Doris Buhlinger schließt eine unscheinbare Tür an der Schlossfassade auf und bittet die Gruppe, zwei steile Treppen hinunter zu gehen. Die Besucher finden sich bald in einem großen und hohen Kellerraum wieder.
„Wir sind nun unter der Hofkirche des Schloss Bruchsal, die ganze Kirche ist seit den Zeiten der Fürstbischöfe so unterkellert“, berichtet Schlossführerin Buhlinger den BNN-Lesern. Ihnen wird es beim vierten Termin der Sommertour angenehm kühl. Schließlich geht es zu sonst verborgenen Gängen und Kellern des Schlosses.
Sehr viele wollten dabei sein und die Teilnehmer finden sich nicht nur in einem tiefen Gewölbe wieder.
Riesiger Keller ist Depot für wertvolle Stücke
Unter der Hofkirche ließen die Bischöfe einst Lebensmittel und Wein lagern. Heute haben dort wertvolle Steine, Wappen und Figuren aus der Geschichte des Schlosses ihren temperierten Platz. Diese Zwergfigur kennt man doch von der Gartenseite eines südlichen Nebengebäudes? „Das stimmt“, erklärt Doris Buhlinger, „dies hier ist das Original, draußen stehen Nachbildungen.“
Viele wertvolle, teilweise nach dem Bombenangriff vom 1. März 1945 gerettete Steine oder Dekorationen erzählen in diesem Keller ihre spannende Geschichte. Lapidarium wird der Depot-Raum nun genannt.
Sparsamer Bau dank nur einem Kirchturm
Vor 300 Jahren begann der Bau von Schloss Bruchsal durch einen sehr sparsamen geistlichen Herrscher, Damian Hugo von Schönborn. Er wollte eine möglichst vorzeigbare, ganz neue Residenz. Architekturkniffe sollten helfen, sie nicht so teuer zu machen. „Deshalb hat die Hofkirche nur einen Turm in einiger Entfernung. Direkt am Kirchenbau hätten es nach barockem Ideal zwei Türme sein müssen, einen hat Schönborn also eingespart“, berichtet Buhlinger.
Geheimnis im Totraum
Sie klärt außerdem über manches Geheimnis im Schloss Bruchsal auf. Im Keller der Intrada öffnet sie die Luke zu einem noch tieferliegenden, umfangreichen Loch. War das etwa ein kurzzeitiges Gefängnis für untreue Diener oder aufsässige Untertanen im Hochstift Bruchsal? Nein, es handelt sich um einen sogenannten Totraum.
Und damit wahrscheinlich um eine Art Jauchegrube des Schlosses. Dorthin wurden Harn oder Exkremente der Herrscher gebracht. Deren Ausscheidungen galten als Geheimnis. Niemand außer dem Leibarzt sollten aus ihnen Schlüsse über die Gesundheit der Regierenden ziehen können und etwas weitererzählen. Und irgendwann verkaufte man die Ware aus dem Totraum als Dünger.
Der Blick von oben auf dem Turmwächterhaus
Nicht nur Treppen nach unten bescheren den BNN-Lesern neue Einblicke. Eine Wendeltreppe ermöglicht den Aufstieg auf das sonst nicht zugängliche Dach des Torwächterhauses. Von dort hatten die Besucher einen umfassenden Blick auf die Fassaden der Schlossanlage mit übrigens über 50 Einzelgebäuden.
Die lange Front mit dem Haupteingang ließ Schönborn barock und, natürlich, möglichst sparsam erbauen. Erst sein Nachfolger Franz Christoph von Hutten sorgte für Säulen, Balkon und zwei prächtige Wappen. Die beiden niederen Verbindungsbauten mit Durchgang zum Garten stammen ebenfalls aus der Zeit des Rokoko-Fürsten Hutten. Er benötigte 400 Bedienstete um sich herum, Schönborn begnügte sich mit 100.
Man aß Schwanenfleisch im Schloss Bruchsal
Wie war das mit dem Essen damals, konnte Fleisch gelagert werden?: Das wollte eine Leserin aus Philippsburg wissen. „Im Winter gab es Eiskeller, im Sommer konnte man Fleisch nicht lagern und verzehrte etwa Wild gleich. Anders war es mit Vögeln, die konnten als Nahrungsmittel ,gehalten‘ werden. Neben Hühnern gab es Fasan oder auch das sehr zähe Schwanenfleisch als Terrine“, informiert Buhlinger. „Und die Küche war nicht im Hauptgebäude, aus Furcht vor Bränden, ausgelöst an offenen Feuerstellen.“
„Wo wir überall hinkommen!“, meinte eine Leserin aus Büchenau erfreut, als die Schlossführerin auch noch den ehemaligen Weinschau-Keller unter einem kleinen Gebäude neben dem Torwächterhaus aufschloss. Oben arbeitet die Schlossverwaltung, unten gibt es einen zwar ungenutzten Raum. Aber der ist mit einem riesigen steinernen Wappen ausgestattet, an dem es einiges über Fürstbischof Hutten zu erzählen gibt.
Doris Buhlinger entließ die Gruppe nicht ohne einige „Appetithäppchen“ in der Oberwelt des Schlosses. An der berühmten Treppe von Balthasar Neumann sowie zwei Wandteppichen machte sie Lust auf irgendwann noch mehr Schloss. Und die Chefin der Anlage, Christina Ebel von Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, lud die BNN-Leserinnen und -Leser noch zu kühlen Getränken beim Abschluss im Gartensaal ein.