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SWP drohen Ärger

Höchstpreise für Notkunden: Wann haben die Stadtwerke Pforzheim das Kartellamt informiert?

Wie kam es zu den Höchstpreisen für Stromkunden, die von Billiganbietern abserviert wurden? Details dazu legten die SWP jetzt dem Aufsichtsrat dar. Wenig auskunftsfreudig ist das Unternehmen aber in der Frage, wann das Kartellamt informiert wurde. Das hat ein Verfahren eingeleitet.

Mauer des Schweigens:    Zentrale der Stadtwerke Pforzheim, großes Bürohaus
Schräge Außenwirkung: Die Pforzheimer Stadtwerke haben viel zu erklären, seit sie am 22. Dezember für Notkunden Höchstpreise ansetzten. Manches Detail lassen sie dabei aus. Foto: Daniel Streib

Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Pforzheim (SWP) ist jetzt aktiv einbezogen in die Preisfindung, die die Stadt bundesweit in die Schlagzeilen brachte. Der Vorsitzende des Gremiums, Oberbürgermeister Peter Boch (CDU), und Geschäftsführer Herbert Marquard haben die Mitglieder über die Energiekrise und die Lage auf dem Energiemarkt informiert, teilt das Unternehmen mit.

Dabei sei es auch um den 22. Dezember gegangen, als durch die Liefereinstellung der Anbieter Stromio und gas.de rund 1.200 Neukunden aufgenommen werden mussten, für die keine Energiereserven vorhanden gewesen seien.

Bei den rund 1.000 gestrandeten Stromkunden haben die SWP darauf mit einer Notversorgung reagiert, die das Unternehmen bundesweit in die Schlagzeilen brachte. Es wurde mit 107,66 Cent pro Kilowattstunde angesetzt, 75,68 Cent mehr als im aktuellen Grundtarif.

„Es musste tagesaktuell Energie zu einem sehr hohen Tageskurs nachordert werden“, legte der Geschäftsführer laut Mitteilung am Donnerstag dem Aufsichtsrat dar. Ob und in welchem Umfang er dabei über Informationen ans Landeskartellamt sprach, teilen die SWP nicht mit.

Es wird nach Anhaltspunkten für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gesucht.
Landeskartellamt

Aus Sicht der Stuttgarter Wächter des Marktgeschehens geschah das gar nicht. Statt dessen riefen die super hohen Tarife für Notkunden die Kartellbeamten auf den Plan. Sie kündigten vergangenen Freitag ein Preisprüfungsverfahren an, wie die SWP bestätigten. Dabei werde auch nach „Anhaltspunkten für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gesucht“.

SWP wollen Kartellbehörde rechtzeitig informiert haben

Bislang keine Antwort gibt es auf die Frage, wann genau die SWP das Landeskartellamt über ihr Vorgehen bei den von Billiganbietern verlassenen Neukunden informierten. Marquard hatte deutlich gemacht, die Behörde sei einbezogen gewesen und habe „keine Eingriffsnotwendigkeit gesehen“. Die Bitte um Konkretisierung beantworteten die SWP mit dem Hinweis, auf „immer regen Kontakt mit den Aufsichtsbehörden“.

Gelassen gaben sich die SWP nach dem Stuttgarter Vorstoß: „Wir werden genau das sagen, was wir schon seit Tagen der Öffentlichkeit mitteilen“. Der rund dreieinhalb Mal so teure Weihnachts-Sondertarif sei „ausschließlich für die Notversorgung“ gewesen, wisse nun auch der Aufsichtsrat. Da sich die Lage an den Energiemärkten etwas beruhigt habe, sei der Preis für alle notversorgten Haushalte rückwirkend gesenkt worden, so dass kein einziger Neukunde den hohen Preis tatsächlich bezahlt habe oder bezahlen werde.

Das neue „deutlich günstigere Vertragsangebot“ liegt mit 55 Cent beim Strom allerdings immer noch erheblich über den 31,98 Cent, die bei den SWP in der regulären Grundversorgung zu bezahlen sind. „Das haben bisher knapp über 100 Kunden angenommen.“ Rund 600 Kunden hätten den Notversorgungstarif sofort wieder verlassen, legen die Stadtwerke weiter dar.

Verbraucherschützer mahnen Stromlieferanten ab

Aus Sicht von Verbraucherschützern sind derartige Doppelstrukturen in der Grundversorgung nicht akzeptabel und widersprechen dem Schutzzweck der Grundversorgung. In Nordrhein-Westfalen sind mehrere Energieunternehmen wegen der Aufspaltung von Tarifen für Neu- und Bestandskunden abgemahnt worden.

Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, hat in einer vor wenigen Tagen verbreiteten Nachricht von „missbräuchlich überhöhten Mondpreisen“ gesprochen. Die SWP dagegen distanzieren sich „vom Vorwurf des Preiswuchers in aller Deutlichkeit“. Für die Preisexplosion seien sie nicht verantwortlich.

Die aktuelle Situation zeige, wie wenig seriös viele Marktteilnehmer agierten, „die ein enormes Preisdumping betrieben haben“. Die Verantwortung für die Grundversorgung werde nun abgewälzt. Die Preise seien unter der Prämisse kalkuliert worden, wirtschaftlichen Schaden von den SWP, den Bestandskunden und somit auch von der Stadt abzuwenden.

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