
Umzüge, Narrendörfer, Partys – all das gibt es dieses Jahr nicht. Fastnachter müssen Häs und Larve im Schrank lassen. Statt nun bis Aschermittwoch auf den Straßen und in den Kneipen zu feiern, verbringen sie die tollen Tage zu Hause.
Doch deshalb Trübsal blasen? Nein. Der Lockdown kann ein Anlass sein, sich mit der närrischen Zeit mal ganz anders zu beschäftigen. Helau, Ahoi, Narri-Narro – auf ins virtuelle Fastnachtsmuseum. Die Plattform des „Narrenschopfs“ in Bad Dürrheim ist jedoch nicht nur eine Adresse für Trost suchende Zunftmitglieder.
Auch für Faschingsmuffel lohnt der Besuch. Denn sie erwartet eine spannende kulturhistorische Reise. Werner Mezger, Professor für Volkskunde in Freiburg, nimmt sie mit in die Antike und begleitet sie zurück in die Neuzeit. Nicht alles dürfte jeden interessieren. Daher hier eine kleine Auswahl – nach Zielgruppen sortiert.
Vorsicht: Wem die Lücke im Kalender sowieso schon Tränen in die Augen treibt, sollte den ersten der 15 Themenbereiche ignorieren und keinesfalls „Faszination Fastnacht“ anklicken. Für alle anderen gilt: zurücklehnen und sich mit ein bisschen Sentimentalität an die vergangenen Jahre erinnern. Die Fotoschau ist mit getragener Musik untermalt, Filme tun ihr Übriges, um die Zuschauer ein wenig wehmütig werden zu lassen.
Für Wissensdurstige
Doch warum die Fastnacht überhaupt vermissen? Der Narr gilt schließlich als Inbegriff menschlicher Verirrung. Er ist mit dem Teufel verwandt und trägt – das beweisen Gemälde und Kupferstiche – wegen seiner Einfältigkeit eine Kappe mit Eselsohren.
Der Brauch, in die Rolle des Narren zu schlüpfen, ist alt. Mit Winteraustreibung hat er aber genauso wenig zu tun wie mit einem Kult der Germanen, heißt es in dem Themenbereich, der von den Ursprüngen der Fastnacht erzählt.
Wohl erst seit dem Mittelalter essen, trinken und feiern die Menschen ausgiebig in den Tagen vor der Fastenzeit. Wie die Dinge zusammenhängen, erfahren die Besucher des virtuellen Museums in den verschiedenen Kapiteln. Sie scrollen sich von Text zu Text, Bilder und Filme veranschaulichen das Ganze.

Für Wimmelbild-Gucker
Keine Lust zum Lesen? Dann unbedingt auf „Die Welt des Pieter Bruegel“ klicken. Der niederländische Künstler malte 1559 ein Wimmelbild, er ließ Fastnacht und Fastenzeit miteinander streiten – und schuf ein Werk, das auch der Nachwelt unterhaltsam zeigt, wieso den närrischen Tagen die Enthaltsamkeit folgt.
Auf einem Platz tummeln sich 200 Personen. Die einen sind maskiert und futtern fröhlich, die anderen beten und haben hohle Wangen. Sie alle erwachen in einem 15-minütigen Animationsfilm zu Leben. Musik erklingt, ein Schwein quiekt. Und ein Fettwanst, der eine Krähenpastete auf dem Kopf hat, duelliert sich mit einer abgemagerten Frau.
Service
Unter virtuelles-fastnachtsmuseum.de sind auf der Startseite 15 Themenbereiche zu finden, die die Fastnacht unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchten. Zum Klangraum und Rundgang gelangt man über das Menü.
„Zwei Welten stehen sich gegenüber“, sagt Werner Mezger, der die herangezoomten Details erläutert. Der Reformator Martin Luther hielt die Fastenzeit übrigens für Quatsch. Damit verschwand in den evangelischen Gebieten der Anlass für das tolle Treiben und damit auch dieses selbst.

Für Rundgänger
Alles kein Ersatz für ein reales Museum? Diejenigen, die jetzt lieber im Schwarzwald durch die Räume des „Narrenschopfs“ schlendern würden, können zumindest virtuell einen Rundgang durch das Museum machen. Sie betreten mit Hilfe der Computermaus die verschiedenen Räume und sehen sich dort rechts und links um. Auf Wunsch, sprich Klick, erklärt ihnen ein Experte, wie sich welche Narrenzunft kleidet.

Für Tanzlustige
Ein bisschen Bewegung? Wild tanzten die Narren schon im Hochmittelalter. Das dokumentieren bebilderte Handschriften. Die Musik, zu der sie sich exzentrisch verrenkten, ist im „Themenbereich „Tanz und Musik“ zu hören. Dort kann sich, wer will, auch in die Polonaise von Schömberg einreihen oder zu Guggenmusik grooven.

Für Musikfans
Lieber selbst musizieren? Eine virtuelle Fastnachtsband probt im Klangraum, jeder darf mitspielen. Im ersten Schritt heißt es allerdings: üben. Die Noten für den schwäbisch-alemannischen Narrenmarsch gibt es daher zum Herunterladen – für zwölf Instrumente, vom Fagott über die Tuba bis zum Waldhorn. Wer das Stück beherrscht, filmt sich und lädt das Video auf der Seite hoch.
