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Alter Standort wird Flüchtlingsunterkunft

Neues Martha-Jäger-Haus in Rastatt: Ein ganzes Pflegeheim zieht um

Das Klinikum Mittelbaden nimmt an diesem Dienstag das neue Martha-Jäger-Haus in Rastatt in Betrieb. 68 Senioren müssen vom alten Standort ins Hatz-Areal umziehen. Die älteste Bewohnerin ist 99 Jahre alt.

Zwei Frauen und ein Mann stehen in einem großen Wohnzimmer.
Modernes Ambiente: Architektin Jeannine Kreis (rechts) und Heimleiterin Annette Westholt zeigen Landrat Christian Dusch einen Wohnbereich im neuen Martha-Jäger-Haus. Foto: Holger Siebnich

Auf den Tischen stehen schon Kärtchen mit den Namen der Bewohner. Wenn die Senioren am Dienstag ins neue Martha-Jäger-Haus auf dem Hatz-Areal einziehen, wollen ihnen die Mitarbeiter des Klinikums Mittelbaden die Umgewöhnung so einfach wie möglich machen.

Der Name des Hauses bleibt gleich, sonst hat der Neubau aber wenig gemein mit dem bisherigen Pflegeheim in der Herrenstraße. Dieses hatte das Klinikum 2019 von der Stadt Rastatt übernommen, allerdings den Sanierungsbedarf unterschätzt. Dort sollen jetzt Ukraine-Flüchtlinge einziehen.

Annette Westholt hat sich selten so sehr über einen Wetterbericht gefreut. Für diesen Dienstag lautet die Prognose fast 20 Grad, kein praller Sonnenschein, aber auch kein Regen. „Darüber bin ich wirklich froh“, sagt die Heimleiterin. Auf sie und ihre Mitarbeiter wartet eine nicht alltägliche Herausforderung: der Umzug eines ganzen Pflegeheims.

Pflegeheim-Umzug in Rastatt: Kleine Entfernung und doch eine riesige Distanz

Den alten und den neuen Standort trennen zwar nur rund 600 Meter Luftlinie. Für viele der 68 Bewohner im Alter zwischen 55 und 99 Jahre ist das aus eigener Kraft aber eine unüberwindbare Distanz. Starken Regen oder große Hitze könnte da niemand gebrauchen.

Auch bei guten äußeren Umständen wird das Projekt schon anstrengend genug. Daniel Herke, der kaufmännische Geschäftsführer des Klinikums Mittelbaden, sagt: „Wir müssen natürlich die Covid-Auflagen beachten. Das Rote Kreuz hilft mit Liegend- und Rollstuhltransporten. Das Klinikum hat einen Kleinbus im Einsatz, in dem bei jeder Tour aber nur drei Senioren mitfahren dürfen.

Um das Infektionsrisiko zu minimieren, ziehen die Bewohner im Verband ihrer festen Wohngruppen um. Diese sollen auch im neuen Haus erhalten bleiben. Architektin Jeannine Kreis sagt: „Das ist sehr wichtig für die Bewohner.“

Auf die Senioren warten 71 voll ausgestattete Zimmer. Als das Klinikum das alte Martha-Jäger-Haus übernahm, lebten dort noch 115 Bewohner. Zuletzt standen in dem Haus doppelt so viele Betten, wie es Bewohner gab. Die bessere Hälfte der Betten haben die Klinikum-Mitarbeiter aussortiert und bereits vorab ins neue Domizil gebracht.

Ausgedient: Die Geschichte des Martha-Jäger-Hauses als Pflegeheim ist bald vorbei. Pläne für das Areal sehen einen Abbruch der Gebäudesubstanz vor.
Ausgedient: Die Geschichte des Martha-Jäger-Hauses als Pflegeheim ist bald vorbei. Pläne für das Areal sehen einen Abbruch der Gebäudesubstanz vor. Foto: Frank Vetter

Das entspricht laut Kreis modernen Standards. Alle Etagen und Zimmer sind barrierefrei zugänglich. In jeder Etage gibt es eine Terrassen, so dass die Senioren an die frische Luft können. Das war am alten Standort schwieriger. Das Haus war zwar umgeben von einer großen Grünanlage, aber der Weg dorthin war den Angaben zufolge für viele Bewohner nicht zu bewältigen: „Die Nähe macht ganz viel aus.“

Martha-Jäger-Haus sollte ursprünglich saniert werden

Herke zeigt sich mit dem Gesamtergebnis zufrieden: „Wir sind sehr stolz auf die neuen Räumlichkeiten.“ Von den teilweise 60 Jahre alten Gebäuden in der Herrenstraße konnten die Verantwortlichen das nicht behaupten. Ursprünglich plante das Klinikum dort ein großes Sanierungsprogramm ab 2024.

Nach der Betriebsübernahme stellte sich allerdings heraus, dass die Mängel größer waren als gedacht. Das Klinikum sah sich nicht in der Lage, das Projekt zu stemmen und bat die Stadt als Eigentümerin um eine vorzeitige Auflösung des Pachtvertrags. Der Gemeinderat stimmte dem Ende September zu.

Wie es langfristig in der Herrenstraße weitergehen wird, ist offen. Die Stadt will eine Studie zu möglichen Nutzungen des Areals erarbeiten. Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch (CDU) hatte Ende Februar noch eine Zwischenlösung ausgeschlossen.

Diese kommt jetzt allerdings doch. Ende vergangener Woche richteten Feuerwehr und Technisches Hilfswerk den Altbau für den Einzug von Flüchtlingen vor, in den nächsten Tagen folgt der Rest des Gebäudes. Wann die ersten Ukrainer einziehen, steht noch nicht fest. Landrat Christian Dusch sagt: „Bei diesem Thema wissen wir heute nicht, was morgen ist.“

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