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Pro & Kontra

von Anatol Fischer , Jörg Seiler

Jahreswechsel

Feuerwerk an Silvester? Was für Böller und Raketen spricht – und was dagegen

Das Feuerwerk gehört zu Silvester wie der Tannenbaum zu Weihnachten, sagen die einen. Die anderen sehen das ganz anders. Mit Böllern und Raketen das neue Jahr zu begrüßen, bringe nur Krach und Dreck. Ein Pro & Kontra.

Das Feuerwerksunternehmen Comet stellt seine neuesten Produkte für das Silvesterfeuerwerk bei einem Musterschießen vor. Comet setzt künftig auf Pyrotechnik mit weniger Plastikanteil. Ziel sei es, Kunststoffe bei Feuerwerkskörpern und Verpackungen vollständig zu vermeiden.
Laut und bunt wird Silvester mit Raketen und Böllern. Doch das ist umstritten. Foto: Lars Klemmer/dpa

Zwei Jahre lang war es ziemlich still in Deutschland. Während der Corona-Pandemie war Feuerwerk hierzulande verboten. Im vergangenen Jahr kauften die Deutschen dann wieder kräftig ein. Rund 180 Millionen Euro investieren die Freunde des Feuerwerks zum Jahresende 2022 in Knaller und bunte Raketen.

Der Handel wird auch in diesem Jahr ordentlich Umsatz machen, wenn ab dem 28. Dezember drei Tage lang verkauft werden darf. In vielen Städten gibt es inzwischen allerdings Zonen, in denen Feuerwerk verboten ist, so wird etwa der Karlsruher Innenstadtbereich auch in diesem Jahr zum böllerfreien Gebiet.

Ob man zu Silvester überhaupt Böller und Raketen braucht, dazu gibt es auch in unserer Redaktion unterschiedliche Ansichten.

„Feuerwerk ist Ausdruck der Lebensfreude – und es geht um einen Abend“

Muss denn wirklich immer alles streng rational sein? Darf es nicht auch mal der einfache Ausdruck der Lebensfreude sein? Das Jahr hielt nun wirklich genug der schlechten Nachrichten und Entbehrungen – von Gasmangellage im vergangenen Winter bis zu Kriegen – bereit. Nun endet dieses 2023 und Menschen kommen zusammen, treffen sich zu einem guten Essen, dem einen oder anderen Glas Sekt und feiern mit einem bunten Feuerwerk das Ende des Jahres 2023 und die Hoffnung auf ein schönes 2024.

Aber statt den Mitmenschen den Spaß am Feuerwerk und einem ausgelassenen Fest zu lassen, kommen die Vertreter einer protestantischen Ethik und wollen dem bunten Treiben zum Jahreswechsel einen Riegel vorschieben. Ganz nach dem Prinzip „Gebt euer Geld doch für etwas Sinnvolleres aus!“.

Dabei vergessen sie aber: Zunächst mal liegt es, innerhalb bestimmter gut begründeter Grenzen, in der individuellen Freiheit jedes Einzelnen, wofür er sein Geld ausgibt. Und außerdem ist das Feuerwerk kein egoistisches Spektakel – schließlich haben auch diejenigen Freude daran, die nur am Fenster stehen und zusehen, was in ihrer Umgebung den Himmel bunt erstrahlen lässt.

Vollends absurd werden die Rufe nach einem Verbot, wenn man die Geschichte des Feuerwerks bedenkt. Schließlich demonstrierten über Jahrhunderte die Herrschenden ihre Macht mit Feuerwerken, bei denen sie das von ihren Untertanen Erarbeitete buchstäblich in Flammen aufgehen ließen.

Wenn nun die Bürger an Silvester feuerwerken, ist das auch ein Symbol unserer freien und vergleichsweise gleichen Gesellschaft. Diesem bunten, ausgelassenen – ja, auch etwas irrationalen – Treiben mit einem Verbot durch die Obrigkeit Einhalt gebieten zu wollen, wäre einfach nur schräg.

Und abgesehen davon: Es geht hier um genau eine Nacht der bunten Lebensfreude im Jahr. Das muss doch wohl möglich sein, dass die jeder, der mag, traditionell mit Feuerwerk um 0 Uhr feiert.

„Müll, Feinstaub, verstörte Tiere – mit Tradition hat Feuerwerk nichts zu tun“

Kontra

Silvester könnte ein schönes Fest sein. Man kommt im Kreis der Familie zusammen, trifft sich mit Freunden oder geht zu einer Party. Wäre da nicht die sinnlose Feuerwerks-Orgie. Unverbesserliche legen weit vor Mitternacht los. Punkt 12 Uhr rummst und leuchtet es, als würde die Bundeswehr nebenan eine Schießübung mit Panzerhaubitzen veranstalten.

Mit Tradition hat das nichts zu tun, wenn Feinstaub ohne Ende in die Luft geblasen wird. Gut 2.000 Tonnen waren es laut Umweltbundesamt im Jahr 2020. Nein, wir haben keine Klimakrise. Zur Umweltverschmutzung kommen traumatisierte Tiere. Gerade Hunde- oder Katzenbesitzer können ein Lied davon singen, wenn für ihren vierbeinigen Liebling diese eine Nacht im Jahr zur Hölle wird.

Von den Wildtieren wollen wir gar nicht reden. Im Winter laufen die sowieso auf Sparflamme und müssen mit den Kräften haushalten. Panik als Folge des Erschreckens und Flüchtens kann tödlich enden. Schließlich die Berge von Dreck auf den Straßen: Für den Kehrdienst sorgt ja im Zweifel die Kommune.

Sogar die Raketenabschussrampen in Form von Sektflaschen bleiben, höchst gefährlich, bisweilen im Straßenraum stehen. Angesichts des Leids in der Welt, der vielen Menschen in Not, darunter Heerscharen von Kindern ohne Bildungschancen, angesichts von Krieg und Terror rund um den Globus, ist für mich klar, die Böllerei an Silvester gehört verboten.

„Brot statt Böller“ wirbt die Hilfsorganisation „Brot für die Welt“. Wäre doch eine Maßnahme? Die vielen Dutzend von Millionen Euro, die allein die Deutschen jedes Jahr in die Luft blasen, ließen sich für viele gute Taten verwenden. Alternativ kann man das Geld beispielsweise für das Feuerwerk in einen Museumsbesuch mit den Kindern investieren. Man kann auch einem lieben Menschen etwas Schönes schenken, sich ein gutes Buch oder eine exquisite Flasche Wein gönnen. Das hat einen weiteren Vorteil: Hinterher sind auch noch alle Finger dran.

Korrektur

In unserem Pro und Contra zum Feuerwerk an Silvester hatte sich ein Fehler eingeschlichen. Dort hieß es, der Verkauf von Feuerwerk starte am 29. Dezember. Richtig aber ist, dass der Verkauf bereits am 28. Dezember startet, da der 31. Dezember in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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