Skip to main content

Aus für drei Ausflugsziele

In Karlsruhe gibt das städtische Forstamt all seine Wildgehege auf

Dass der Aufwand bei der Waldarbeit durch Hitzeschäden explodiert und gleichzeitig Sparen verordnet ist, bringt den Karlsruhern über kurz oder lang den nächsten Verzicht.

22.06.2023 Damwildgehege in Hohenwettersbach,  mit Radfahrer Andreas Niebel
Am Damwildgehege im Bergwald bei Hohenwettersbach steigt Andreas Niebel vom Fahrrad für eine kleine Pause. Die Tage der schattigen Attraktion sind gezählt. Foto: Jörg Donecker

Der Hitzestress für Karlsruhes Wälder bringt immer mehr Bäume zum Absterben. Die Forstfachleute reagieren, sie warnen vor Gefahren zum Beispiel durch herabstürzende Äste. 

Kindern und ihren Betreuern in Tagesstätten genehmigen sie schon keine Waldausflüge mehr. Als schattige Ausflugsziele bleiben immerhin die großen Waldspielplätze. Sie gelten als offizielle „Erholungsstätten“, so wie auch Grillplätze, an denen Feuer zurzeit wegen akuter Waldbrandgefahr verboten ist. 

An diesen Plätzen nehmen Experten den Baumbestand extra in kurzen Abständen unter die Lupe.

Nächste Hiobsbotschaft für Karlsruher Waldausflügler

Jetzt kommt die nächste Hiobsbotschaft. Das städtische Forstamt wird alle drei Wildgehege, die in Karlsruhe unter seiner Regie stehen, schließen und abbauen. Das kündigte der Amtsleiter Stefan Wilhelm am Mittwochabend im Ortschaftsrat Durlach an. 

Wann das geschieht, stehe noch nicht fest. Der Tierpark Oberwald ist davon nicht betroffen. Er ist Außenstelle des Karlsruher Zoos.

Wir fragen uns: Was müssen, was können wir noch tun?
Stefan Wilhelm, Leiter städtisches Forstamt

„Wir fragen uns: Was müssen, was können wir noch tun?“, sagte Wilhelm zu den Gründen dafür, dass es in absehbarer Zeit vorbei sein soll mit der kostenlosen Wildbeobachtung im Wald.

Forstamt zieht die Reißleine

Das Forstamt zieht die Reißleine im Wesentlichen, weil das Arbeitspensum für die Forstarbeiter bei der Sicherung von Straßen und Gleisen explodiert ist. Waldwege zählen nicht dazu, sie sind von der Sicherungspflicht ausgenommen.

Wir machen fast nichts anderes mehr als Schadensbekämpfung.
Stefan Wilhelm, Leiter städtisches Forstamt

„Wir kommen hinten an und können gleich wieder vorne anfangen“, sagte Wilhelm. „Wir machen fast nichts anderes mehr als Schadensbekämpfung.“ Der Aufwand zur Sicherung allein an Straßen und Schienen habe sich verdreifacht. 

So eine Situation wie jetzt kenne niemand unter den Forstfachleuten, weder aus Erfahrung noch aus der Fachliteratur: „Das ist beängstigend.“ 

Der dramatische Zustand des Stadtwalds fällt zusammen mit Personalabbau auch beim städtischen Forstamt infolge von Sparmaßnahmen.

Auch die Waldpädagogik wird stark gestutzt

Die Liste der Tränen aus dem Forstamt umfasst übrigens auch die Waldpädagogik. „Sie wird auch sehr stark reduziert“, kündigte Wilhelm an, „weil uns das Geld ausgeht.“ Von Erlösen aus Holzverkauf war nicht die Rede.

Die Ankündigung des Forstamts trifft Freizeitadressen, die nicht nur für Familien mit Kindern besonders akttraktiv sind. Auch Freizeitsportler, Spaziergänger und andere Besucher steuern die Gatter an.

In den Gehegen können Städter, sofern sie nicht nur vorbeieilen, heimische Wildtiere ohne weiteres in ihrer natürlichen Umgebung sehen, was sonst den meisten nur zufällig oder gar nicht möglich wäre. 

Wildgehege locken bisher im Osten und Westen der Stadt

Im Osten der Stadt gibt es das Damwildgehege auf Hohenwettersbacher Gemarkung im Bergwald über Durlach und das Wildschweingehege beim Wettersbacher Funkturm, fast auf der Gemarkungsgrenze zu Ettlingen. 

Am anderen Ende der Stadt, in den Rheinauen, liegt das Wildgehege mit dem vielfältigsten Tierbesatz. Im Wildgehege Rappenwört sind Wildschweine, Damwild und Rothirsche zu sehen. 

Vorausgesetzt, man bringt etwas Geduld mit: Die Gehege sind bewusst so gestaltet, dass sich die Tiere bei Bedarf zurückziehen können. 

22.06.2023 Damwildgehege in Hohenwettersbach
Im Damwildgehege in Hohenwettersbach haben die Tiere genug Raum, um sich zurückzuziehen. Mit etwas Geduld können Besucher sie dennoch gut beobachten. Foto: Jörg Donecker

Die Mitarbeiter des städtischen Forstamts kümmern sich täglich um die Wildtiere, versorgen sie mit frischem Wasser und Futter und beobachten, ob es ihnen gut geht.

Dass das Wildgatter unter forstlicher Obhut am Rhein aufgegeben wird, steht schon länger fest. Der Bau des Rheinpolders zum Schutz vor Hochwasser ist der Grund.

Die Gehege für Wildschweine, Rot- und Damwild befinden sich in der über 500 Hektar umfassenden Überflutungsfläche, die für den Bedarfsfall eingerichtet wird. 

Ankündigung löst keine Gegenrede aus

Dass auch die Wildgehege im Hohenwettersbacher Bergwald und nahe dem Funkturm am Rand von Grünwettersbach aufgegeben werden, wirkte in der Sitzung des Ortschaftsrats Durlach wie der Einschlag eines Blitzes aus heiterem Himmel. 

Donnergrollen blieb allerdings aus. Zu plastisch hatte sich das Gremium unmittelbar zuvor mit der Dimension der Wald- und Baumschäden durch Hitzetod allein im Bereich des Forstreviers Durlach befasst.

nach oben Zurück zum Seitenanfang