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Meinung

von Frank Ketterer

Ketterers WM-Stammtisch

Van Gaal ist Weltmeister der Herzen

Die WM neigt sich dem Ende. Da fragt man sich natürlich auch am WM-Stammtisch, wer denn den Weltmeister werden soll. Die Antworten sind höchst unterschiedlich.

ARCHIV - 25.11.2022, Katar, Ar-Rayyan: Fußball: WM, Niederlande - Ecuador, Vorrunde, Gruppe A, Spieltag 2, Chalifa International Stadium, Niederlandes Louis Van Gaal, Trainer der Niederlande, steht vor dem Spiel im Stadion. (zu dpa: «Van Gaal über Messi-Schwäche: «Unsere Chance»»)
Louis van Gaal und die Niederlande scheiterten nach einem dramatischen Spiel gegen Argentinien erst im Elfmeterschießen. Foto: Tom Weller/dpa

Natürlich war es einmal mehr Stammtischbruder W., der die im wahrsten Sinne des Wortes finale Frage zu dieser WM auf den (Stamm)-tisch brachte, nämlich diese: Wer soll denn nun erster Wüsten-Weltmeister in der Geschichte des Fußballs werden? Montagabend stand diese Frage plötzlich in der Tiefe des (Kneipen)-Raumes – und somit noch vier Kandidaten zur Auswahl. Schwester B. hatte ihre Antwort als erste parat – und wäre es nicht leicht chauvinistisch, man könnte sagen, B. antwortete typisch weiblich, nämlich mit: Marokko. Eine afrikanische Mannschaft habe den Titel schließlich noch nie gewonnen, argumentierte sie zudem auch noch fachlich korrekt.

Frankreich? Die gewinnen das Ding“

Was als Grundidee gar nicht so schlecht war, erwies sich – völlig zurecht, wie man mittlerweile weiß – bei den Herren der Schöpfung dennoch als nicht mehrheitsfähig. Der Grund hierfür: natürlich Frankreich, Marokkos Halbfinalbesieger. „Die gewinnen das Ding“, war sich M. sicher, womit nicht nur besagtes Semifinale, sondern die ganze WM gemeint war. „Bei den Ausfällen, die die haben, wäre das auch mehr als verdient“, schob er nach.

Ewiges Gedöns um Messi

„Nicht schon wieder die“, fand hingegen Bruder R. – und plädierte für alle anderen, außer eben dem Titelverteidiger – und Argentinien. Denn darüber herrschte und herrscht am Stammtisch Konsens: Wer sich so unsportlich aufführt wie die Südamerikaner nach ihrem Viertelfinalsieg gegen die Niederländer, hat es nicht verdient, Weltmeister zu werden. „Und überhaupt“, ergänzte R.: „Ich kann das ewige Gedöns um diesen Messi nicht mehr hören. Da wünsch ich es sogar den Kroaten noch eher.“

U. war es dann, der eine Expertise einforderte – und zwar von mir. „Was sagt denn der Herr Sportredakteur?“, fragte er provozierend. Nur ganz kurz dachte ich daran, die wahrscheinlichste Variante, also Frankreich, zu wählen. Dann aber siegte doch der Sportsmann in mir. „Ich bin schon ausgeschieden. Meine Lieblingsweltmeister wären die Holländer gewesen“, tat ich tapfer kund. Gerne erkläre ich auch hier, warum: Wegen Louis van Gaal, ihrem an Krebs erkrankten Trainer.

Es war mit großer Wahrscheinlichkeit seine letzte WM. Vielleicht war das unglücklich verlorene Viertelfinale sogar sein letztes Spiel als Trainer überhaupt. Der Kauz aus Amsterdam hat in seinem Leben bestimmt ein paar hundert Spiele gewonnen – und doch hätte ich ihm von ganzem Herzen noch drei Siege mehr gewünscht.

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