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Industrie 4.0

Bei SEW-Eurodrive in Bruchsal arbeiten Menschen und Maschinen zusammen

Bei der Bruchsaler Firma SEW-Eurodrive wird die Vision von der Fabrik der Zukunft Wirklichkeit. Dort machen Maschinen einen Großteil der Arbeit. BNN-Leser blickten hinter die Kulissen.

Ein mobiles Assistenzsystem fährt durch das Elektronikwerk der SEW in Bruchsal, die Teilnehmer der BNN-Sommertour schauen zu.
Selbstständig bahnt sich der fahrerlose Wagen seinen Weg durch die Werkshalle der SEW-Eurodrive. Die BNN-Leser sind fasziniert. Foto: Martin Heintzen

Der fahrerlose Wagen bremst. Hier geht es nicht weiter: Zwei Beine in Anzughosen versperren den Weg. Sie gehören Johann Soder, Ex-Geschäftsführer der Bruchsaler Firma SEW-Eurodrive. „Der ist vorsichtig, weil er weiß, dass man den Chef nicht umfahren darf“, scherzt Soder.

Die nüchterne Erklärung lautet: Der Wagen ist mit Sicherheitssensoren ausgestattet. Die Sensoren bringen ihn zum Stoppen, wenn Hindernisse im Weg sind. So wie jetzt. Soder tritt einen Schritt zur Seite. Die Hosenbeine sind nicht mehr im Weg, das Fahrzeug hat freie Bahn.

Es blinkt und surrt. Der Bildschirm an der Vorderseite leuchtet: roter Pfeil auf grünem Grund. Unter den neugierigen Blicken der Besucher setzt sich das hüfthohe Wägelchen in Bewegung. „Der sucht sich jetzt seinen Weg durch die Fabrik“, erklärt Soder.

SEW Bruchsal bauen Getriebe und Motoren für die ganze Welt

30 Leser schauten bei der BNN-Sommertour hinter die Kulissen des Bruchsaler Hauptsitzes von SEW-Eurodrive. Der Spezialist für Antriebstechnik baut Getriebe, Motoren und Steuerungssysteme für die ganze Welt. SEW-Technik steckt in der Bergbahn auf die Zugspitze, in der Panoramabahn des Europa-Parks, in Förderbändern, Rolltreppen, Aufzügen oder in Riesenkränen in Häfen.

Der Weg des Familienunternehmens ist eine Erfolgsgeschichte. In einer kleinen Werkstatt in einem Bruchsaler Hinterhofgebäude entstanden 1931 die ersten Getriebe der „Süddeutschen Elektromotorenwerke“ (SEW), gegründet von Christian Pähr. 

Heute sind die SEW ein Weltkonzern mit mehr als 20.000 Mitarbeitern in 54 Ländern der Erde. Mit ihren 4,2 Milliarden Euro Umsatz rangierte die Firma zuletzt unter den 200 größten Unternehmen des Landes auf Platz 185.

In Graben-Neudorf baut der Global Player aktuell ein Ausbildungszentrum für 32 Millionen Euro, außerdem eine neue Halle: eine Smart Factory, eine Fabrik der Zukunft.

Die Vision von der Fabrik der Zukunft: in den Werkshallen der SEW im Industriegebiet hinter dem Bruchsaler Bahnhof ist sie schon Wirklichkeit. Hier machen Maschinen bereits einen Großteil der Arbeit.

Mitarbeiter, die Material von A nach B tragen oder Wagen mit Ware herumschieben, sucht man vergeblich. Stattdessen rollen fahrerlose Transportfahrzeuge über die Flure. Sie erfassen selbstständig Kundenaufträge, holen Waren aus dem Lager, assistieren bei der Montage.

Roboter vernetzen Prozesse bei den SEW

Diese sogenannten mobilen Assistenzsysteme sind die Netzwerker in der „Smart Factory“, der intelligenten Fabrik der SEW. Sie vernetzen die einzelnen Prozesse in der Firma. „So können wir besonders effizient arbeiten“, sagt Soder. Vom Eingang des Kundenauftrags bis zum fertigen Produkt vergingen teils nur drei Stunden.

Aber wie funktioniert das genau? Die Wagen stehen in der Werkshalle und warten auf ihren Einsatz. Geht ein Kundenauftrag ein, setzen sie sich in Bewegung: Sie wissen genau, welche Teile für welches Produkt benötigt werden und wo sie zu finden sind.

Fahrerlose Wagen transportieren Material

Dorthin fahren sie, holen das Material ab und transportieren es durch die Halle bis zur nächsten Station, wo es montiert wird. Eine Maschine verpackt das fertige Produkt. Ein Drucker spuckt die Bedienungsanleitung aus. Ein Wagen nimmt das Paket in Empfang und sortiert es für die Lieferung ein. Alles digital, alles automatisch und wie von Geisterhand. Fast alles.

Ganz ohne Menschen geht es auch in der Fabrik der Zukunft nicht. Sie stehen in Montage-Inseln in der Halle, tragen weiße Kittel und Arbeitshandschuhe, fertigen Kabel, montieren Geräte. Routine-Aufgaben erledigen Maschinen, für die Spezialfälle und Neuentwicklungen ist der Mensch zuständig. Das ist die Idee von Johann Soder.

Soder hat die Firma SEW groß werden sehen. Seit 54 Jahren ist er im Unternehmen beschäftigt. 1995 übernahm er die Leitung der Elektronikproduktion am Standort Bruchsal. Anfang dieses Jahres hat er seinen Posten als COO weitergegeben.

Der neue Topmanager fürs laufende Geschäft ist Jörg Hermes, ein promovierter Maschinenbauer. Ganz verabschieden will Soder sich aber noch nicht: Als Geschäftsführer für Sonderaufgaben ist er weiterhin für die SEW im Einsatz.

Die BNN-Leser sind von der Technik in seinen heiligen Hallen tief beeindruckt. Die Kommentare reichen von „faszinierend“ über „beeindruckend“ bis hin zu: „Kann so ein Wagen auch eine Pizza bringen?“ Kann er, verrät Soder – rein theoretisch. Für die Leser geht es Richtung Ausgang. Die Wagen surren in der Werkshalle weiter.

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