Es ist eine Region, die Menschen noch nicht erreicht haben. Mehr als 60 Jahre nach Beginn des Weltraumzeitalters geben die beiden Pole des Mondes und seine Rückseite den Forschern in aller Welt noch große Rätsel auf. Neue Mondmissionen verschiedener Nationen sollen sie in den kommenden Jahren lösen.
Der „Mutige“ und der „Weise“ müssen sich gedulden. Denn die ehrgeizige Raumfahrtnation Indien will als Neuling auf dem Mond lieber kein Risiko eingehen. Eine knappe Stunde vor dem geplanten Termin am Montagmorgen brach die indische Raumfahrtbehörde ISRO den Start einer Rakete ab, die die Sonde „Chandrayaan-2“ hätte zum Mond befördern sollen. Das umgerechnet 126 Millionen Euro teure Projekt, laut ISRO die anspruchsvollste Weltraum-Mission in der Geschichte des Landes, werde wegen eines technischen Problems auf einen späteren Termin verschoben, teilte die Regierung mit.
Ein herber Rückschlag
Ein herber Rückschlag für Indiens Wissenschaftler und Politiker, die nach ursprünglicher Planung am 6. September stolz verkünden wollten, als viertes Land nach Russland, USA und China die weiche Landung auf dem Mond erfolgreich bewältigt zu haben. Das Besondere an der Mission: Die beiden wichtigsten Teile der Sonde, das Landegerät Vikram („Mutiger“) und der nur 27 Kilogramm schwere, fahrende Roboter Pragyan („Weiser“) hätten zwei Wochen lang ein permanent im Schatten liegendes Flachland tief im lunaren Süden erforschen sollen.
Pole geben Rätsel auf
Es ist eine Region, die Menschen noch nicht erreicht haben. Mehr als 60 Jahre nach Beginn des Weltraumzeitalters geben die beiden Pole des Mondes und seine Rückseite den Forschern in aller Welt noch große Rätsel auf. Es gilt als technisch sehr schwierig, diese sogenannte „dunkle Seite“ des Mondes zu erkunden. Bis Ende 1959 hatte man gar keine Vorstellung davon, wie sie aussieht.
Gleichwohl hat das von uns permanent abgewandte „Gesicht“ des Erdtrabanten die Menschheit ewig fasziniert. Was immer sich dort verbarg, konnte nach weit verbreiteter Vorstellung unserer Zivilisation nicht wohlgesonnen sein.
Feindseliges Leben auf dem Mond?
So hielten es noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts manche Wissenschaftler für möglich, dass in den angeblich vorhandenen tiefen Furchen auf der „dunklen Seite“ des Mondes Atmosphäre eingefangen war und demnach (vermutlich feindseliges) Leben existierte. Dass die Mond-Rückseite den Außerirdischen als UFO-Landeplatz für ihre geplante Invasion auf der Erde diene, ist eine bis heute populäre Theorie. Der US-Schriftsteller Mark Twain assoziierte die verborgene Seite des Himmelskörpers mit den finsteren Ecken der menschlichen Seele: „Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er nie jemandem zeigt“. Für die Hollywood-Filmemacher war der dunkle Mond ein Schauplatz des Alien-Horrors und Wohnort von „Mond-Nazis“. Die britische Rockband Pink Floyd hat nach ihm ein berühmtes und ausgesprochen düster wirkendes Album benannt: „The Dark Side of the Moon“ (1973).
Darum sehen wir nur ein "Mondgesicht"
In Wirklichkeit stellt die abgewandte Seite wohl keine Gefahr für die Menschheit dar – und dunkel ist sie auch nicht. Denn im Laufe eines Monats wird fast die gesamte Mondoberfläche von der Sonne beschienen, die Tag- und Nachtphasen wechseln sich also ab. Dass wir immer nur ein „Mondgesicht“ sehen können, erklärt sich mit der Rotation des Himmelskörpers, der für eine Drehung um sich selbst genauso lange braucht wie für einen Umlauf um die Erde. Genau genommen sind nur 41 Prozent der Mondoberfläche von unserem Planeten aus nicht zu sehen.
Krater und "Meere"
Das erste Mal sahen Menschen die „dunkle Seite“ vor fast 60 Jahren auf den Aufnahmen, die die russische Sonde „Luna 3“ zur Erde gefunkt hatte. Die Fotos aus 63 000 Kilometern Höhe wirken recht schemenhaft und verschwommen, dennoch kann man darauf unter anderem Krater und „Meere“ erkennen. Laut Experten waren auf den 17 Aufnahmen, die 70 Prozent der Rückseite abbildeten, insgesamt immerhin rund 500 Details des verborgenen Mond-Terrains erkennbar. Die russischen Ingenieure nutzten in der Sonde übrigens einen speziellen Fotofilm, der aus den über der Sowjetunion abgeschossenen US-Aufklärungsballons geborgen wurde. Da „Luna 3“ die Bilder nicht zur Erde schicken konnte, wurden sie an Bord der Sonde entwickelt und in einer Art Faxverfahren übermittelt.
Keine Nazis oder Aliens auf der dunklen Seite des Mondes
Die ersten Menschen, die die „dunkle Seite“ des Mondes mit eigenen Augen gesehen haben, war die Besatzung von Apollo 8 im Jahr 1968. Wie erwartet, konnten Jim Lovell, William Anders und Frank Borman jedoch keine Spuren von Nazis oder Aliens erkennen. Spätere Mondmissionen lieferten hochauflösende Bilder der „dunklen Seite“, insbesondere die Nasa-Sonde LRO seit 2009. Es ist heute klar, dass die andere Seite des „Mondgesichts“ nur wenige schwarze Flecken („Meere“) vulkanischer Herkunft aufweist, dafür aber mit mehr Kratern übersät ist. Laut zahlreichen Messungen scheint die Mondkruste auf der abgewandten Seite etwas dicker zu sein, weswegen das Magma auf der zugewandten Seite möglicherweise leichter auf die Mondoberfläche treten und die „Meere“ bilden konnte. Warum es diese Unterschiede bei der Kruste gibt, bleibt allerdings ein Rätsel.
Missionen auf die "dunkle" Seite des Mondes geplant
Neue Mondmissionen verschiedener Nationen sollen es in den kommenden Jahren lösen. Mit der Mission „Chang’e 4“ gelang China vor sechs Monaten eine erste weiche Landung auf der Rückseite. Der Mondrover „Jadehase 2“ schickt seitdem beeindruckende Bilder und führt Experimente durch. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa will in Zukunft Astronauten auf die „dunkle Seite“ schicken, wo auch größere Vorkommen von Wassereis vermutet werden.
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