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Deutlich höhere Verschuldung geplant

Stadt Karlsruhe tritt mit ihrem Haushaltsentwurf nur leicht auf die Schuldenbremse

Große Einschnitte wird es nach Vorstellung der Verwaltung im neuen Haushalt der Stadt Karlsruhe nicht geben. Dafür wächst der Schuldenberg vermutlich rasant.

ARCHIV - ILLUSTRATION - Eine ältere Frau zählt am 26.06.2012 in Stuttgart (Baden-Württemberg) Geld. Pensionen für Beamte werden das Land Berlin in den kommenden 15 Jahren immer mehr Geld kosten. Foto: Marijan Murat/dpa (zu lbn «Teure Pensionen - Berlin muss 2030 eine Milliarde Euro mehr zahlen» vom 28.11.2015) +++ dpa-Bildfunk +++
Auf Pump: Die Stadt wird in den nächsten beiden Jahren Investitionen vermutlich komplett über Kredite finanzieren müssen. Foto: Marijan Murat/dpa

Der Schuldenberg der Stadt Karlsruhe könnte schon in zwei Jahren die Grenze von einer Milliarde Euro überschreiten – trotz einiger Sparmaßnahmen. Das ist dem Entwurf für den Doppelhaushalt 2022/23 zu entnehmen.

Die Eckpunkte haben Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) und Finanzbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz (CDU) am Dienstagvormittag, 19. Oktober, vor Pressevertretern vorgestellt. Große Einschnitte für die Bürger enthält das von der Verwaltung geschnürte Paket nicht. Die muss es dafür wohl spätestens 2024 geben.

Einmaliger Effekt erhöht Einsparungen

Die Zeit habe nicht ausgereicht, um intensiv über Einsparmöglichkeiten zu diskutieren, sagt Mentrup. Unter dem Strich steht nun ein Zehn-Punkte-Programm, das den Haushalt 2022 um gut 65 Millionen Euro und ein Jahr später um 73,5 Millionen entlasten soll.

Die größten Brocken in diesem Paket sind allerdings die Erhöhungen der Gewerbe- und der Grundsteuer um jeweils 20 Hebesatzpunkte sowie verringerte Zuschüsse für die defizitären städtischen Gesellschaften. Rund 41 beziehungsweise 52 Millionen Euro soll das in den nächsten beiden Jahren bringen.

Wiederholen lässt sich dieser Kniff mit dem Verlustausgleich der Gesellschaften allerdings nicht regelmäßig, im Gegenteil. Spätestens 2024 wären die Rücklagen größtenteils aufgebraucht, erläutert Luczak-Schwarz am Nachmittag vor dem Gemeinderat. Dann müsste die Stadt laut Prognose allein bei der Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafengesellschaft jährlich 66 bis 78 Millionen Euro zuschießen.

Natürlich ist noch nicht gesagt, dass wir alles umsetzen können. Ich rechne daher nicht mit dieser Summe.
Frank Mentrup, Oberbürgermeister

Unter dem Strich bleibt dennoch laut Prognose ein dickes Minus von insgesamt fast 140 Millionen Euro bis Ende 2023. Obendrauf kommen Investitionen von mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr. Dabei handelt es sich ausschließlich um begonnene Projekte, neue sind nicht vorgesehen.

Das Geld dafür muss sich die Stadt allerdings komplett leihen, wodurch die Verschuldung von gut 400 Millionen Euro in diesem Jahr auf mehr als eine Milliarde Euro Ende 2023 anwachsen könnte. „Natürlich ist noch nicht gesagt, dass wir alles umsetzen können. Ich rechne daher nicht mit dieser Summe“, schränkt Mentrup ein.

Beim Blick in die Zukunft malt Luczak-Schwarz dennoch ein Bild in düsteren Farben. Für 2024 und 2025 sind schon heute knapp 450 Millionen Euro für Investitionen verplant. Ohne Trendumkehr müssten auch die komplett über Kredite finanziert werden.

Debatten über neues Sparpaket werden folgen

Den Gemeinderat und die Bevölkerung schwört das Stadtoberhaupt dennoch auf magere Zeiten ein. Allein in der Verwaltung lasse sich der große Sparbedarf nicht umsetzen. „Wir hatten ein Jahrzehnt der fetten Jahre“, sagt er. „Um im nächsten Doppelhaushalt ab 2024 auf den Pfad der Tugend zurückzukehren, müssen wir nun massiv kürzen.“

Es gehe in den nächsten Monaten darum, neue Ideen zu entwickeln, wie das möglich sei, ohne die Lebensqualität zu reduzieren. „Ich bin dennoch wild entschlossen, bald nicht nur ein positives Ergebnis zu erwirtschaften, sondern auch einen Großteil der Investitionen selbst zu stemmen“, so Mentrup.

Dass der aktuelle Entwurf kein großer Befreiungsschlag ist, ist dem OB bewusst. Er setzt darauf, dass das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe die städtische Etatplanung mit „zwei blauen Augen“ durchkommen lässt. Auf Dauer werde das aber nicht ausreichen, im nächsten Doppelhaushalt müsse man strenger sein. „Wir müssen uns auf Leistungskürzungen einstellen.“ Im Bereich Sport und Kultur möchte Mentrup den Rotstift aber nur mit Bedacht ansetzen, das betont er schon heute.

Das Regierungspräsidium hatte schon den aktuellen Haushalt der Stadt nur unter Auflagen genehmigt. Die Aufsichtsbehörde verlangte unter anderem die Erstellung eines Haushaltssicherungskonzepts und ordnete die Überarbeitung des Investitionsprogramms an.

„Wir haben unser Möglichstes getan“, sagt Finanzbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz. „Trotzdem geht die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben auch in den nächsten beiden Jahren weit auseinander.“

Mentrup hofft auch mehr Geld von Bund und Land

Dass die Einschnitte im Haushaltsentwurf trotz der tiefroten Zahlen nicht sehr tief sind, liegt möglicherweise an der leisen Hoffnung auf zusätzliche Unterstützung durch Bund und Land. „Wir haben viel Infrastruktur, die wir uns eigentlich als Stadt nicht leisten können, von der aber die ganze Region profitiert“, klagt Mentrup.

Dazu zähle beispielsweise der Zoo, aber auch Bäder, die Messe, große Kulturbetriebe, der ÖPNV und das Städtische Klinikum. „Um deren Entwicklung aufzufangen, reichen die Pauschalen des Landes nicht aus.“ Vor dem Gemeinderat spricht der Rathauschef von einer „Krise der Oberzentren“.

Noch deutlicher wird Luczak-Schwarz beim Blick auf die städtischen Gesellschaften. Beim öffentlichen Nahverkehr sei es beispielsweise „Fünf nach Zwölf“. Dort sieht sie die Geschäftsführer in der Pflicht, aber auch das Land. „Sonst können wir uns einen ÖPNV dieser Art und Güte nicht mehr leisten.“ Gleiches gelte für das Klinikum. Eine dauerhafte und steigende Subventionierung durch die Stadt sei nicht möglich.

Anfang November werden die Fraktionen ihre Haushaltsreden halten. Anfang Dezember folgen schließlich die Beratungen über Änderungswünsche, ehe das milliardenschwere Paket abgesegnet wird.

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