Skip to main content

Öffentlicher Nahverkehr

Im Landkreis Karlsruhe sind viele Haltestellen noch nicht barrierefrei

Jeder Mensch hat ein Recht auf Mobilität. In Sachen Barrierefreiheit gibt es im Landkreis Karlsruhe noch reichlich Nachholbedarf. Das Beispiel Graben-Neudorf aber zeigt: Es geht auch anders.

Menschen stehen an der Straßenbahnhaltestelle Leopoldstraße in Leopoldshafen.
Die Haltestelle Leopoldstraße in Leopoldshafen ist vollständig barrierefrei. So wie hier sieht es aber nicht überall aus. Foto: Christel Manzey

So richtig barrierefrei ist der Bahnhof Graben-Neudorf nicht – jedenfalls in den Augen von Heidi Vedder. Die Seniorin aus Graben-Neudorf hat gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Füreinander – Miteinander“ in der Vergangenheit bereits mehrmals auf die Rampe an der Bahnhofsunterführung hingewiesen.

Die sei nämlich zu steil, als dass Menschen mit Behinderung sie ohne Weiteres nutzen könnten.

Ein Mann geht die Unterführung am Bahnhof Graben-Neudorf hinunter.
Zu steil: In Sachen Barrierefreiheit ist die Unterführung am Bahnhof Graben-Neudorf noch nicht zufriedenstellend, beklagt die Bürgerinitiative „Füreinander – Miteinander“. Foto: Christel Manzey

„Besonders wenn ein Kinderwagen oder Rollator voll beladen ist, wird es schwierig“, sagt Vedder. Fahrstühle gibt es am Bahnhof Graben-Neudorf, aber eben nur zu den Gleisen zwei bis fünf. Wer von einem der anderen Gleise auf Gleis eins will, muss notgedrungen die Rampe benutzen. Sie selbst habe deshalb auch schon Züge verpasst, sagt Vedder.

Großteil der Haltestellen hat Nachholbedarf bei der Barrierefreiheit

Eigentlich sollte der öffentliche Personennahverkehr seit 1. Januar 2022 vollständig barrierefrei sein. Das zumindest sieht das Personenförderungsgesetz vor.

Der Ausbau zur vollständigen Barrierefreiheit im Stadt- und Landkreis Karlsruhe laufe dem Zeitplan aber weit hinterher, bemängelt der CDU-Landtagsabgeordnete Ansgar Mayr aus Stutensee in einer Pressemitteilung. Er brachte das Thema im Herbst 2022 mit einer Kleinen Anfrage beim Landtag vor.

Im Antwortschreiben heißt es, dass 20 Prozent der Haltestellen der Deutschen Bahn (DB) im Landkreis Karlsruhe als nicht barrierefrei gelten. Bei den schienengebundenen Haltestellen der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) sind sogar 79 Prozent nicht barrierefrei.

Deutsche Bahn plant keine weiteren Maßnahmen

Was die vier Bahnhöfe – Blankenloch, Friedrichstal, Graben-Neudorf und Graben-Neudorf Nord – betrifft, sieht die DB sich als ausreichend gerüstet. Alle vier Stationen seien weitreichend barrierefrei, heißt es auf Anfrage.

Derzeit seien deshalb keine weiteren Vorhaben angedacht – mit einer Ausnahme: Bis 2030 soll die Personenunterführung in Graben-Neudorf erneuert werden.

In der Vergangenheit hat die DB laut eigener Aussage 6,3 Millionen Euro in die Station in Graben-Neudorf und 3,8 Millionen Euro in den Bahnhof in Blankenloch investiert.

AVG will bis 2030 alle Haltestellen umbauen

Die AVG verweist auf Anfrage auf eine Vereinbarung mit dem Landkreis Karlsruhe, die im Sommer 2020 geschlossen wurde. Darin hielt man das Ziel fest, bis 2030 den barrierefreien Umbau aller 88 Haltepunkte möglichst abzuschließen.

