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Bäderkrise in Pforzheim

Pforzheims neues großes Hallenbad soll nun 50 Millionen Euro kosten

Seit 2020 gibt es einen offiziellen Beschluss, wie die Bäderlandschaft in Pforzheim künftig aussehen soll. Nun startet die Verwaltung trotzdem einen neuen Anlauf zum Kombibad auf dem Wartberg.

Es wird wieder diskutiert: Mit einer neuerlichen Initiative, unterstützt durch die Auswertung eines Ingenieursbüros, will die Stadtverwaltung doch noch ein Kombibad auf dem Wartberg durchsetzen.
Mit einer neuerlichen Initiative, unterstützt durch die Auswertung eines Ingenieursbüros, will die Stadtverwaltung doch noch ein Kombibad auf dem Wartberg durchsetzen. Foto: Roland Wacker

Das Kombibad ist tot, lang lebe das Kombibad! So oder so ähnlich hätte Stefan Studer vom Ingenieursbüro Kannewischer seinen Vortrag auch betiteln können, der Zentrum eines Treffens der Gemeinderäte Pforzheims war, das bewusst nicht „Gemeinderatssitzung“ hieß. So war von vornherein klar: Der Vorschlag des von Kombibad-Fan und Erstem Bürgermeister Dirk Büscher (CDU) beauftragten Studer würde vor allem eine weitere Wortmeldung in der anhaltenden Debatte sein, eine Entscheidung dazu fällt später.

Kombibad wäre billiger als ein Emma-Jaeger-Bad mit Wasserrutsche und Sprungbecken

Im Zuge einer erneuten Infragestellung des Neubaus des Emma-Jaeger-Bades aus verschiedenen politischen Richtungen rechnete Studer zunächst das Potenzial Pforzheims für diverse Bädertypen aus und skizzierte, dass die Pläne für den Neubau des Emma-Jaeger-Bades nicht ausreichen. Zu viele Menschen würden dann in zu wenig Wasserfläche schwimmen. Gerade entspanntes Freizeitschwimmen sei da kaum noch möglich, so Studer.

Ein neues großes Hallenbad brauche daher ein eigenes Sprungbecken, eine Wasserrutsche und unter anderem ein Kleinkinder-Schwimmbecken. Das würde die Baukosten am Standort Emma von derzeit 40,7 Millionen auf etwa 54 Millionen Euro erhöhen. Ein vergleichbares Projekt auf dem Wartberg als Kombibad würde im Vergleich 52 Millionen Euro kosten. „Pforzheim hat eine historische Chance auf ein kombiniertes Hallen-Freibad“, schloss Studer seinen zweistündigen Vortrag. Eines machte er dabei auch klar:

„Der Fokus sollte auf der Pforzheimer Bevölkerung liegen. Ich würde ihnen nicht empfehlen, ein großes Erlebnisbad zu bauen, das einen Einzug von einer Stunde Fahrtzeit braucht“, so Studer. „Auf Spaß-Angebote im größeren Stil soll bewusst verzichtet werden.“

Vereine unterstützen Wartberg-Standort

Unterstützung erhielt Studer in seiner Vision von den Schwimmvereinen der Stadt, vertreten durch den Badischen Schwimmverband und den Sportkreis Pforzheim-Enzkreis. So sagte Ralf Gremmer in Doppelfunktion als Sportkreisvertreter und Vorstandsmitglied des SSC Sparta Pforzheim: „Wir Vereine stehen für realistische und finanzierbare Lösungen. Und haben uns deshalb aus einer emotional geführten Standortdiskussion herausgehalten. Wir brauchen Wasserflächen. Der Standort ist für uns sekundär.“

Beschluss von 2020 steht zur Debatte

Den großen Wurf im Gemeinderat scheint dieser Vortrag aber noch nicht zu bringen - die Lager pro/contra Kombibad zeigten sich nahezu unverändert. Zumal es einen bestehenden Beschluss aus dem Jahr 2020 gibt, wonach vor allem das Bad in Huchenfeld und das Emma-Jaeger-Bad als Rumpfversion neugebaut werden - und eben kein Kombibad auf dem Wartberg. Das müsste der Gemeinderat erst einmal wieder kippen.

