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Fastnachtsgeschichten aus dem Albtal

Warum es in Ettlingen vor 100 Jahren ein Maskenverbot gab

Nicht nur zu Corona-Zeiten war Fastnacht im Albtal immer wieder mal von Verboten bedroht. Vor 100 Jahren ordnete das Ettlinger Bezirksamt wegen der närrischen Umtriebe Maskenverbot an.

Hexen stellen Narrenbaum
Narrenbaumstellen ist bei Fasnachtern ein wichtiges Ritual: Auch in Karlsbad wurde es dieses Jahr im öffentlichen Raum wegen Corona verboten. Das Bild stammt aus einer vergangenen Kampagne in Ittersbach. Foto: Gustl Weber

Eine Bekanntmachung des badischen Innenministeriums das „Faschingsvergnügen betreffend“ machte in Ettlingen vor 100 Jahren Furore. Statt wie in Coronazeiten Maskenpflicht in der Öffentlichkeit, gab es damals dagegen für die tollen Tage ein Maskenverbot.

„Im Hinblick auf die ernste Lage werden aufgrund des Polizeistrafgesetzbuchs für die diesjährige Faschingszeit die Veranstaltung von Aufzügen, Tragen von Masken, Verkleidungen oder karnevalistischen Abzeichen auf öffentlichen Straßen oder Plätzen untersagt. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen bestraft. Auch ist neben der Bestrafung Festnahme durch Polizeibeamten zu gewärtigen.“

Das Badische Bezirksamt Ettlingen veröffentliche dies damals im Mittelbadischen Kurier.

Verbot für Erstkommunionkinder

Pfarrer Engelbert Baader, der regelmäßig Ausschnitte aus dem Mittelbadischen Kurier studiert, sieht als Grund für den Erlass, sexuelle Übergriffe in der Fastnachtszeit auf junge Frauen. Auch sei damals beim „Schnurren“, wenn Maskenträger in trunkenem Zustand von Wirtschaft zu Wirtschaft gingen, manches passiert, was im kleinstädtischen Milieu als Skandal angesehen wurde.

In der Fastnachtszeit seien von den Kirchen auch oft Sühnegebete abgehalten worden, um einen Ausgleich zu „unchristlichen Missbräuchen“ zu schaffen. So könne er sich noch gut daran erinnern, dass in den 1940er- und 1950er-Jahren es für Erstkommunionkinder verboten war, sich an Kinderfastnachtsveranstaltungen zu beteiligen. Besonders ablehnend bis weit in die heutige Zeit standen die evangelischen Geistlichen fastnächtlichem Treiben gegenüber.

Evangelische Kirche untersagte Verkleidung

Zu welchen Blüten dies führte, ist bei Heimatforscher Paul Heinz Stemmermann im Buch „Volksleben von einst“ nachzulesen: Im evangelischen Spielberg war das Verkleiden lange Zeit verboten. Deshalb wartete die Dorfjugend mit Ungeduld noch in den 1930er-Jahren auf den Besuch der „Lumpen“ und Masken“ aus dem benachbarten katholischen Etzenrot.

Dass die Obrigkeit, sei es fürstliche oder kirchliche Machthaber, regelmäßig versuchten, gegen vermeintliche oder wirkliche Exzesse der Fastnacht vorzugehen, ist schon uralten Aufzeichnungen zu entnehmen. So schrieb der Historiker Fritz Langenbeck im Badischen Landsmann, einer Vorgängerzeitung der BNN Ettlingen, am 1. Februar 1959 einen Artikel über „Sonderrechte für die Weiberfasent im Frauenalbischen“. 1505 verboten die Klosterdörfer Frauen- und Herrenalb wegen „unchristlicher Missbräuche“ jede Art von Fasnacht.

Es ging um das „Frauenbaumfällen“ aus dem später das „Narrenbaumfällen“ entstand.. Eine großzügige Äbtissin hatte nämlich schon lange vor dem Jahre 1505, wie alten Klosterurkunden zu entnehmen ist, allen Frauen der Klosterdörfer am Fasnachtsdienstag das Recht eingeräumt, im Frauenalber Klosterwald einen Baum zu fällen, diesen zu Brennholz zu verarbeiten oder auf dem Ettlinger Holzmarkt zu verkaufen. Bedingung: Kein Mann durfte dabei helfen. Viele Jahre später verbot eine andere Äbtissin dieses Treiben: „Derweil sich die Mannsleut in Weiberkleider vermummten und auch mit zum Baumfällen ziehen.“

Vorübergehende Befreiung von der Männerherrschaft

Aber es gab von Seiten der Klosterherrschaft auch einen anderen Vorwurf: Das „Weibervolk“ treibe es zu wild, davor müsse sich „ein Mannbild schamhaft abwenden“. Fasnacht war demzufolge auch eine Art vorübergehende Befreiung der Frauen von der Männerherrschaft.

Dass es in den letzten Tagen vor Aschermittwoch ganz schön wild herging, ist einem Kanzelerlass des Bischofs von Speyer aus dem Jahre 1702 für Marxzell zu entnehmen: „An unser Ohr ist gekommen, dass ... ärgerlicher Mutwille, vornehmlich von liederlichen Weibspersonen getrieben werden. Sie spießen Küchle auf den Stecken, reißen den Mannsleut die Kappen vom Haupt und sagen den Vorgesetzten und Geistlichen Frechheiten ins Gesicht.

Sie fressen, saufen, tanzen bis in die Nacht hinein.“ Der Bischof ordnete gleich noch an, dass Geistliche, die diesem Treiben untätig zusehen, 25 Taler Strafe bezahlen müssen und Schulzen, die diese „Possen“ zulassen, zwei Taler.

Apropos Anordnung des badischen Innenministeriums von 1921: So leicht ließ sich das katholische Ettlingen ihre Fasnacht nicht nehmen. Wenige Tage später berichtete der Mittelbadische Kurier von einer ausgelassenen Kinderfastnachtsveranstaltung in der Festhalle, zwar ohne Masken, aber sonst wie immer.

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