Im Landkreis Karlsruhe sind viele Haltestellen noch nicht barrierefrei
Im Landkreis Karlsruhe sind viele Haltestellen noch nicht barrierefrei Foto: BNN-Infografik

Betrachtet man die Zahlen in der Antwort der Landesregierung, ist man von diesem Ziel noch weit entfernt: Von 39 schienengebundenen Haltestellen zwischen Dettenheim und Walzbachtal sind lediglich sechs bedingt barrierefrei, weitere sechs vollständig barrierefrei. Eine davon ist die Straßenbahnhaltestelle Leopoldstraße in Leopoldshafen.

27 Haltestellen genügen den Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht, bei sechs sind Verbesserungen in Planung. Meist fehlt an den Bahnsteigen ein Blindenleitsystem, oft ist aber auch der stufenlose Einstieg ins Fahrzeug nicht möglich.

Wir befinden uns hier aber in einem dynamischen Prozess.
Nicolas Lutterbach, Sprecher der AVG

„Wir befinden uns hier aber in einem dynamischen Prozess“, sagt AVG-Sprecher Nicolas Lutterbach. „Insofern bleibt abzuwarten, ob diese Zielmarke so auch erreicht werden kann.“ In den nächsten Jahren werde der Fokus von Infrastrukturvorhaben auf der Kraichgaubahn liegen.

Haltestelle „Friedrichstraße“ in Linkenheim-Hochstetten
An der Haltestelle „Linkenheim Friedrichstraße“ in Linkenheim-Hochstetten kommt man stufenlos auf den Bahnsteig und ins Fahrzeug. Als barrierefrei gilt die Haltestelle aber nicht. Foto: Christel Manzey

Die Kosten für den Umbau von AVG-Haltestellen werden durch Zuwendungen nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) gefördert, so Lutterbach weiter. Die Förderung beträgt bis zu 75 Prozent der Baukosten plus zehn Prozent der Planungskosten.

„Den nicht durch die Finanzierungszuschüsse abgedeckten und verbleibenden Komplementärbetrag trägt der Landkreis Karlsruhe.“ Wie viel der Umbau am Ende koste, hänge von der jeweiligen Haltestelle ab.

Graben-Neudorf hat in Bushaltestellen investiert

Bushaltestellen fallen ausdrücklich nicht in die Zuständigkeit der AVG. Deren barrierefreier Umbau obliegt den jeweiligen Kommunen.

Bushaltestelle „Bismarckstraße“ in Graben-Neudorf
Graben-Neudorf hat bereits 2021 angestoßen, dass die Bushaltestellen in der Gemeinde barrierefrei werden, wie hier an der Haltestelle „Bismarckstraße“. Foto: Christel Manzey

In Graben-Neudorf beispielsweise hat man die Neugestaltung der elf Bushaltestellen bereits 2021 auf den Weg gebracht. 370.000 Euro hat sich das die Gemeinde kosten lassen, weitere 205.000 Euro an Landeszuschüssen kamen noch obendrauf.

Jedem wird erst bewusst, wo Barrierefreiheit fehlt, wenn man selbst oder ein Familienmitglied betroffen ist.
Heidi Vedder, Bürgerinitiative Füreinander – Miteinander Graben-Neudorf

Diesen Umstand müsse man lobend erwähnen, sagt Heidi Vedder. „Bei den Bussen sind wir sehr stolz.“

Als ehemalige Gemeinderätin weiß sie um die Schwierigkeiten in der Kommunalpolitik. Als Seniorin kennt sie aber auch die andere Seite: Seit kurzer Zeit nutzt auch sie einen Rollator. „Unabhängig vom Verkehr: Jedem wird erst bewusst, wo Barrierefreiheit fehlt, wenn man selbst oder ein Familienmitglied betroffen ist“, sagt Vedder.

nach oben Zurück zum Seitenanfang