Skip to main content

Eltern müssen Videounterricht fernbleiben

Datenschutz-Problem im Homeschooling? So läuft es bei den Schulen im Landkreis Karlsruhe

Was im Klassenzimmer passiert, sollte den Raum nicht verlassen. Im Fernunterricht stellt das Schulen, Eltern und Kinder vor Herausforderungen.

Elke Engelmann
Elke Engelmann, Schulleiterin am Ludwig-Marum-Gymnasium im Pfinztal, loggt sich ein zum Unterricht über ein gesichertes Konto. Der Datenschutz für Lehrer und Schüler ist ein wichtiges Thema. Foto: Holger Keller

Ein Vater versteckt sich im Klassenzimmer seiner Tochter – über den gesamten Unterrichtstag hinweg. Am Ende stiehlt er sich ungesehen davon, mit jeder Menge Notizen über Lob und Tadel für seine Tochter und die anderen Schüler. Unmöglich eigentlich, möchte man meinen.

Nun, in Zeiten des Fernunterrichts nicht mehr. Wenn sich Lehrer und Schüler vor allem über das Mikrofon und die Datenleitung austauschen, kann der Datenschutz in den Hintergrund rücken.

Die Schulleitungen in der Region sind sich nach den vielen Monaten der Einschränkungen des Unterrichts darüber bewusst – sie kennen die Tücken und wissen, dass Theorie und Praxis nicht immer in Einklang zu bringen sind.

Fernunterricht verlangt Aufmerksamkeit und Konzentration

Die Probleme beginnen schon ganz früh, in der Grundschule, wie Elisabeth Eser, Rektorin der Gemeinschaftsschule Eggenstein, aus der Fernunterricht-Praxis berichtet. „Je jünger die Kinder sind, desto mehr Hilfe brauchen sie von den Eltern“, so Eser. Wenn etwas mal nicht mit der Technik klappe, sei elterlicher Beistand notwendig.

Außerdem: Eine ganze Schulstunde Fernunterricht verlange kontinuierliche Aufmerksamkeit und Konzentration. Das sei kaum zu schaffen für einen Grundschüler, schon gar nicht ohne Zuwendung der Eltern. Eser sensibilisiert die Eltern für die Problematik, unter anderem mit dem Beispiel des ungesehenen Zuhörers: „Die meisten verstehen, dass es hier um den Schutz des Kindes geht und halten sich an die Spielregeln.“

Auch bei älteren Schülern wird die Frage nach ausreichendem Datenschutz gestellt. Schulen wie das Ludwig-Marum-Gymnasium (LMG) in Pfinztal gehen die Sache aktiv an. „Wir informieren Eltern und Kinder über unsere Hausregeln für den Distanzunterricht“, erklärt Elke Engelmann, Rektorin des LMG .

Die seien im Kollegium gemeinsam entwickelt worden und sehen unter anderem vor, dass Schüler mit Kopfhörern am Unterricht teilnehmen, um das Mithören durch Fremde zu unterbinden. Das ist auch an anderen Schulen eine übliche Maßnahme.

Geschützter Unterrichtsraum auch im Fernunterricht

Gerade, wenn daheim die Zimmer klein sind oder mehrfach genutzt werden, kann es auch mit Kopfhörern für Eltern und Schüler eine Herausforderung sein, die Vorgaben zu erfüllen, die der Datenschutz auf dem Papier verlangt. Inge Steimer, die Rektorin der Erich-Kästner-Realschule in Stutensee, kennt diesen Spagat zwischen Praxis und Theorie.

„Es gibt Situationen, in denen Eltern und Kinder in einem Raum sind. Dann muss man als Lehrkraft auch schon einmal darauf hinweisen, dass private Belange im eigentlich geschützten Unterrichtsraum keinen Belang haben“, so Steimer. Die Eltern müssten dann verwiesen werden, auch wenn das nur sehr selten notwendig sei, wie die Rektorin betont.

Pädagogisch ist eine Einmischung von Eltern in den Fernunterricht nicht hinnehmbar, sagen Steimer und ihre Kolleginnen im Tenor. „Der Klassenraum ist ein nichtöffentlicher Bereich. Was gesagt und getan wird, vor allem, wenn ein Kind beispielsweise einen Fehler macht, muss im Zimmer bleiben“, betont Steimer. Wenn die Kinder mitbekämen, dass jemand von außen mithöre, wäre das ein Problem. „Dann traut sich das Kind unter Umständen nicht mehr, etwas zu sagen“, so Steimer.

Daten zur Notenfindung müssen geschützt sein.
Silvia Anzt, Rektorin Thomas-Mann-Gymnasium Stutensee

Es ist auch eine Frage der Notenfindung, wie Silvia Anzt, Rektorin am Thomas-Mann-Gymnasium (TMG) Stutensee, unterstreicht: „Daten zur Notenfindung müssen geschützt sein. Es kann nicht sein, dass Eltern mitbekommen, wenn das Nachbarkind eine schlechte Zensur erhält.“ Bemerke man an der Schule oder im Unterricht eine Einmischung der Eltern, werde man sich direkt an die Betroffenen richten. „Bislang war das aber noch nicht nötig“, sagt Anzt.

Auch Elternabende laufen virtuell ab

Wolfgang Kassebeer kennt die Elternperspektive. Er ist Elternbeirat an der Erich-Kästner-Realschule in Stutensee und bestätigt die Sicht der Schulen, dass das Problem vorhanden, aber kein besonders großes ist: „Ich bin überrascht, wie wenig man in der Sache hört.“ Teilweise sei sicherlich die gute Informationspolitik der Schulen im Vorfeld dafür förderlich gewesen – schon im ersten Lockdown vor einem Jahr.

Bei Abstimmungen schalten wir das Bild immer ein.
Wolfgang Kassebeer, Elternbeiratsvorsitzender Erich-Kästner-Realschule Stutensee

Aus eigener Erfahrung von Elternabenden über den Videochat weiß er um die Sensibilität des Themas. „Wenn nur der Ton läuft, das Video aber aus ist, kann man sich prinzipiell auch bei einem Elternabend nicht sicher sein, dass niemand anderes zuhört oder am anderen Ende der Leitung sitzt. Bei Abstimmungen schalten wir das Videosignal immer ein.“ Auch für Eltern bleibt die Situation ungewohnt.

nach oben Zurück zum Seitenanfang