Karlsruhe muss später als zunächst gedacht weitere Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen. Ab dieser Woche hatte das Land der Stadt jeden Tag 50 Schutzsuchende zuteilen wollen.
„An diesem Montag kam noch niemand an“, bilanziert Sozialbürgermeister Martin Lenz (SPD). Und in den nächsten Tagen wird sich daran wohl nichts ändern: „Nach Angaben des Landes beginnt die tägliche Zuweisung Montag nächster Woche.“ Dies verschaffe der Stadt Luft.
Schätzungen zufolge 2.500 Flüchtlinge in der Stadt
Nach Schätzungen von Lenz sind bisher gut 2.500 geflüchtete Ukrainer in Karlsruhe angekommen, die privat oder in Hotels untergebracht sind. „Das private Netzwerk leistet Unvorstellbares“, so der Dezernent.
Wenige Familien hätten sich bisher an die Stadt gewandt und um eine Folgeunterbringung gebeten. Derweil organisiert die Stadt weiter Unterkünfte, um für die künftig vom Land zugeteilten Menschen gerüstet zu sein. „Jede Woche brauchen wir bei einer Zuteilung von Montag bis Freitag dann 250 Plätze“, so Lenz. Bisher seien 500 Betten in Hotels reserviert.
Im nächsten Schritt sollen dann das schon länger von der Verwaltung geräumte Rathaus West, die einstige Feuerwache sowie ein früheres Altenheim in Neureut belegt werden. Weitere Immobilien seien schon im Blick. „Die Gespräche laufen, dabei sind auch baurechtliche und brandschutztechnische Fragen zu klären“, betont Lenz.
„Stand heute haben wir bis Ostern genügend Kapazitäten“, sagt der Sozialbürgermeister, der unbedingt Feldbetten in Sporthallen vermeiden will. „Das entspräche nicht unseren Standards“, machte er früh klar. Außerdem wolle er nach vielen Corona-Zwangspausen die Bürger nicht um ihre Sportstunden bringen.
Gespräche mit der Arbeitsagentur
Dem bundesweiten Verteilschlüssel zufolge muss Karlsruhe bis zu 3.500 Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen. Für die Stadt ist das Neuland: Als Standort einer Landeserstaufnahmestelle (LEA) war man bisher von der längerfristigen Unterbringung von Asylsuchenden befreit.
Die LEA wiederum wird vom Land beziehungsweise dem Regierungspräsidium verantwortet, die auch die Bettenstadt in der dm-Arena eingerichtet haben. Auch dort sind bisher weniger Menschen angekommen als zunächst gedacht.
Ein Unsicherheitsfaktor bleibt somit ebenso für die Stadt. „Würden wir die Kapazitäten jetzt nicht aufbauen, die Menschen kämen aber, würde man uns das zu Recht vorwerfen“, so Lenz. Bleiben die Zimmer am Ende leer, entstünde zwar ein wirtschaftlicher, aber kein menschlicher Schaden.
Bei der Statistik der bereits in Karlsruhe angekommenen Ukrainer geht die Stadt von einer Dunkelziffer aus: Nicht jeder, der bei Freunden oder Bekannten unterkam, habe sich schon registriert. „Bei der Sozialbehörde gingen über 800 Anträge auf Sozialleistungen ein“, so Lenz. Nach Angaben von Sozialamtschef Torsten Klein verbergen sich hinter jedem Antrag im Schnitt 2,5 Personen. Die Mitarbeiter von Lenz beobachten, dass viele Geflüchtete schnell arbeiten wollen.
„Dafür braucht es eine Registrierung“, so Lenz. Er befinde sich derzeit im Gespräch mit der Arbeitsagentur, um die rasche Vermittlung in den Arbeitsmarkt zu starten.