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Zwischenbilanz

Noch ist der Kampf nicht verloren: Durmersheim ist „Hotspot“ der Asiatischen Tigermücke

Als ob die heimischen Plagegeister nicht ausreichen: Die zunehmenden Funde der Asiatischen Tigermücke werden mit Sorge gesehen. In Durmersheim tobt der Abwehrkampf.

ARCHIV - HANDOUT - Eine weibliche Asiatische Tigermücke (Aedes albopicts), aufgenommen im Jahr 2002. (zu dpa «Wohl keine massenhafte Ausbreitung der Tigermücke in Karlsruhe» vom 20.09.2017) ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung bei vollständiger Nennung der Quelle: Foto: James Gathany/CDC/Centers for Disease Control and Prevention/dpa Foto: James Gathany/CDC/Centers for Disease Control and Prevention/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Der Tiger unter den Stechmücken: Ihre schwarz-weiße Musterung bescherte der Asiatischen Tigermücke ihren Namen. Foto: James Gathany/dpa

In Europa gilt der Hafen von Genua als der Ort, an dem die Asiatische Tigermücke 1990 erstmals den Kontinent erreichte. In Deutschland kam sie 17 Jahre später in der Oberrheinebene zum Vorschein. 2017 wurde sie in Bad Bellingen im Markgräflerland nachgewiesen. In Durmersheim machte sie sich im Sommer 2022 in einem Anwesen in der Rastatter Straße bemerkbar.

Mit dieser Einwanderungschronik leitete Artur Jöst, Stechmückenexperte der KABS, in der Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch einen Vortrag ein, den Bürgermeister Klaus Eckert hinterher als „wirklich spannend, lebendig, eindrucksvoll“ beschrieb. Grund des Referats: Durmersheim sei zu einem „Hotspot“ des Tigermückenproblems geworden, der Ort sei „massiv betroffen“, erklärte Eckert.

Bevor die Asiatische Tigermücke wieder aus ihren Schlupfwinkeln kommt, wurde sie von Experten der KABS dem Durmersheimer Gemeinderat vorgestellt.
Klein und nervig: Bevor die Asiatische Tigermücke wieder aus ihren Schlupfwinkeln kommt, wurde sie von Experten der KABS dem Durmersheimer Gemeinderat vorgestellt. Foto: Helmut Heck

Das unscheinbare Geschöpf kann dem Menschen durch Übertragung von 20 verschiedene Viren gefährlich werden. Unterstrichen wurde die Bedeutung durch die Anwesenheit von gleich drei KABS-Leuten.

Neben dem Biologen Jöst, der in Mittelbaden seit vielen Jahren durch die Schnakenbekämpfung bekannt ist, waren der wissenschaftliche Direktor Dirk Reichle und Gabriele Stadler anwesend, die sozusagen Tigermücken-Beauftragte für den Raum Durmersheim ist.

Die Entdeckung der Population in Durmersheim, die vermutlich schon Jahre existierte, war Jöst zufolge, einer „aufmerksamen Frau“ zu verdanken , die Anfang August 2022 Verdacht schöpfte und es der KABS mitgeteilte. Die 2020 gebildete „Task Force Tigermücke“ (TFT) sei sofort aktiv geworden.

In einer gut abgelaufenen Aktion, zu der auch Öffentlichkeitsarbeit gehörte, wurden 622 Grundstücke inspiziert. Zur Ermittlung des Mücken-Vorkommens wurden 92 Fallen platziert, 576 ausgewachsene Exemplare gefangen und über 8 000 Eier festgestellt. Zum Erfolg der Erkundung hätten viele weitere Meldungen aus der Bevölkerung beigetragen, berichtete Jöst.

Wir wissen nicht, ob das schon das Ende der Fahnenstange war.
Artur Jöst, Stechmückenexperte der KABS

Es konnten 5.019 Brutstätten mit BTI behandelt werden, dem gleichen Protein, mit dem seit Jahrzehnten die Schnakenvermehrung in Schach gehalten wird. „Wir wissen nicht, ob das schon das Ende der Fahnenstange war“, hielt Jöst Dunkelziffern für möglich. Er zeigte einen Ortsplan, auf dem die Stellen markiert waren, an denen das Insekt angetroffen wurde.

Zu erkennen war, dass die südliche Hälfte der Gemeinde stärker betroffen scheint, als anderen Bereiche. In Würmersheim war nichts eingezeichnet, was Bürgermeister Eckert an eine „Insel der Glückseligen“ denken ließ.

Würmersheim Insel der Glückseligen

TFT-Mitarbeiterin Stadler wollte diesen Eindruck nicht bestätigen, sah aber Indizien für seine Richtigkeit. So berief sie sich auf eine Erkundung des Friedhofs, bei der keine Tigermücken gefunden worden seien. Auch habe es keine Meldungen aus Würmersheim gegeben.

Experte Jöst machte mittels Fotografien mit der Gestalt des exotischen Winzlings bekannt, der durch schwarz-weiße Musterung zu erkennen ist. Die Mücke ist so winzig, dass auf einer 1-Cent-Münze ungefähr zehn Tiere Platz hätten. Im Gegensatz zu Schnaken ist sie tagsüber aktiv. Sie verfolge ihre menschlichen Opfer äußerst hartnäckig. Als Brutstätte genügen ihr kleinste Ansammlungen von Wasser, um sich zu vermehren.

Restwasser in Topfuntersetzern, in weg geworfenen Joghurtbechern bis zu Regentonnen waren einige der Beispiele, die Jöst als Idealbedingungen für „Massenbrut“ aufzählte. Ein „Renner“ sei Wasser in Sonnenschirmständern.

Problematisch sei aber nur stehendes Wasser, das fünf bis sechs Tage bleibt. Um den Plagegeistern den Garaus zu machen, genüge es, Wasser auf einer Fläche auszuschütten, auf der es schnell versickern könne. Ausspülen mit 60 Grad heißem Wasser helfe ebenfalls.

Ausbreitung der Tigermücke in Durmersheim: Ziemlich sicher ab dem ersten Stock

Einigermaßen sicher sei zudem alles etwa „ab dem ersten Stock“, höher fliege das Tierchen nicht. Risikofrei seien auch gechlorte Pools und mit Fischen besetzte Teiche. Die Mückensaison reiche von Ende April bis Ende September. Bevor es soweit ist, werden KABS und Gemeinde eine Informationskampagne starten.

Ein Hauptanliegen wird sein, Grundstücke betreten zu dürfen, um den Fliegen auf die Spur zu kommen. Aus dem Gemeinderat wurde den Fachleuten viele Fragen gestellt, unter anderem die nach der Wirksamkeit von Bekämpfungsaktionen. Die Ansicht, machtlos zu sein, „teilen wir nicht“, stellte Direktor Reichle klar.

Zum Beweis führte er Oestrich-Winkel an, wo es innerhalb zwei Jahren gelungen sei, die Tigermücke wieder los zu werden. In Ketsch und Graben-Neudorf habe man sie immerhin erheblich zurückdrängen können.

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