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Kosten für Halter

Neue Gebührenordnung für Tierärzte bereitet in Bretten landwirtschaftlicher Tierhaltung Sorge

Mit der neuen Gebührenordnung für Tierärzte müssen Halter tiefer in die Tasche greifen. Einige Untersuchungen werden aber auch günstiger, andere wurden ganz neu aufgenommen.

Tierärztin Natalie Zitsch
Neue Tarife: Untersuchungen und Behandlung von Tieren werden teurer - zumindest laut der neuen Gebührenordnung. Foto: Sabine Maier

Seit 22. November gibt es für Tierärzte eine neue Gebührenordnung (GOT). Sie soll laut Bundestierärztekammer den Praxen das Überleben sichern, den Tierarztberuf wieder attraktiver machen und eine bessere Versorgung bringen. Für Tierhalter sind die Preissprünge enorm. Was sagen die Brettener Tierärzte dazu?

„Diese Preisanpassung war längst überfällig, sie kommt aber gerade jetzt zur Unzeit“, sagt Natalie Zitsch. Vor vier Jahren hat die 42-jährige Tierärztin die Kleintierpraxis von Eliane Linon in Bretten übernommen und ausgebaut. Zu ihrem Team gehören vier Tierärzte, acht tiermedizinische Fachangestellte und ein Azubi.

Für ihre Kunden bringe die Umstellung allerdings keine allzu großen Preissprünge mit sich, erklärt sie. Tierärzte hätten auch schon vorher je nach Aufwand einen höheren Gebührensatz berechnen können.

Denn der einfache Gebührensatz, wie er jetzt häufig in den Medien zitiert werde, sei schon lange nicht mehr wirtschaftlich. Damit könne keine Praxis leben und ihr Personal ordentlich bezahlen.

„Wir haben vorher schon in vielen Fällen den zweifachen Satz berechnet und sind nun wieder auf den jetzt erhöhten einfachen Satz zurückgegangen“, erklärt Zitsch. Dadurch würde sich für die Kunden nicht viel ändern. „Unsere Allgemeinuntersuchung für Hund oder Katze lag vorher schon bei 26 Euro“, sagt Zitsch.

OP-Kosten sind durch Neuanpassung massiv angestiegen

Massiv angestiegen seien in der neuen Gebührenordnung die Kosten für Operationen. Dort seien jetzt viele neue Posten aufgeführt, die es vorher nicht gab: etwa für eine Intubation für die Narkose, die mit 30 Euro mehr zu Buche schlägt. „Vorher hat eine Narkose mit allem Drum und Dran 350 Euro gekostet, jetzt sind es 640 Euro – und da habe ich noch gar nicht operiert“, sagt die Tierärztin.

Das sei schon happig. Bei den alltäglichen Sachen bewegten sich die Preissteigerungen allerdings in einem vertretbaren Rahmen. „Ich hatte bei unseren Tierhaltern noch keine Gesichtsentgleisungen und auch keine negativen Stimmen zu hören bekommen“, erklärt Zitsch.

Im Gegenteil: Durch die Berichterstattung sei mancher aufgeschreckt worden und habe dann festgestellt, dass der Anstieg doch sehr moderat ausgefallen ist. Dennoch: Es wird teurer. Eine Behandlung, die vorher 80 Euro gekostet hat, kommt jetzt auf 100 Euro plus Mehrwertsteuer. „Impfungen sind ordentlich teurer geworden“, räumt de Veterinärmedizinerin ein.

Brettener Tierklinik erwartet keine gravierenden Veränderungen

Auch die Tierärztin Cornelia Schnerr von der Brettener Tierklinik Salzhofen erwartet von der neuen Gebührenordnung keine gravierenden Veränderungen.

Die komplette Überarbeitung der GOT habe nicht durchweg zu einer Preissteigerung geführt, erklärt sie, sie sei lediglich dem heutigen medizinischen Standard angepasst worden.

