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Zumindest digitaler Besuch ist möglich

Virtuelle Eindrücke spröder Schönheit: Videoführung durch Hofer-Ausstellung im Museum Ettlingen

Die Corona-Krise zwingt die Museen nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahr, ihre Häuser geschlossen zu halten. Digitalangebote sollen zumindest etwas an Einblick erlauben. So bietet das Museum Ettlingen neuerdings eine Video-Führung durch seine Karl-Hofer-Ausstellung.

Ein Gemälde zeigt vier Frauen, ein halb verdeckt im Hintergrund. Eingeblendet ist mit weißen Lettern der Satz „Karl Hofer – Bilder spröder Schönheit“.
Auftakt zum Rundgang: Mit dieser Einstellung beginnt die Videoführung durch die Ettlinger Ausstellung „Karl Hofer – Bilder spröder Schönheit“. Foto: Museum Ettlingen

Kunstwerke betrachten, verinnerlichen, genießen – das ist In Zeiten von Corona kein einfaches Unterfangen. Sicher, andere Gattungen wie die Musik oder das Theater haben es schwerer, denn was die bildende Kunst anbelangt, so dürfen ja immerhin Galerien geöffnet bleiben – dank ihrer rechtlichen Zuordnung zum Einzelhandel.

Museen hingegen müssen ihre Schätze dem Publikum vorenthalten, und das bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Große Häuser haben schon früh versucht, aus der Not eine Tugend zu machen. Sofern sie bereits über die nötige technische Kenntnis und Ausstattung verfügten, ermöglichten (und ermöglichen) sie einen virtuellen Zugang zu ihren Sammlungen. Aber auch kleinere Institutionen halten, wenngleich in bescheidenem Maß, Angebote für Kunstliebhaber bereit.

Bilder spröder Schönheit

In der Region ist neben dem ZKM nicht zuletzt die Kunsthalle Karlsruhe seit einigen Jahren dabei, digitale Zugänge zu den Werken des Museums zu eröffnen, sei es über spielerische Herangehensweisen, wie sie unter #wastingtimeatart zu finden sind, sei es durch einen Rundgang bei Google Arts & Culture.

Als jüngstes Beispiel einer virtuellen Aufarbeitung bietet neuerdings das Museum Ettlingen einen kommentierten Rundgang durch die Ausstellung „Karl Hofer (1878-1955) – Bilder spröder Schönheit“, die eigentlich bis 28. Februar zu sehen sein soll, nur eben im Lockdown-Monat November geschlossen bleiben muss.

Stattdessen offeriert das Museum ein etwa fünfminütiges Video, in dem eine männliche Stimme zunächst den kunsthistorischen Ansatz erklärt: Die Bilder sollen sich aus sich heraus vermitteln. Auf eine Abgrenzung zu anderen Künstlern der Epoche hat man ebenso verzichtet wie auf eine, wie es heißt, „Verortung in der zeitgenössischen Kunst“. Dafür erlebt man einen entspannten Gang durch die sieben Themenfelder der Ettlinger Retrospektive.

Hofer von den Nazis als „entartet“ diffamiert

Den Auftakt bilden Stillleben, die mitunter bereits auf die düsteren Aspekte des Künstlers verweisen, der in der Weimarer Republik großes Ansehen genoss, um nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus dem Professorenamt getrieben und als „entartet“ diffamiert zu werden.

Weiter geht es zu den Motivgruppen „Badende“ und „Mädchenbildnisse“. Der Kommentator macht auf ein wichtiges Merkmal dieser Bildnisse aufmerksam: „Die Intensität des Ausdrucks entwickelt sich nicht aus der Bewegung heraus, sondern aus der Ruhe.“

Ein Zustand, der dem gebürtigen Karlsruher im realen Leben nicht immer vergönnt war. Nach dem Ende des so genannten Dritten Reichs wurde er schon im Juli 1945 zum Direktor der Berliner Hochschule der bildenden Künste berufen. Zehn Jahre später war er wieder Anfeindungen ausgesetzt: Weil er auf Distanz ging zur abstrakten Kunst wurde er publizistisch in die Kommunismus-Ecke gedrängt, was wohl auch lange den Blick auf sein Werk verstellt hat.

Sich in die Malereien von Karl Hofer zu vertiefen, der an die Figur glaubte, aber durchaus auch mit Abstraktionen experimentierte, wird eines Tages wieder möglich sein. Bis dahin mag die Ettlinger Videoführung zwar keinen Ersatz, aber vielleicht einen Vorgeschmack geben und vielleicht sogar Trost spenden.

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