asylbereich in Höhe von einer Million Euro. Auch für 2023 und 2024 benötigt das Landratsamt für die Bewältigung der Flüchtlingsproblematik deutlich mehr Personal: Man geht von 75 zusätzlichen Stellen aus.

Lob an die Verwaltung und alle in der Flüchtlingshilfe Tätigen für das große Engagement, dazu das eigene Bekenntnis, den Menschen gerade aus der Ukraine als Ortenaukreis in jeder Hinsicht zu helfen: Einer Meinung waren in der Sitzung des Verwaltungsausschusses die Fraktionssprecher Klaus Muttach (CDU), Christian Huber (Freie Wähler), Alfred Baum (Grüne), Carsten Erhardt (FDP) und Kai-Achim Klare (SPD). Lediglich AfD-Sprecher Sven Rothmann scherte aus: Die Flüchtlinge möchte er für die in Deutschland entstehenden Zusatzbelastungen nicht kritisieren, vielmehr die Regierung. Mit Dingen wie dem „Bürgergeld“ werde völlig unnötig eine „Sogwirkung“ erzeugt.

„Wir schaffen das“, sagte Landrat Frank Scherer und bediente sich absichtlich eines legendären Satzes von Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Doch die immer drastischer werdende Flüchtlingskrise könne nur bewältigt werden, wenn mehr Pragmatismus Einzug halte und bürokratische Hürden klein seien: Wenn in einer Klasse oder einer Kitagruppe mal zwei Kinder zu viel sind, „dann ist das halt so“.

Es müsse zudem alles getan werden, so Scherer, Carsten Erhardt und Alfred Baum, arbeitswillige Flüchtlinge in Lohn und Brot zu bringen. Einbürgerungsverfahren müssten verkürzt werden, fügte Dorothee Granderath (Grüne) hinzu. Manuel Tabor (CDU) regte zudem an, im Ortenaukreis auch Bundesliegenschaften als Domizile heranzuziehen. Es gebe keine, so Loritz.

Durch den verstärkten Flüchtlingszuzug mussten an den Beruflichen Schulen – hier ist der Ortenaukreis Schulträger - insgesamt 19 Flüchtlingsklassen eingerichtet werden, neun mehr als im Vorjahr, mit 169 Schülern aus der Ukraine und 205 aus anderen Ländern.

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