Lassen Sie Alltagsvernunft walten!
Jörg Augenstein (CDU), pro Wartberg

Im Lager der Wartberg-Anhänger machte Jörg Augenstein (CDU) noch einmal Werbung für die Position von Parteifreund Büscher. „Lassen Sie uns für die Zukunft der schwimmsporttreibenden Vereine diesen Weg gehen. Lassen Sie Alltagsvernunft walten!“, so Augenstein. Ihm zur Seite sprangen die beiden Grünen Fraktionen Grüne Liste und Bündnis-Grüne. Emre Nazli (GL) betonte mit Blick auf die Vereins-Stellungnahmen: „Es fällt mir sehr schwer, den eigentlichen Nutzern zu sagen: Nee, nee, wir machen das ganz anders.“

Spektakulär argumentierte die Bündnis-Grüne Stefanie Barmeyer, bekennende Unterstützerin des ÖPNV: „Am Wartberg weiß ich: Da krieg ich einen Parkplatz“, sagt sie. Außerdem könne man auf dem deutlich größeren Gelände des Wartbergbades auch modulweise bauen, „nicht alles auf einmal“. Und überhaupt sei die Fläche des Emma zu klein für künftige Ausbauten. Ebenfalls pro Wartberg positionierte sich weiterhin Christof Weisenbacher (Wir in Pforzheim): „Man wusste auch 2020, dass es kein Familienbad ist. Meiner Meinung nach.“

Was wir jetzt wissen, ist, dass das Bad auf dem Wartberg auch Geld kostet.
Michael Schwarz (FW), contra Wartberg.

Die Gegenseite zeigte sich zunächst ebenfalls geschlossen. Hans-Ulrich Rülke (FDP) stellte eine Frage, die „das Büro Kannewischer gar nicht beantworten kann. Wenn ich mir anschaue, wie die Umsetzungsgeschwindigkeit vom Beschluss von 2020 ist… Da kann man sich die Frage stellen: Bis wann haben wir denn tatsächlich ein Bad, das wir zur Verfügung stellen für Familien und für die Vereine?“

Die Meinungen des Pforzheimer Gemeinderats

Rülke tippte auf das 22. Jahrhundert. „Ich bin es leid zu lesen, der Gemeinderat könnte sich auf nichts einigen. Der Gemeinderat hat einen Beschluss getroffen, der bis jetzt überhaupt nicht umgesetzt wurde.“ Und bei Kosten von nun über 50 Millionen Euro müsse man auch die Frage nach der Finanzierung stellen. Immerhin sei man abhängig vom Regierungspräsidium. „Wenn das gelingt, kann man diesen Beschluss infrage stellen.“ Sonst nicht.

Michael Schwarz (Freie Wähler) blies ins selbe Horn: „Was wir jetzt wissen, ist, dass das Bad auf dem Wartberg auch Geld kostet“, sagte er. Zumal man über einzelne Posten der Rechnung im Detail diskutieren müsse, was dann vielleicht das XXL-Emma-Bad doch wieder günstiger als das Kombibad auf dem Wartberg mache.

Norbert Sturm (AfD) betonte einmal mehr, dass man ja diese zusätzlichen Millionen hätte, wenn man „nicht am Anachronismus Huchenfeld festhalten“ würde - der Neubau des Bades im Höhenstadtteil kostet derzeit rund 13 Millionen Euro.

Ruhiger im Ton formulierte Jacqueline Roos (SPD) ihre Ablehnung eines Kombibades - vorerst. „Das finanzieren wir nicht aus der linken und aus der rechten Hosentasche.“ Sie wolle ihrer Fraktion aber nicht vorgreifen, man müsse über dieses Konzept sprechen. Kritik an den Ausführungen von Studer direkt äußerte Andreas Kubisch (Bürgerbewegung): „Das sind Annahmen, die man so rechnen kann, wie man es gerade möchte.“ Und Einzelstadtrat Reinhard Klein (Bürgerliste) war sich sicher, eine Firma zu finden, die eine komplett andere Rechnung präsentiere.

Und so wird wohl noch einiges Wasser die Enz herunter fließen, bis solches auch wieder in ein großes Pforzheimer Hallenbad gelangt.

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