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800 Lahmacun

Ditib-Moschee in Rastatt verkauft Essen zu Gunsten von Erdbeben-Opfern

Um Geld für die Erdbebenopfer in der Türkei zu sammeln, hat die Ditib-Zentralmoschee in Rastatt Lahmacun und Katmer verkauft. Die Mitglieder hatten Teig für 800 Lahmacun vorbereitet.

In der Ditib Moschee Rastatt geben Aysenur Aydin und ihre Schwester Sude Güler-Aydin Lahmacun und Katmer aus.
Großer Andrang: Nach dem Freitagsgebet nimmt der Essensverkauf Schwung auf. Aysenur Aydin (rechts) und ihre Schwester Sude Güler-Aydin geben Lahmacun und Katmer aus. Foto: Marcel Kisch

Dass Gürcan Özdemir nach dem Freitagsgebet in der Ditib Moschee in Rastatt noch eine Mahlzeit zu sich nimmt, ist nichts Außergewöhnliches. Heute geht es ihm aber nicht nur um die Geselligkeit oder darum, satt zu werden: „Wir wollen die Menschen in der Türkei so viel wie möglich unterstützen.“

Der gesamte Erlös, der an diesem Freitag zusammenkommt, geht an die Erdbebenopfer im Südosten der Türkei und Syrien. Der „Ditib Türkisch Islamische Kultur Verein“ sammelt Spendengelder, indem die ehrenamtlichen Mitglieder Speisen verkaufen. Sie bieten Lahmacun, eine Art türkische Pizza, und Katmer, ein geschichtetes türkisches Fladenbrot an.

Özdemirs Tante kommt aus der Provinz Hatay, die stark von dem Erdbeben betroffen ist. Dort liegt auch die Stadt Antakya. Sie wohnt vorübergehend bei Verwandten in Istanbul. Als sie ihren Heimatort verließ, sei ihr Haus noch nicht beschädigt gewesen. Dennoch blieb sie nicht, da die Gefahr besteht, dass es zu Nachbeben kommt.

Teig der Ditib-Helfer in Rastatt reicht für 800 Lahmacun

Im zweiten Obergeschoss der Moschee wird Fließbandarbeit betrieben. 30 Frauen bereiten dort das Essen zu. Aynur Aslan hat sie zusammengetrommelt. Sie ist stellvertretende Frauensprecherin des Vereins und hat die Aktion über die interne Whatsapp-Gruppe organisiert.

Frauen kochen in der Ditib Moschee in Rastatt.
Die 30 Frauen haben die Arbeitsschritte aufgeteilt. Der Teig kommt in eine Backform, wird bestrichen und kommt dann in den Ofen. Foto: Marcel Kisch

Die Bäckerinnen haben noch viel vor sich: „Wir haben auf 80 Kilo Teig aufgestockt“, sagt Aslan. Das reiche für etwa 800 Lahmacun.

Schon im Vorfeld zeichnete sich eine große Nachfrage ab. Rastatter Firmen gaben Großbestellungen auf, um die Spendenaktion zu unterstützen. Die größte Bestellung umfasse 100 Stück. Mit dieser hohen Nachfrage hätten sie nicht gerechnet. Ursprünglich hätten sie mit zehn Kilogramm kalkuliert.

Die ersten waren heute Morgen um sieben Uhr da.
Aynur Aslan, Frauensprecherin des Vereins

Trotzdem herrscht in dem Raum keine Hektik – die Abläufe wirken eingespielt. Es gibt eine eigene Station für jeden Arbeitsschritt, den die Frauen einzeln oder zu zweit ausführen. Manche von ihnen sind Hausfrauen, andere berufstätig. „Die ersten waren heute Morgen um sieben Uhr da“, sagt Aslan. Sie alle arbeiten ehrenamtlich.

An der rechten Wand sitzen drei Frauen im Schneidersitz auf dem Boden. Eine von ihnen rollt den Teig aus. Die beiden anderen legen den Teig auf Grillplatten, die vor ihnen stehen. Den Boden haben die Vereinsmitglieder mit Folie ausgelegt.

Der Verein hatte Anfang der Woche wie viele andere Organisationen noch Sachspenden gesammelt. Ayhan Bayram, stellvertretender Vorsitzender des Ditib Rastatt, sagt: „Viele Menschen sind gekommen und haben Kleidung, Windeln, Hygieneartikel und alles Mögliche gebracht.“ Hunderte von Kartons habe der Verein gesammelt, sortiert, beschriftet und nach Gaggenau gefahren.

Von dort seien sie zu den Annahmestationen in Karlsruhe und Bühl gebracht worden. Davon ist der Verein abgekommen. Das sei zu aufwendig und dauere zu lange, weil die Ladungen mit Hilfsgütern an allen Grenzen durch den Zoll geprüft werden müssten. Das kann er nachvollziehen: „Es gibt immer böse Menschen, die solche Situationen für kriminelle Machenschaften ausnutzen.“

Verein nimmt für Erdbebenopfer keine Sachspenden mehr an

Mit Geld werde den Menschen vor Ort schneller geholfen. „In der Türkei ist ja alles vorhanden. Es muss nur dorthin gebracht werden, wo es gebraucht wird.“ Deshalb nehme Ditib nur noch Geldspenden an. Diese überweise der Verein an den Ditib-Dachverband in Köln. Von dort werde es zentral an die zuständigen türkischen Behörden wie die türkische Katastrophenschutzbehörde AFAD weitergegeben.

Sude Güler-Aydin und Aysenur Aydin geben den Lahmacun und Katmer im Erdgeschoss aus. Während des Gebets ist die Essensausgabe zunächst noch ruhig. Aus den Lautsprechern schallt abwechselnd Gesang und das gesprochene Wort. Die Predigt und das Gebet beschallen die ganze Moschee.

Eine Stunde später sind die Lautsprecher zwar leise, im Raum bleibt es aber laut. Immer mehr Menschen kommen nach dem Gebet ins Erdgeschoss. „Wir kommen nicht mehr hinterher“, sagt Güler-Aydin.

Auf Özdemirs Teller sind mehrere Lahmacun gestapelt. Seine Tante habe Glück, dass es ihr gut gehe und sie nicht so stark von dem Erdbeben betroffen ist. Sein Herz schlage mit den Opfern. „Ich esse heute mehr als sonst“, sagt er und lacht. Es schmecke ihm besonders gut, weil er so etwas Gutes tun könne.

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