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Azubis dringend gesucht

Der Baubranche in der Hardt gehen die Azubis aus

Über zu wenig Aufträge können sich Baufirmen im Moment nicht beklagen. Über zu wenig Auszubildende schon. Doch woran liegt es, dass gut ein Drittel aller Ausbildungsstellen auf dem Bau unbesetzt bleiben? Die Bauunternehmen in der Hardt haben dafür ihre eigenen Erklärungen.

Ein Schweißer arbeitet am Bau eines Hauses.
Zukunftsträchtige Branche: Gebaut wird immer - und Fachkräfte braucht es dafür auch. Das Problem ist nur, dass immer weniger Jugendliche eine Ausbildung in einem Bauberuf machen wollen. Foto: Jesús Hellín/dpa

Auch in der Hardt gehen den Bauunternehmen die Auszubildenden aus. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage unter Firmen nördlich und östlich von Karlsruhe. In der Fächerstadt selbst sind viele Baufirmen vergeblich auf der Suche nach Azubis, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) unter Berufung auf aktuelle Zahlen der Arbeitsagentur vermeldet. Demnach seien im Juli, zum Beginn des Ausbildungsjahres, gut ein Drittel aller Ausbildungsstellen auf dem Bau unbesetzt geblieben.

Für Leonie Reinacher von der gleichnamigen Baufirma in Liedolsheim liegen die Gründe für die fehlende Nachfrage auf der Hand: Den jungen Leuten werde von der Politik suggeriert, dass nur das Abitur als Schulabschluss etwas wert sei.

Viele Vorurteile gegenüber Jobs in der Baubranche

Was die Baubranche betreffe, gebe es „viele Vorurteile”, doch seien die Tätigkeiten auf dem Bau „immer anspruchsvoller” geworden. Zudem erleichtere die Technik die Arbeitsbelastung deutlich, findet Reinacher, die die Branche seit über 35 Jahren kennt.

Es gebe beispielsweise Maschinen, die schwere Steine bewegen könnten. „Die müssen nur noch per Knopfdruck bedient werden.”

In der kleinen Baufirma in Liedolsheim habe man „jahrelang einen Lehrling gesucht”, erzählt die Chefin, und erst im vergangenen Jahr habe sich ein junger Mann bei ihrem Mann gemeldet. „Da hatten wir großes Glück.” Coronabedingt sei aber die Berufsschule ausgefallen - und niemand wisse, wie es nun weitergehe.

Warum die Firma San-Bau in Spöck keine Auszubildenden beschäftigt, hat laut Büroleiter Patrick Zieger einen einfachen Grund: In dem Hoch- und Tiefbau-Unternehmen hat niemand den zur Ausbildung notwendigen Ausbilderschein.

Und die Dürr Massivhaus GmbH in Eggenstein bildet zwar Azubis aus, allerdings nicht in klassischen Bauberufen. „Wir planen Häuser, vergeben die Bauarbeiten aber an Subunternehmen”, erklärt Angelika Hildenbrand.

Auch die Baar Bau oHG in Eggenstein sucht eigentlich regelmäßig nach Auszubildenden, zumal der einzige derzeit im nächsten Jahr seine Ausbildung abschließt, wie Danny Kraemer, der Technische Leiter der Firma, auf BNN-Nachfrage berichtet.

In diesem Jahr sei aber der Geschäftsführer verstorben, da habe man sich noch nicht mit dem Thema befasst. Grundsätzlich, so Kraemer, wolle man eigene Nachwuchskräfte ausbilden, da der Mangel an Fachkräften, die nachkommen, zu groß sei.

Firmen greifen auf Arbeitskräfte aus dem Ausland zurück

Zu den Traditionsunternehmen der Branche zählt die Firma Maag in Graben-Neudorf. Früher, erinnert sich Seniorchef Karl Maag, habe man keine Probleme gehabt, geeignete Lehrlinge zu finden. Heute aber wollten die jungen Leute „nicht mehr auf dem Bau schaffen”, wolle niemand mehr Maurer, Stahlbetonbauer oder Zimmermann werden.

Wenn sein Unternehmen einen größeren Auftrag erhalte, würde man oft auf Fachkräfte aus Polen oder Rumänien zurückgreifen, sagt Maag. „So geht es vielen in unserer Branche, leider.”

Von einem „Alarmsignal” spricht denn auch Wolfgang Kreis von der IG BAU Nordbaden. Wenn es den Baufirmen nicht gelinge, Schulabgänger für die dringend gebrauchte Arbeit als Maurer, Straßenbauer oder Baugeräteführer zu finden, gerate das Fundament der gesamten Branche ins Wanken.

„Aber nur wenn die Arbeitsbedingungen auf Baustellen attraktiver werden, lässt sich das Nachwuchs-Problem lösen“, ist der Gewerkschafter überzeugt.

In der laufenden Tarifrunde fordere die IG BAU deshalb ein monatliches Einkommensplus von 100 Euro für alle Azubis. Außerdem soll die lange, meist unbezahlte Fahrerei zur Baustelle entschädigt werden, um die Arbeit attraktiv zu halten – auch gegenüber anderen Branchen, in denen weit weniger gependelt wird. „Wer sich bei der Berufswahl für den Bau entscheidet, der muss auch Familie, Freizeit und Arbeit unter einen Hut bringen können. Aber das klappt für die meisten Berufseinsteiger nur sehr selten“, erklärt Kreis.

Diese Unzufriedenheit spiegele sich auch in einer hohen Abbrecherquote wider: Laut aktuellem Ausbildungs- und Fachkräftereport der Sozialkassen des Baugewerbes (Soka-Bau) bringt jeder dritte Azubi die Ausbildung nicht zu Ende.

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