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Weinberge, schroffe Felsen und pittoreske Orte

Unterwegs auf dem Nahe-Radweg: Der Star ist der Fluss

128 Kilometer von der Quelle im saarländischen Selbach bis zur Mündung in den Rhein im rheinland-pfälzischen Bingen folgt der Nahe-Radweg dem Fluss. Einige Abstecher rechts und links des Weges sorgen für noch mehr Vergnügen.

Die Brückenhäuser auf der alten Nahebrücke sind das Wahrzeichen der Kurstadt Bad Kreuznach.
Die Brückenhäuser auf der alten Nahebrücke sind das Wahrzeichen der Kurstadt Bad Kreuznach. Foto: Thomas Trittmann

Ein geradezu mystischer Ort. Über dem Wasser der Nahe wabert Nebel, Schwäne ziehen ihre Bahn. Am gegenüberliegenden Ufer ragt der Rheingrafenstein mehr als 130 Meter fast senkrecht empor. Auf dem Gipfel ist die Ruine der gleichnamigen Burg zu erkennen, deren Geschichte fast 1.000 Jahre zurückreicht. Der Sage nach hat sie kein Geringerer als der Teufel höchstselbst erbaut.

Wer den steilen Weg zur Ruine emporkraxeln will, der muss zunächst die Nahe auf einer urtümlichen, handbetriebenen Zugseilfähre überqueren. Heutzutage kein Problem, sondern pure Selbstverständlichkeit – früher hingegen bedeutete die Fährfahrt über die Nahe einen Grenzübertritt: Bad Münster gehörte zu Preußen, der Rheingrafenstein zu Bayern.

Wer früh aufsteht, kann das Nahe-Panorama in Bad Münster am Stein nicht nur im warmen Morgenlicht genießen, sondern ziemlich sicher auch alleine, was ein ganz besonderes Erlebnis ist – und zugleich eines von vielen, die auf jene warten, die die Nahe-Region per Rad erkunden. Der Nahe-Radweg folgt dem namensgebenden Fluss über 128 Kilometer von der Quelle im saarländischen Selbach bis zur Mündung in den Rhein im rheinland-pfälzischen Bingen.

Hauptattraktion ist der Fluss selbst: Weitgehend naturbelassen schlängelt er sich durchs Land, durch Wälder und Wiesen, knallgelbe Rapsfelder, Weinberge, schroffe Felsformationen und allerhand pittoreske Örtchen.

Der Rheingrafenstein direkt an der Nahe bei Bad Münster am Stein ist ein geradezu mystischer Ort.
Der Rheingrafenstein direkt an der Nahe bei Bad Münster am Stein ist ein geradezu mystischer Ort. Foto: Thomas Trittmann

Nur wenige Kilometer von der Quelle entfernt wartet der erste Höhepunkt: der Bostalsee, ein Freizeitparadies für Schwimmer, Wassersportler und Naturliebhaber. Flussabwärts geht es vorbei an Burg Nohfelden, von der die Jahrhunderte wenig mehr als einen Bergfried übrig gelassen haben – der Eintritt ist frei, der Ausblick herrlich. Die Edelsteinmetropole Idar-Oberstein, übrigens Geburtsort von Hollywoodstar Bruce Willis, lockt unter anderem mit dem deutschen Edelsteinmuseum, Schloss Oberstein und der berühmten Felsenkirche. Eine gemütliche Halbtagesetappe flussabwärts liegt Kirn, ein freundliches Städtchen, das mit Fachwerkhäusern und einem Whiskymuseum in der hoch droben thronenden Kyrburg zu gefallen weiß.

Ein weiterer halber Tag im Genussradlertempo, und Bad Sobernheim ist erreicht. Eine längere Pause empfiehlt sich schon wegen des hier ansässigen Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseums. Fast 40 Häuser aus fünf Jahrhunderten wurden an ihren ursprünglichen Standorten abgetragen und hier originalgetreu wiederaufgebaut, um die Alltagsgeschichte der Menschen im Land zu erzählen. Auf dem weitläufigen Areal sollte man unbedingt ein paar Stunden in vergangene Zeiten eintauchen.

Absteigen, bitte: Würfelnatter kreuzt

Wer weiter radelt Richtung Bad Kreuznach, passiert ein echtes Kuriosum: Auf einer Strecke von 100 Metern fordern große Schilder zum Absteigen vom Rad auf. Hier wird geschoben, weil man den Wanderbereich der stark gefährdeten Würfelnatter durchquert. Für das mit einigem mondänem Charme gesegnete Bad Kreuznach sollte man auf jeden Fall ein bisschen Zeit einplanen. Wer müde vom Radeln ist und entspannen will, ist bestens aufgehoben in der Crucenia-Therme oder im Bäderhaus. Wer noch Kraft hat, sollte flanieren: Am Nahe-Ufer, durchs Bäderviertel oder über die mittelalterliche Nahebrücke mit ihren Brückenhäusern, den Wahrzeichen des Kurorts.

