Was tat er da, dieser Abwehrknochen aus Viareggio? Er zerstörte die Schönheit, machte die Kunst zu etwas Profanem, raubte dem Fußball seinen Geist. So jedenfalls empfand ich es damals als 16-Jähriger.
Damals, bei der WM 2006, als Italiens Nationaltrainer Marcello Lippi mal wieder Alessandro Del Piero auf die Bank verbannte, diesen Wunderstürmer, der mit dem Ball zu tanzen schien, irgendwie schwebte und das tat, was den Fußball doch ausmacht – er spielte.
Doch Lippi wollte das nicht – wie übrigens schon bei der EM 2004 der Abwehrknochen Giovanni Trapattoni, der einst bei der WM 2002 schon auf Roberto Baggio verzichtete.
Del Piero trifft ausgerechnet gegen Deutschland
Vergeblich wartete ich darauf, dass Lippi seinen Fehler korrigierte, dass Del Pieros Genialität anerkannt wird – und dann, ganz urplötzlich blitzte sie kurz auf, ausgerechnet im Halbfinale gegen uns Deutsche, als Fabio Grosso und der Einwechselspieler Del Piero uns aus dem Turnier schossen.
Der letzte Trost, der mir blieb, war, dass zumindest mein Idol den Treffer markiert hatte. Im Finale würde er sicher spielen – wenigstens das. Aber Pustekuchen. Lippi lies Del Piero auf der Bank, zerstörte mit einem unwürdigen, soliden italienischen Catenaccio-Ballgeschiebe-Fußball (so jedenfalls fühlt es sich für mich damals an) die Künstler aus Frankreich um Thierry Henry und Zinedine Zidane.
Es war der Tag, an dem Marcello Lippi für mich das Spiel veränderte, an dem für mich der italienische Fußball starb.