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Bei Ausflüglern beliebt

Warum der Rheinkiosk in Rheinstetten-Neuburgweier bei der Personalsuche auf ältere Menschen setzt

Viel los ist am Sonntag rund um den Rheinkiosk in Rheinstetten-Neuburgweier. Dort versucht man, für den Ansturm neues Personal zu gewinnen – und sucht speziell ältere Menschen.

Das Team des Rheinkiosks Neuburgweier
Die Rheinkiosk-Betreiber Jürgen Seyfert und Manuela König (Zweite von rechts) setzen auf eine Mischung aus Alt und Jung. Tatkräftig unterstützt werden sie unter anderem von Königs Mutter Leane und Tochter Laura. Foto: Philipp Kungl

Während die Rheinfähre Radler um Radler in die Pfalz hinüberbringt, entspannen Camper beim Blick aufs Wasser und genießen Spaziergänger die kräftige Frühlingssonne: Der Rhein bei Rheinstetten-Neuburgweier ist an diesem warmen Aprilsonntag ein regelrechter Magnet – für Einheimische wie für Ausflügler.

Besonders viel los ist am Rheinkiosk. Schon um 11 Uhr sind dort die meisten Tische besetzt. „Wir sind bei dem Wetter auf einen ordentlichen Ansturm eingestellt“, sagt Betreiber Jürgen Seyfert.

An Ostern ging die Saison los, schon vergangenes Wochenende kamen die Gäste in Massen. Doch so ein Ansturm will erst mal bewältigt werden – zumal Seyfert wie viele andere Gastronomen seit Jahren Personal sucht.

Rheinkiosk-Chef sucht ältere Menschen als Mitarbeiter

Und weil das bekanntlich immer schwieriger wird, hat sich der Rheinkiosk-Chef etwas Besonderes einfallen lassen: Mit einem Flyer sucht er bewusst nach älteren Menschen, die in der Küche, beim Ausschenken oder bei der Pfandrückgabe mithelfen.

„Wir haben gemerkt, dass wir uns bei der Personalsuche breiter aufstellen müssen“, sagt Seyfert. Viele seiner Freunde seien wie er um die 60. Und stellten sich demnach die Frage: Was mache ich eigentlich, wenn ich in Rente gehe?

Wir profitieren enorm von der Lebenserfahrung der Leute.
Jürgen Seyfert
Rheinkiosk-Betreiber

„So kam uns die Idee, bewusst die Baby-Boomer-Generation anzusprechen“, erzählt Seyfert. Das kam offenbar an: Einige hätten schon angefragt, andere seien bereits angemeldet. Auch an diesem Sonntag sind wieder welche zum Probearbeiten da.

Seyfert zufolge ist das Modell schon jetzt eine Erfolgsgeschichte. „Wir profitieren enorm von der Lebenserfahrung der Leute“, meint er.

Denn unter dem 30-köpfigen Team sind auch einige jüngere Mitarbeiter – der Schüler, der sich sein erstes Taschengeld verdient, oder auch Studenten. Und die könnten von den „alten Hasen“ noch so einiges lernen.

Was eine Rentnerin am Job in Rheinstetten-Neuburgweier schätzt

Um 12 Uhr reicht die Schlange fast bis zum Rheinufer – Hochbetrieb. An der Kasse sitzt Seyferts Mutter, die den Laden auch mit 81 noch routiniert schmeißt – und das jeden Tag.

Ich bin wirklich glücklich, an so einem Ort arbeiten zu können.
Leane König
70-jährige Mitarbeiterin

„Für die Vorbereitung ist sie für uns unverzichtbar“, meint der Chef. Ebenso wie Leane König. Die 70-Jährige ist ebenfalls eine der älteren Mitarbeiter, die man sich im Rheinkiosk gar nicht mehr wegdenken möchte.

„Ich bin wirklich glücklich, an so einem Ort arbeiten zu können“, sagt König und zeigt Richtung Rhein, auf dem gerade ein großer Frachter vorbeifährt. Die Gemeinschaft gefalle ihr, im bunt gemischten Team fühle sie sich sehr wohl.

Rheinkiosk-Mitarbeiterin Leane König
Die 70-jährige Leane König gehört zu den Senioren, die im Rheinkiosk tatkräftig mitarbeiten. Foto: Philipp Kungl

„Und natürlich geht es auch ums Finanzielle“, meint sie. Schließlich müsse man als Rentnerin schauen, wo man bleibt. Quasi ihr ganzes Leben hat König in der Gastronomie gearbeitet und kann Neulingen nun so manchen Tipp geben.

Auch Ausflüglern fällt das ältere Personal beim Rheinkiosk positiv auf

Dass hinter der Theke nicht nur junge Leute arbeiten, entgeht unterdessen auch den Gästen nicht. „Das ist eine überragende Idee“, findet Erik Walter aus Au am Rhein.

Er hat es sich mit seiner Clique nah am Wasser gemütlich gemacht. Wenn das Wetter gut ist, kommt die Gruppe fast jedes Wochenende zum Rheinkiosk.

Den Personalmangel an vielen Orten hat Jennifer Czajkowski erst am Samstag wieder erlebt. „Wir wollten essen gehen, konnten aber abends nicht mehr bedient werden, weil Leute fehlten“, erzählt sie. Insofern sei es der richtige Weg, auch auf ältere Menschen zu setzen – wie eben im Rheinkiosk.

Eine Gruppe junger Erwachsener genießt den Sonntag beim Rheinkiosk Neuburgweier.
Rheinkiosk-Stammgäste: Jennifer Czajkowski (von links), Janik Walter, Yannic Nagel, Yanet Viamontes, Michele Walter und Eric Walter Foto: Philipp Kungl

Maschinenbauer Andreas Scherle aus Königsbach-Stein kennt das Konzept von seinem Job. „Auch wir haben ältere Mitarbeiter gefunden, die in der Rente nach einer Beschäftigung suchen“, berichtet er, während seine Frau Essen und Getränke für die zwei Kinder besorgt.

Den Rheinkiosk hat die Familie vor einiger Zeit über die Schwiegereltern kennengelernt – und nimmt nun zweimal im Jahr den gar nicht so kurzen Weg nach Neuburgweier auf sich. „Den Kindern gefällt’s auch mit den Schiffen. Es ist einfach schön am Rhein.“

Und während sich die Ausflügler Wurst und Getränke schmecken lassen, ist das bunt gemischte Rheinkiosk-Team unter Hochspannung.

„Ja, der Job ist stressig. Aber er macht Spaß“, betont Jürgen Seyfert, bevor er seine Mutter an der Kasse ablöst. Mit 81 hat sie sich die Pause in der Sonne jetzt redlich verdient.

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