Skip to main content

„Gemeinsam und versöhnlich“

Pforzheimer Woche der Brüderlichkeit: In Zeiten mit zunehmendem Antisemitismus wichtiger denn je

Unter dem Motto „Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit, Macht, Verantwortung“ will die Woche der Brüderlichkeit in Pforzheim informieren und verbinden.

Nehmen am Podiumsgespräch teil: Rami Suliman (Jüdische Gemeinde), Aftab Aslam (Ahmadiyya Gemeinde), Pfarrerin Dorothea Patberg, Hassan Akbaba (Alevitische Gemeinde), Samet Tatar (Ditib Fatih Moschee) und Schuldekan Georg Hauser (Römisch-Katholische Kirche, von links) treffen sich zur Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit.
Nehmen am Podiumsgespräch teil: Rami Suliman (Jüdische Gemeinde), Aftab Aslam (Ahmadiyya Gemeinde), Pfarrerin Dorothea Patberg, Hassan Akbaba (Alevitische Gemeinde), Samet Tatar (Ditib Fatih Moschee) und Schuldekan Georg Hauser (Römisch-Katholische Kirche, von links) treffen sich zur Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit. Foto: Birgit Metzbaur

„In Zeiten, in denen Rassismus und Antisemitismus zunehmend um sich greifen“, sei die Woche der Brüderlichkeit wichtiger denn je, konstatierte Bürgermeister Frank Fillbrunn (FDP). „So lange Veranstaltungen der jüdischen Gemeinde nicht ohne Polizeischutz stattfinden können, herrscht keine Normalität.“

Fillbrunn vertrat Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) bei der Eröffnungsfeier zur Woche der Brüderlichkeit am Sonntagabend im Reuchlinhaus.

Zentraler Bestandteil der Friedens- und Gedenkkultur in Pforzheim

Seit 1952, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und mit den Schrecken des Holocausts im Hinterkopf, gibt es die Woche des Dialogs und der Versöhnung zwischen Judentum und Christentum bundesweit. Die Pforzheimer Woche der Brüderlichkeit ist zentraler Bestandteil der Friedens- und Gedenkkultur der Stadt, erinnerte Fillbrunn, und sie hat ein Alleinstellungsmerkmal.

So lange Veranstaltungen der jüdischen Gemeinde nicht ohne Polizeischutz stattfinden können, herrscht keine Normalität.
Frank Fillbrunn, Bürgermeister von Pforzheim

Über den christlich-jüdischen Dialog hinaus hat sie sich seit 2006 zu einer Begegnung von Kulturen und Religionen unter Beteiligung der Alevitischen Gemeinde, der Ahmadiyya Muslim Gemeinde und der Ditib Fatih Moschee ausgeweitet.

13 Veranstaltungen in der Woche der Brüderlichkeit

Insgesamt 13 Veranstaltungen werden bis zum 12. März angeboten. Das Motto lautet in diesem Jahr: „Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit, Macht, Verantwortung“.

Angesichts des Krieges, des Klimawandels, überwunden geglaubten Rassismusses und Antisemitismusses wies Fillbrunn auf das Vorbild des Pforzheimer Humanisten Johannes Reuchlin hin, „den Vorreiter für Toleranz und Respekt“. „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Das ist die Botschaft des Humanismus,“ erinnerte der Bürgermeister.

Das Zusammenleben müsse im Dialog „gemeinsam und versöhnlich“ gestaltet werden. „Es geht um Anteilnahme.“ Die setze Offenheit, Neugierde und Mitmenschlichkeit voraus. Und die Verständigung basiere auf den „Grundwerten, die unverrückbar festgeschrieben sind“.

Alle Religionen haben Blut an den Händen.
Markus Weingardt, Friedensforscher bei der Stiftung Weltethos Tübingen

Seit mehr als 20 Jahren forscht Markus Weingardt, Friedensforscher bei der Stiftung Weltethos Tübingen, dazu, ob die Welt ohne Religionen friedlicher wäre. „Alle Religionen haben Blut an den Händen“, erklärte Weingardt.

Gewalt braucht Religion nicht zu ihrer Begründung

Die Gewalt sei in den heiligen Schriften aller Religionen konnotiert. „Aber in allen religiösen Schriften steht auch, dass Gott Gewalt verurteilt“, Versöhnung, Frieden und Gerechtigkeit fordere. Der Friedensforscher führte zahlreiche Beispiele an, in denen religiös motivierte Männer und Frauen „manchmal einzelne, manchmal Hunderttausende“ bei Konflikten maßgeblich zu Frieden beigetragen haben.

Wäre eine Welt ohne Religionen, „voller Demut vor dem Leben“, friedlicher? „Ganz sicher nicht“, beantwortet Weingardt selbst seine Frage. „Denn Gewalt braucht Religion nicht zu ihrer Begründung.“ Die Menschenwürde sei in allen Religionen verankert, „universal und unveräußerlich, von Gott gegeben“.

Diese Überzeugung sei die gemeinsame Basis aller Religionen, „heute schon bestehender Elementarkonsens“. Die Menschlichkeit verbinde die Religionen bei allen Unterschieden und ohne Religionsgemeinschaften seien die großen Herausforderungen nicht zu bewältigen.

Bedeutung des Pforzheimer Rats der Religionen ist groß

Zum Abschluss seines Vortrags wies Weingardt auf die Bedeutung des Pforzheimer Rats der Religionen hin, der Vertrauen aufbaue und pflege.

Als Uraufführung kündigte Pfarrerin Dorothea Patberg als Moderatorin einen Kurzfilm über den Rat der Religionen an, der 2018 aus zwölf Religionsgemeinschaften als „wichtiges Forum für interreligiöse Begegnungen in der Stadt“ gegründet wurde.

In einem kurzen Podiumsgespräch stellten Vertreter der Jüdischen Gemeinde (Rami Suliman), der Ahmadiyya Muslim Gemeinde (Aftab Aslam), der Alevitischen Gemeinde (Hassan Akbaba), der Ditib Fatih Moschee (Samet Tatar) und der Römisch-Katholischen Kirche (Schuldekan Georg Hauser) ihre Vorstellung von Gerechtigkeit und die wichtigsten Aufgaben ihrer Gemeinden für die Zukunft vor.

nach oben Zurück zum Seitenanfang