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Gedenktag am 23. Februar

Abendgedenken in Pforzheim: Digitale Friedensbotschaften aus der ganzen Stadt

Anstelle eines feierlichen Gedenkens auf dem Marktplatz mit einem großen Lichtermeer, erzeugt durch Hunderte von Teilnehmern, fand die zweite zentrale Veranstaltung zum 77. Jahrestag der Zerstörung Pforzheims digital statt – und dezentral.

Screenshot vom 23. Februar 2022
Mit Ansprachen und Segenswünschen wandten sich am Pforzheimer Gedenktag Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Gemeinden an die Bevölkerung. Foto: Screenshot/Stadt Pforzheim

Auf Pforzheims Monte Scherbelino, dem aus Kriegstrümmern aufgeschütteten Wallberg, hielt Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) seine zuvor aufgezeichnete Ansprache zum Gedenken der Opfer des Bombenangriffs am 23. Februar 1945. Seine Worte erreichten die Menschen am 77. Jahrestag der Zerstörung Pforzheims auf digitalem Weg.

Menschenleer blieb indessen der Marktplatz, der in den Jahren vor der Pandemie in ein Lichtermeer getaucht war, entzündet von Hunderten von Menschen. Kraft ihrer Geschlossenheit hatten große Teile der Zivilgesellschaft damit einen eindringlichen Appell für Frieden und Toleranz dargeboten. Einzig die Friedenstaube leuchtete wieder an der Rathauswand.

Statt eines gemeinsamen Auftritts live, gab es also viele dezentrale Zeichen, aufgenommen aus verschiedenen Gemeinden, die doch alle die gleiche Botschaft hatten: Dass Friede und Demokratie nicht selbstverständlich sind, sondern dass man sich immer wieder erneut dafür einsetzen müsse. Der Anblick des Wallbergs mahne, dass Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus und Hass nie wieder die Oberhand erlangen dürften, sagte Pforzheims Oberbürgermeister.

Im gerade laufenden Reuchlin-Jahr setzte Boch den Bezug zum größten Sohn der Stadt, Johannes Reuchlin. Dessen humanistisches Erbe „lehrt uns, dass wir in Pforzheim, dieser internationalen, vielfältigen, jungen und dynamischen Stadt, nur gemeinsam etwas erreichen können“.

Videobeiträge zeigen Vielfalt Pforzheims

Wie vielfältig das vor 77 Jahren zerstörte Pforzheim geworden ist, zeigten die zu einem Video zusammengestellten Beiträge, dessen Konzept Dekanin Christiane Quincke erarbeitet hatte. Unter anderem sprachen Vertreterinnen und Vertreter der Jüdischen Gemeinde, der Ahmadiyya-Gemeinde, der katholischen Christen, der orthodoxen Christen, der Aleviten und Jesiden.

Ihre Worte waren ein Zeugnis dessen, was heute alles anders sei, wie Rabbiner Yudelevitz erklärte. „Toleranz und gegenseitiger Respekt sind Grundwerte unserer Gesellschaft, doch auch diese werden regelmäßig bedroht“, warnte er und rief zum Dialog auf, als einziger Antwort, „um die Tränen der Vergangenheit in eine positive Zukunft für alle in Pforzheim zu verwandeln“.

Wir müssen wachsam werden.
Taoufek Morad, Flüchtling aus Syrien

Der vom Bürgerkrieg in Syrien geflüchtete Taoufek Morad erklärte, er sei dankbar dafür, in Frieden zu leben in einem Land, das die Grundrechte aller Menschen auf gleiche Weise schütze. „Doch wir müssen wachsam werden, denn Demokratie und Frieden sind kein Zustand, der sich nicht ändern kann.“

Julia Kurt von der Jesidischen Gemeinde beschwor ihre Zuhörerschaft: „Unsere Erde darf keinen Platz bieten, auf dem sich Hass verbreiten kann.“

Der Rapper Ben Salomo, Preisträger des ersten Pforzheimer Friedenspreises, sang seinen Beitrag zum Pforzheimer Gedenktag. „Es gibt nur einen Gott“, hieß sein Song für den Frieden. In der Zeit des Angriffs vor 77 Jahren läuteten wieder alle Pforzheimer Kirchenglocken ab 19.50 Uhr für 20 Minuten zum Gedenken an die Opfer des Angriffs.

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