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Streit im Gemeinderat

Pforzheim kauft zweiten Blitzer und drückt bei den Bädern aufs Tempo

Seit über einem Jahr fotografiert der Blitzer „Micha“ in Pforzheim. Nun soll er Verstärkung bekommen. Die Opposition kritisiert das als „Abzocke“. Streit gab es auch rund um die Bäderkrise.

Blitzer vor der Grundschule in Pforzheim-Dillweißenstein.
Bald nicht mehr allein: Blitzer Micha bekommt in Pforzheim Verstärkung. Foto: Roland Wacker

Einen Namen hat der Blitzer noch nicht. Aber sein Platz in Pforzheim ist ihm nun sicher. Mit hauchdünner Mehrheit von 19:17 Stimmen hat der Pforzheimer Gemeinderat die Anschaffung einer zweiten „halbstationären Geschwindigkeitsüberwachsungsanlage“ beschlossen. 275.000 Euro soll der Blitzer inklusive neuen Personals kosten – aber deutlich mehr Geld einbringen.

Sein Bruder „Micha“ ist jedenfalls seit Ende 2021 in Pforzheim fleißig und vor allem erfolgreich im Einsatz. Allein während des Weihnachtsmarktes knipste Micha am Weisenhausplatz Tausende Autofahrer – in nur einer Woche. Laut Satzungsvorlage rechnet die Stadtverwaltung mit 40.000 teuren Fotos im Jahr.

Opposition spricht beim Blitzer von „Abzocke“

Dass nun noch ein zweiter „Micha“ kommen soll, ließ die Opposition schäumen. Hans-Ulrich Rülke (FDP) sprach von „Wegelagerei“. Die Stadtverwaltung erwecke den Eindruck, „einen Kulturkampf gegen das Auto“ zu führen. Insbesondere kritisierte Rülke Aussagen der Verwaltung, die sich über den Geldsegen sichtlich zu freuen schien. Man müsse das ja nicht auch noch „abfeiern“, so Rülke.

Diana Zimmer (AfD) betonte, Pforzheim nehme bei Blitzereinnahmen deutschlandweit bereits einen Spitzenplatz ein und nannte einen zweiten mobilen Blitzer eine „absolute Frechheit“. Und Michael Schwarz (FW) sah sogar den Einzelhandel in der Innenstadt gefährdet: „Die Bürger bewerten dies als Abzocke.“

Diese Einstellungen trafen allerdings bei der Mehrheit der Stadträte auf Unverständnis. „Frau Zimmer muss sich fragen lassen, warum sie Bürgerinnen und Bürger verteidigt, die sich nicht an geltendes Recht halten“, meinte etwa Axel Baumbusch (Grüne Liste).

In Pforzheim sind viele Menschen unterwegs, denen Verkehrsregeln einfach vollkommen wurscht sind.
Dorothea Luppold, SPD-Gemeinderätin

„Wenn wir Blitzanlagen nicht hätten, würden wir nicht die vorgegebenen 50 fahren. Es geht auch um die Sicherheit an Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern“, argumentiere Jörg Augenstein (CDU). Auch Dorothea Luppold (SPD) sah dringenden Handlungsbedarf: „In Pforzheim sind viele Menschen unterwegs, denen Verkehrsregeln einfach vollkommen wurscht sind.“

Hintergrund für die Anschaffung von „Micha II.“, der endgültige Name wird noch entschieden, ist der Lärmaktionsplan der Stadt Pforzheim, in dessen Zuge viele Strecken und Teilstrecken auf Tempo 30 reduziert wurden, vor allem aus Gründen des Lärmschutzes.

„Wir können nicht einen Lärmaktionsplan haben wollen und gleichzeitig gegen Überwachung sein“, ergänzte Baumbusch von der Grünen Liste daher. Auch Marianne Engeser von der CDU unterstrich diese Funktion des neuen Blitzers: „Mich erreichen Anfragen: Könnt Ihr nicht auch bei mir den Blitzer aufstellen? Vor der eigenen Haustür möchte nämlich jeder den Blitzer.“

Pforzheimer Gemeinderat macht bei Bädern Tempo

Die Bäderkrise ließ auch in dieser Gemeinderatssitzung wieder die Gemüter hochkochen. Anlass diesmal: Der Wirtschaftsplan für die Pforzheimer Verkehrs- und Bäderbetriebe (EPVB), der unter anderem eine Aufstockung des Personals vorsah.

Außerdem erhalten die EPVB 500.000 Euro für Hochbaumaßnahmen am Wartbergbad, eine Konsequenz aus der spektakulären Entscheidung vom Januar, das künftige Stadtbad anders als zuerst beschlossen nicht in der Innenstadt, sondern als Kombibad auf dem Wartberg zu errichten.

Der ehemaligen Bäderfraktion rund um FDP und FW/UB passte das ganz und gar nicht und selbst Geschäftsordnungsanträge wurden heiß diskutiert. Die Kurzversion: Die FDP wollte zwar bei den Finanzen für die anderen Bäder zustimmen – unter anderem hängt daran auch der weitere Ausbau des Bades in Huchenfeld. Aber eben nicht der Personalaufstockung und schon gar nicht dem Kombibad.

Erst boxte Rülke nach einer Diskussion in Fraktionsrunde eine getrennte Abstimmung durch, doch ließen sich die Personalkosten und die sonstige Finanzierung nicht trennen. „Man versucht, uns so zu zwingen. Dann werden wir an dieser Abstimmung nicht teilnehmen“, kündigte Rülke erst an, machte dies dann zusammen mit der FW/UB-Fraktion sowie der Bürgerbewegung wahr. Die eigentlichen Anträge wurden angenommen.

Kein Bismarck-Gegendenkmal

Das Bismarck-Gegendenkmal ist vorerst vom Tisch. Der Antrag der SPD erreichte nur vier Ja-Stimmen (SPD und WiP/Linke). SPD-Frau Luppold kündigte aber an, einen weiteren Antrag stellen zu wollen: „Für uns ist die Angelegenheit überhaupt nicht erledigt.“ Die Eintrittspreise beim Stadttheater steigen um rund zehn Prozent.

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