Natürlich kommt für uns unterm Strich mehr bei rum, doch unsere Kosten sind natürlich auch gestiegen.
Cornelia Schnerr, Tierärztin

„In der früheren Gebührenordnung konnten wir kein CT oder MRT abrechnen, das wurde jetzt mit aufgenommen“, sagt Schnerr. Röntgenbilder oder eine Gastroskopie seien sogar billiger geworden.

Teurer wurden Lahmheitsuntersuchung, einzelne Operationen wie Arthroskopie sowie Injektionen und Infusionen.

Kosten für Tierpraxen und Tierkliniken deutlich gestiegen

„Natürlich kommt für uns unterm Strich mehr bei rum, doch unsere Kosten sind natürlich auch gestiegen“, bekundet die Tierärztin, die mit 14 weiteren Kolleginnen und Kollegen in der Pferdeklinik derzeit 64 stationäre Patienten behandelt.

Allein die Energie- und Personalkosten schlügen merklich zu Buche. Für die Kunden, zu denen auch der Tierpark mit seinen Pferden und Zebras gehöre, werde es schon in vielen Sachen teurer, räumt Schnerr aber ein.

Sie geht von rund zehn Prozent aus. So kostet eine Impfung beim Pferd im Schnitt 20 Euro mehr, auch die Medikamentenpreise hätten rapide angezogen.

Großtierhalter am stärksten betroffen

Am härtesten trifft die neue Gebührenordnung die Veterinärmediziner, die Großtierhalter betreuen. Tierarzt Thomas Schäfer aus Eppingen sieht die neue GOT sehr kritisch: „Für Kleintierpraxen ist das sicher eine gute Sache, Großtierpraktiker haben da aber offensichtlich nicht mitgeredet“, moniert der 60-jährige Tierarzt, der mit seinem Praxiskollegen rund 2.500 Rinder betreut.

An erster Stelle führt Schäfer die Impfung von ganzen Beständen an: „Bestandsimpfungen sind in der neuen Gebührenordnung gar nicht mehr vorgesehen.“ Die gebe es nur noch für Geflügel.

Dabei seien diese Impfungen überaus wichtig, wenn man von Antibiotika wegkommen wolle. Das bedeutet aber, dass er nun jede Impfung bei einer Milchkuh mit 5,75 Euro separat abrechnen muss. Bei 220 Tieren sind das 1.265 Euro – deutlich mehr als vorher.

Wie soll ein Landwirt das bezahlen? Bisher berechnete Schäfer eine Pauschalgebühr für die Impfung des kompletten Bestands, das sei für die Landwirte gerade noch zu stemmen gewesen. Das Dilemma für den Tierarzt mit der neuen GOT: Er darf die Sätze nicht unterschreiten. Doch wenn er sie anwendet, bringt er die Landwirte in finanzielle Schwierigkeiten.

Veterinärmediziner stehen vor einem Dilemma

„Die neue Gebührenordnung ist für Großtierhalter überaus problematisch“, erklärt Schäfer. Seit 35 Jahren ist er Tierarzt, manche der Neuerungen kann er nicht nachvollziehen.

Etwa auch bei der Trächtigkeitsuntersuchung. Die gebe es in der neuen Gebührenordnung nur noch per Ultraschall, die manuelle Untersuchung, wie sie seit 100 Jahren gemacht werde, sei nicht mehr vorgesehen.

Bei Pferden sei die Ultraschalluntersuchung die gängige Praxis, bei den Milchkühen sei das jedoch anders. „Da sind die Landwirte darauf angewiesen, rechtzeitig zu wissen, wann eine Kuh trächtig ist, damit sie diese aus der Milchproduktion herausnehmen kann“, bekundet Schäfer.

Mit einer Ultraschalluntersuchung werde das für die Bauern enorm teuer. Wie er das Dilemma lösen soll, weiß Schäfer nicht.

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