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Unter den Trümmern liegen Maschinen

Pforzheim nach dem 23. Februar 1945: In Kellern und Ruinen beginnt der Wiederaufbau

22 Minuten dauerte der Großangriff, der Pforzheim am 23. Februar 1945 in Schutt und Asche legte. 17.000 Menschen starben, Pforzheim schien von der Landkarte gestrichen. Doch trotz allem Leid verzagten die Menschen nicht.

Ein Mitarbeiter der Gold- und Silberwarenfabrik Lutz und Weiß am Turnplatz sucht in den Trümmern nach brauchbaren Maschinen.
Ein Mitarbeiter der Gold- und Silberwarenfabrik Lutz und Weiß am Turnplatz sucht in den Trümmern nach brauchbaren Maschinen. Foto: Privat/Repro Linde

Die erste Meldung, die am Tag nach dem verheerenden Luftangriff auf Pforzheim am 23. Februar 1945 im Wehrmachtsbericht veröffentlicht wurde, war nüchtern und kurz: „In den frühen Abendstunden richtete sich ein schwerer britischer Angriff auf Pforzheim.“

Im zu Ende gehenden Zweiten Weltkrieg wollte Arthur Harris, Chef der Royal Air Force, Deutschlands Städte brennen sehen. An jenem 23. Februar bot der Wetterbericht beste Voraussetzungen für einen Einsatz in Süddeutschland.

Nachdem tagsüber schon zuvor die Sirenen mehrfach aufgeheult hatten, wurde um 19.45 Uhr erneut das Signal „Akute Luftgefahr“ gegeben. Kurz danach war starkes Motorengeräusch über der Stadt hörbar. Als durch den Abwurf von Leuchtraketen, sogenannten Christbäumen, das Zielgebiet markiert worden war, begann um 19.50 Uhr der 22-minütige Großangriff, der Pforzheim in Schutt und Asche legte.

Am 23. Februar 1945 starben in Pforzheim 17.000 Menschen

Mehr als 17.000 Menschen starben in einem Orkan aus Feuer und Explosionen. Sie wurden durch den Luftdruck der Bomben getötet, von einstürzenden Gebäuden erschlagen, sie erstickten oder verbrannten qualvoll, oft auf Kindergröße zusammengeschrumpft, in der Feuerhölle. Vom Gaswerk bis etwa zur Linie Wildergrundallee/Germaniastraße/Westliche/Merianstraße lag auf einer Länge von drei Kilometern und einer Breite von eineinhalb Kilometern alles in Trümmern.

Offensichtlich war man im Zentrum der deutschen Schmuck- und Uhrenindustrie, in der unter anderem auch Zünder für Bomber hergestellt wurden, auf solch einen Luftangriff vorbereitet. Denn schon zwei Tage später wurden Flugblätter in den verschont gebliebenen Stadtgebieten. Darauf standen Hinweise, etwa wo es Essen oder ärztliche Hilfe gab.

Zigtausende Menschen in Pforzheim waren nach dem Bombenangriff obdachlos

Lebten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs knapp 80.000 Einwohner in Pforzheim, so wurden Ende 1945 noch 42.000 gezählt. Zigtausende Überlebende waren obdachlos. Sie lebten in den Randbezirken, in umliegenden Gemeinden oder unter oft menschenunwürdigen Umständen in Gartenhäusern und Baracken.

Pforzheim schien von der Landkarte gestrichen. So sah es auch eine US-Wochenschau von Mitte März, in der betonte wurde: „Stadt auf Stadt im Nazi-Reich stirbt“. Auf Pforzheim bezogen hieß es ebenfalls „A City dies“. Der „wichtige Industriestandort“ sei regelrecht ausgelöscht worden. Niemand könne in diesem Inferno mehr leben. Doch trotz allem Leid, das dieses am 23. Februar gebracht hatte, verzagten die Menschen nicht.

Zwei Drittel der Wohnungen waren am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört oder stark beschädigt. Bei Fabrik- und Geschäftsgebäuden lag der Zerstörungsgrad noch höher.

Pforzheim widmete sich dem Wiederaufbau

Schon am 13. März 1945 hatte der Leiter des Arbeitsamts Pforzheim eine Liste sämtlicher von der Gauwirtschaftskammer und dem Rüstungskommando betreuten Betriebe mit Angabe des Umfangs des Schadens an den Präsidenten des Gauarbeitsamts und Reichtreuhänders der Arbeit Baden, Hauptabteilung Reichstreuhänderverwaltung, nach Konstanz geschickt.

In einem Kellerraum des zerstörten Fabrikgebäudes der Gold und Silberwarenfabrik Lutz und Weiß war provisorisch die Fabrikation aufgenommen worden.
In einem Kellerraum des zerstörten Fabrikgebäudes der Gold und Silberwarenfabrik Lutz und Weiß war provisorisch die Fabrikation aufgenommen worden. Foto: Privat/Repro Linde

Bei dem „sehr schweren Terrorangriff“ sei nur die Maschinenfabrik Ungerer in Brötzingen als einziger größerer Betrieb unbeschädigt geblieben. Leichtere Schäden hätten in der Nordstadt die Firmen Wolff AG, Julius Epple und Sickinger erlitten. Bei den rund 150 genannten Firmen wird meist „total zerstört“, „ausgebrannt“ oder „total geschädigt“ vermerkt. Zudem gibt es Hinweise darauf, ob in den Ruinen noch Maschinen zu finden seien.

Viele Ausgebombte versuchten, aus den Trümmern ihrer Häuser noch etwas Hausrat zu bergen. Dasselbe tat die Industrie, um oft in einem Keller eine notdürftige Produktion wiederaufzunehmen.

„Der Wiederaufbau beginnt, lasst uns zusammenarbeiten“, hatte der von der US-Militärregierung als Oberbürgermeister eingesetzte Friedrich Adolf Katz mit seinen Bürgermeistern Hellmuth Müller und Gustav Kuhle am 7. August einen Aufruf an die Bürgerschaft überschrieben. Mittlerweile jährt sich das Bombardement vom 23. Februar 1945 zum 78. Mal. Und noch immer sind nicht alle Wunden verheilt.

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