Abstecher: Das Glan-Blies-Radweg, der in den Nahe-Radweg mündet, führt streckenweise an einer stillgelegten Bahnlinie entlang, auf der Draisinen fahren.
Abstecher: Das Glan-Blies-Radweg, der in den Nahe-Radweg mündet, führt streckenweise an einer stillgelegten Bahnlinie entlang, auf der Draisinen fahren. Foto: Thomas Trrittmann

Von hier sind es noch rund 20 Kilometer bis zum Ziel in Bingen – aber halt: Die Region hat Radfahrern deutlich mehr zu bieten als den Nahe-Radweg, der noch dazu in einzelnen kleineren Abschnitten nicht in Bestzustand ist, sondern über Straßen oder recht holprige Wege geführt wird. Da lohnt es sich, über neue Wege nachzudenken.

Eine Möglichkeit ist, ein Stückchen dem Glan (Beschilderung: Glan-Blies-Radweg) zu folgen, der bei Odernheim in die Nahe mündet. Bevor es losgeht, empfiehlt sich ein Besuch der ausgedehnten Ruinen des Klosters Disibodenberg, das nach der Reformation aufgegeben wurde. Es thront auf einem Höhenrücken über dem Ort, und hier hat die später heiliggesprochene Hildegard von Bingen viele Jahre lang gelebt und gewirkt, ehe sie auf den Binger Rupertsberg wechselte.

Das reine Vergnügen

Der Radweg am Glan entlang Richtung Süden ist das reine Vergnügen: Gänzlich ohne Steigungen folgt er einer ehemaligen Bahnlinie – der Glantalbahn, auf der heute ein Draisinenbetrieb Touristen anlockt. Die ganze Draisinenstrecke führt von Staudernheim an der Nahe bis nach Altenglan bei Kusel – stattliche 40 Kilometer. Wer nach der Radtour keine Lust mehr zum Strampeln auf der Draisine hat, kann auch auf eine Elektro-Variante zurückgreifen.

Zurück aufs Rad: Nach zwölf Kilometern ist Meisenheim erreicht, ein hübsches mittelalterliches Städtchen, das man sich genauer anschauen sollte. Tipp: Am Glan-Ufer führt ein schmaler Pfad durch den Wald hinauf zu einem Aussichtspunkt, der den perfekten Blick auf den Fluss und die ganze Altstadt bietet. Wer will, kann dem Glan noch ein ganzes Stück gen Süden folgen. Reizvolle Alternative für alle, denen die eine oder andere moderate Steigung nichts ausmacht, ist die Soonwald-Nahe-Tour, die tolle Ausblicke und abwechslungsreichen Landschaftsgenuss bietet.

Ein weiterer Tipp für eine Halb- oder Ganztagestour ist der Kleinbahnradweg, der in Bad Kreuznach seinen Ausgang nimmt und an einigen Burgruinen vorbei durch die Täler von Ellerbach und Gräfenbach im südlichen Soonwald verläuft. Er folgt auf knapp 40 Kilometern dem Verlauf ehemaliger Bahnstrecken, auf denen Dampfzüge auf schmaler Spur die Dörfer um Kreuznach erschlossen. Schon in den 30er-Jahren hatte es sich dort ausgeschnauft, und heute wird hier Rad gefahren. Zwischen den beiden Tälern liegt indes ein – meist sanfter – Anstieg von insgesamt immerhin 270 Höhenmetern.

Nach der Kleinbahnrunde sollte man dann aber doch noch den letzten Abschnitt des Nahe-Radwegs in Angriff nehmen. Auf dem Weg nach Bingen passiert man das ehemalige Kriegsgefangenenlager Bretzenheim, in dem 1945 teils mehr als 100.000 deutsche Soldaten unter freiem Himmel inhaftiert. Ein Mahnmal und eine Infotafel erinnern an das Lager.

Wo in Bingen die Nahe in den Rhein strömt, findet sich ein attraktiver, sehr weitläufiger Park direkt am Rheinufer. 2008 fand hier eine Landesgartenschau statt, und der Park ist der perfekte Ort, um zum krönenden Abschluss einer tollen Radtour die Picknickdecke auszubreiten und den Blick auf Nahe, Rhein und das Niederwalddenkmal auf der gegenüberliegenden hessischen Rheinseite zu genießen.

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