Dass dieser Wunsch kommen würde, war Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) klar. „Ich bin es gewöhnt, dass meistens der Wunschzettel noch kommt, wenn man Kommunalpolitiker auszeichnet“ sagte Scheuer zu Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) nach der Auszeichnung von Karlsruhe als fahrradfreundlichste Großstadt Deutschlands. „Also nur zu.“
Mentrup wünscht sich Experimentierklausel in der StVO
Die Forderung, die das Karlsruher Stadtoberhaupt im Live-Stream der Ergebnis-Verkündung des ADFC-Fahrradklima-Tests dann aussprach, dürfte den Bundesverkehrsminister ebenso wenig überrascht haben. „Ich bräuchte endlich die Experimentierklausel in der StVO, dass ich die ganze Stadt unter Tempo 30 stellen kann“, sagte Mentrup an den Minister gerichtet.
Denn Karlsruhe habe mit mehr als 30 Prozent zwar bereits einen hohen Radverkehrsanteil – habe hier aber auch eine Grenze der Entwicklung erreicht.
„Wir haben im Moment das Problem, dass unsere Radwege schon so dermaßen genutzt werden von den rasenden Rentnern über die Berufspendler bis hin zu Familien mit kleinen Kindern, dass wir dringend auch die normalen Autospuren sicherer für Fahrradfahrer machen müssen“, erklärte Mentrup. „Weil wir das über separate Radspuren alles gar nicht bewältigt kriegen.“
Karlsruher OB will nur auf wenigen Straßen höhere Geschwindigkeitsbegrenzung
Die Möglichkeit, flächendeckend für die ganze Stadt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h festzulegen und nur auf wenigen wichtigen Verkehrsachsen ein höheres Tempo zu erlauben, bezeichnete Mentrup als „absoluten“ Wunsch. „Das gäbe uns auch die Chance, beim Radverkehrsanteil über 50 Prozent und mehr zu kommen“, hofft der Oberbürgermeister.
Die aktuelle Rechtslage
Die Straßenverkehrsordnung legt fest, wann und wo Gemeinden Tempo-30-Zonen anordnen dürfen. Das ist „innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf“ möglich.
Die Zonen-Anordnung darf sich aber bislang „weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen, Leitlinien und benutzungspflichtige Radwege umfassen.“
Andreas Scheuer, der sein Haus anlässlich der Verkündung der Ergebnisse des jüngsten Fahrradklima-Tests als „Bundesministerium für Radverkehr“ bezeichnet hatte, erkannte den Wunsch des Karlsruher Oberbürgermeisters an.
„Sie können sicher sein, dass wir das im Bündnis für moderne Mobilität mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren“, sagte Scheuer. „Lassen Sie uns da noch ein bisschen Zeit.“
Positive Reaktion aus der Kommunalpolitik
Johannes Honnè, der Radverkehrsbeauftragte und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Karlsruher Gemeinderat, freut sich über den Vorstoß des Oberbürgermeisters Frank Mentrup. „Ein Verkehrsversuch in einem großen, gut abgegrenzten Stadtteil wäre ein guter und praktischer erster Schritt“, sagt Honné.
Mit besseren Bedingungen auf Bundesebene wäre viel mehr zu bewegen, während CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer diesen schon lange diskutierten Ansatz weiter verzögere.