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„Brettener Minimalismus“

Fahrradboxen am Bahnhof Bretten werfen Fragen auf

Wer nutzt sie und sind sie zeitgemäß? Zum Zweck der Mobilitätswende kaufen oder bauen andere Kommunen Fahrrad-Parkhäuser. Wie ist der Status in Bretten?

Eine Frau steht mit ihrem E-Bike vor blauen Stahlboxen, sogenannten Fahrradgaragen, am Bahnhof Bretten.
Am Bahnhof Bretten stehen 16 Fahrradgaragen hinter Jutta Biehl-Herzfeld. Die Sprecherin des Fahrradclubs ADFC Bretten fragt sich, wer sie nutzt. Foto: Irmeli Thienes

Schön ist anders: Sie sind blau, stellenweise rostig und stehen am Bahnhof Bretten – 16 Fahrradboxen aus Stahl. Wer nutzt die, ist die erste Frage, die sich auftut. Und wie zeitgemäß sind sie, eine weitere. „Fahrradgaragen zu vermieten“ steht auf gelben Schildern auf dem blauen Blech. Die Stadt Bretten wird als Ansprechpartnerin genannt.

„Ich kenne niemanden, der sie nutzt, also habe ich mich umgehört. Doch bei uns im ADFC kennt keiner jemanden, der eine der Boxen gemietet hat“, sagt Jutta Biehl-Herzfeld. Dabei sitzt sie an einer Radler-Schnittstelle als Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) Ortsgruppe Bretten.

Besser noch als die platzraubenden Boxen fände sie „eine leichter zugängliche Variante, um das Rad sicher abzustellen“, sagt Biehl-Herzfeld.

Blaue Kisten aus Stahl stehen am Bahnhof Bretten. Es sind Mietgaragen für Fahrräder.
„Fahrradgarage zu vermieten“ steht auf gelben Schildern auf den blauen Fahrradboxen. Ansprechpartnerin ist das Liegenschaftsamt der Stadt Bretten. Foto: Irmeli Thienes

Sie hat in ihrer ADFC-Funktion kürzlich ein Fahrrad-Parkhaus begutachtet. „Nein, dafür muss man nicht bis Amsterdam fahren, nicht mal bis Heilbronn“, sagt sie lachend. Sie hat eines in Mühlacker angeschaut.

„Die Tendenz geht zu Rad-Parkhäusern, inzwischen überall“, sagt die ADFC-Sprecherin. Sie will nicht behaupten, dass ein solches dringend nötig wäre, aber ein Fortschritt wäre es doch. „Da können jederzeit alle ihre Räder einfach einstellen. Es braucht keinen Mietvertrag“, so Biehl-Herzfeld.

Auch könnte die Zahl der Radfahrer steigen, wenn Radeln attraktiver würde – unter anderem etwa mit Fahrrad-Parkhäusern.

Im Rathaus Bretten werden Fahrrad-Parkhäuser diskutiert

Da trifft sie bei Bürgermeister Michael Nöltner (CDU) auf offene Ohren. „Es gibt tatsächlich Überlegungen im Rathaus bezüglich Fahrrad-Parkhäusern“, sagt er. Allerdings befänden die sich in ihrer Anfangsphase.

„Meiner Meinung nach dürfte das auch schon vor der Gartenschau umgesetzt werden“, sagt Nöltner.

Er selbst braucht keine Box am Bahnhof. Sein Radweg zur Arbeit verläuft von Neibsheim nach Bretten. Er würde als Standorte für Rad-Parkhäuser in Bretten sowohl den Bahnhof als auch die Haltestelle Stadtmitte in Betracht ziehen wollen.

Zwei Standorte in Bretten denkbar

„Aber natürlich erst einmal nur eins“, bremst Nöltner sogleich. Man werde das erst beobachten. Fördermittel gebe es hierfür sicherlich. Alles zu gegebener Zeit. Im Übrigen könne man Rad-Parkhäuser inzwischen bei Herstellern kaufen, wie beispielsweise Fertighäuser.

Denn auch Nöltner sieht die Probleme mit den Fahrradboxen am Bahnhof. Nicht nur, dass sie 1990 aufgestellt wurden. Sie seien weder platzsparend noch niederschwellig zugänglich.

„Und alle außer dreien sind vermietet. Die sind derzeit defekt“, sagt Nöltner. Die Boxen für Räder kosten 7,74 Euro je Monat, also knapp 93 Euro je Jahr, die größeren Roller-Boxen etwas mehr mit gut 107 Euro im Jahr.

Zudem laufen die Mietverträge auf unbestimmte Zeit. Die Warteliste ist folglich lang: 24 Menschen warten auf eine Box.

Es gibt wohl etwas wie den Brettener Minimalismus beim Thema Rad.
Jutta Biehl-Herzfeld
Sprecherin des adfc Bretten

Jutta Biehl-Herzfeld geht es im Sinne der Radelnden auch um die Frage nach dem großen Ganzen: „Wo will man hin mit dem Radverkehr in Bretten?“ Die ADFC-Sprecherin habe den Eindruck, „es gibt beim Thema Rad wohl etwas wie den Brettener Minimalismus“, sagt sie verschmitzt.

Sie vermisse ein transparentes Gesamtkonzept. Kronau etwa habe Radverkehrsplaner mit dem Erstellen eines solchen Rad-Verkehrskonzepts beauftragt. Nicht jede Kommune müsse alles selbst stemmen, wo es Fachleute gibt, findet Biehl-Herzfeld.

Im Rahmen des Brettener Mobilitätskonzepts gibt es einen Maßnahmenkatalog. „Der wird abgearbeitet“, sagt sie, aber sie wüsste gern den aktuellen Status.

Michael Nöltner sagt dazu, laut Mobilitätskonzept werden 20 Prozent Radverkehrsanteil angestrebt. Den aktuellen Stand werde er in Erfahrung bringen. Ohne genaue Kenntnis werde er nicht mehr sagen, als dass es über zehn Prozent seien. Das habe die letzte Erhebung ergeben.

Die Homepage der Stadtverwaltung bildet zuletzt den Status von Sommer 2021 ab. Auch findet derzeit eine Verkehrszählung statt. Das ausführende Büro Köhler-Leutwein zählt auch Fahrräder mit, sofern sie auf der Straße fahren, sagt Stefan Wammetsberger. Die Ergebnisse sollen im Laufe der Woche vorliegen.

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