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Vorschlag von Kassenärzte-Chef

Was die ärztliche Leiterin der Notaufnahme am SRH Klinikum Karlsbad von einer „Notaufnahme-Gebühr“ hält

Rund 40 Notfälle pro Tag werden laut der ärztlichen Leiterin im Schnitt in der Notaufnahme am SRH Klinikum in Karlsbad Langensteinbach behandelt. „Wir versuchen grundsätzlich allen zu helfen“, sagt sie. Manchmal werden Patienten aber auch an Fachärzte verwiesen.

In Notaufnahmen finden sich nicht zwingend nur echte medizinische Notfälle ein.
In Notaufnahmen finden sich nicht zwingend nur echte medizinische Notfälle ein. Foto: SRH Klinikum

„Wer noch selbst in eine Notaufnahme gehen kann, ist oft kein echter medizinischer Notfall.“ Diese Aussage von Andreas Gassen, dem Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hat vor wenigen Wochen die Runde gemacht.

Julia Lemken
Julia Lemken Foto: SRH

Gassen hatte eine Gebühr vorgeschlagen für Menschen, die die Notaufnahme aufsuchen, ohne vorher eine Ersteinschätzung einzuholen. Wer den Notdienst „unangemessen in Anspruch“ nehme, gefährde das Leben anderer und binde unnötig medizinische Ressourcen.

Julia Lemken (Foto: SRH) ist ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme am SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach. Zu der kürzlich von Kassenärzte-Chef Andreas Gassen vorgeschlagene Notaufnahme-Gebühr für Menschen, die ohne vorherige telefonische Ersteinschätzung in die Notaufnahme kommen, hat sie eine klare Meinung.

Was halten Sie von dem Vorschlag des Kassenärzte-Chefs, eine Notaufnahme-Gebühr einzuführen?
Lemken

Aktuell gibt es in unserem Gesundheitssystem viele Baustellen. Neben der Unterfinanzierung der Krankenhäuser wird auch eine Krankenhausreform viele Veränderungen mit sich bringen. Dieser Strukturwandel ist notwendig, allerdings braucht es auch die richtigen Veränderungen. In dieser Situation bringt der Vorschlag einer Notaufnahme-Gebühr nur unnötige Unruhe.

Es ist wichtig, dass es sinnvolle Strukturen gibt, die den Menschen Orientierung geben, wie sie sich in Notfällen verhalten sollen und zeitgleich verhindern, dass Notaufnahmen volllaufen. Wer zwischen 18 und 7 Uhr morgens Hilfe braucht, sollte diese auch finden.

Parallel sollte eine Akzeptanz bei Patientinnen und Patienten dafür geschaffen werden, dass Notaufnahmen nach einer Ersteinschätzung auf Notfallpraxen beziehungsweise eine entsprechende alternative Struktur oder auch den Hausarzt verweisen können.

Wie viele Patienten kommen im Schnitt täglich in die Notaufnahme des SRH Klinikums Karlsbad-Langensteinbach und mit welchen Verletzungen oder Beschwerden?
Lemken

Im Schnitt behandeln wir etwa 40 Notfälle pro Tag. Dazu zählen Schlaganfälle, Herzinfarkte und Knochenbrüche genauso wie einfache Schnitt- und Platzwunden oder Verbrennungen.

Es gibt eindeutige Kriterien für einen Transport zur Notaufnahme. Das erste Kriterium ist die Mobilität. Wer nicht mehr gehfähig ist und keine Möglichkeit hat, in eine Notaufnahme gebracht zu werden, braucht einen Rettungsdienst. Weitere Kriterien sind zum Beispiel unzureichende Vitalfunktionen wie akute Luftnot, Bewusstlosigkeit sowie starke Blutungen, die nicht gestillt werden können.

Treten außerhalb der Praxis-Sprechzeiten akute Beschwerden auf, die nicht unter diese Kriterien fallen, sollten sich Betroffene an ambulante Notfall- beziehungsweise Bereitschaftspraxen wenden. Unter der Telefonnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 werden sie über das weitere Vorgehen beraten und erfahren, wo sich die nächste Bereitschaftspraxis befindet.

Kommt es vor, dass Menschen, die in der Notaufnahme ankommen, wieder weggeschickt oder weiterverwiesen werden an einen anderen Arzt?
Lemken

Grundsätzlich werden alle Hilfesuchenden ersteingeschätzt. Niemand wird ohne Symptomabfrage beziehungsweise pflegerische Aufnahme weggeschickt. Allerdings verweisen wir bei Erkrankungen, die sehr gut durch einen niedergelassenen Facharzt oder einen geplanten Krankenhausaufenthalt behandelbar sind, auf die entsprechenden Kolleginnen und Kollegen.

Wir verstehen, dass Menschen unzufrieden sind, wenn ihnen in ihrer gefühlten Notsituation nicht sofort geholfen wird. Allerdings müssen wir unsere Ressourcen richtig einsetzen, um vor allem den Menschen zu helfen, die sich in einer akuten oft lebensbedrohlichen Lage befinden.

Wir verzeichnen nicht zuletzt durch die Schließung der Notaufnahme in Karlsruhe-Rüppurr einen weiteren Zustrom an Patientinnen und Patienten.

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