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Ausgang wäre ungewiss

Baden-Badens OB Margret Mergen setzt Abstimmung zum Haushalt überraschend ab

Eigentlich sollte der Baden-Badener Gemeinderat die Weichen für die beiden kommenden Jahre stellen. Doch daraus wird vorerst nichts. Warum müssen die Stadträte ihre Entscheidung vertagen?

Eine Frau zeigt mit den Händen.
Der städtische Schuldenberg wird größer: OB Margret Mergen möchte Gebühren und Steuern aber nicht erhöhen. Foto: Bernhard Margull

Die Sitzung des Baden-Badener Gemeinderats am Montagabend beginnt mit einer dicken Überraschung: Oberbürgermeisterin Margret Mergen (CDU) kündigt an, den Tagesordnungspunkt 4 – die Verabschiedung des Doppelhaushalts 2022/23 – abzusetzen und die Abstimmung darüber zu vertagen.

Sie habe den schriftlich vorliegenden Stellungnahmen der sieben Gemeinderatsfraktionen entnommen, dass es voraussichtlich nur eine Stimme Mehrheit für den von ihr vorgelegten Entwurf geben würde, begründet die Rathauschefin ihren Schritt. „Dem entnehme ich, dass es noch Beratungsbedarf gibt“, sagt Mergen.

Angesichts der angespannten Corona-Situation hatte sich der Ältestenrat des Gemeinderats im Vorfeld darauf verständigt, dass die Sprecher der Fraktionen ihre Haushaltsreden in diesem Jahr zum ersten Mal nicht mündlich in der Sitzung vortragen sollten.

Baden-Badener Fraktionen legen Stellungnahmen nur schriftlich vor

Stattdessen war vereinbart, die Stellungnahmen schriftlich vorzulegen, um dann auf dieser Basis abzustimmen. Alle Fraktionen hielten sich an diese Vorgehensweise. Die Statements lagen spätestens am Montagmorgen vor und waren rechtzeitig vor Beginn der Sitzung als Online-Dokumente zu diesem Tagungsordnungspunkt bereit gestellt.

Aus den Reden war ersichtlich, dass das Abstimmungsergebnis äußerst knapp werden könnte. Die Fraktionen der Grünen, der Freien Bürger für Baden-Baden (FBB) und der FDP hatten signalisiert, den Haushaltsentwurf abzulehnen. Sie wären auf insgesamt 19-Nein-Stimmen gekommen. CDU, SPD und AfD kündigten an, dem Doppelhaushalt zustimmen zu wollen, was 18 Ja-Stimmen bedeutet hätte. Da die OB ebenfalls stimmberechtigt ist, wäre wohl eine weitere Ja-Stimmen dazugekommen.

Im Baden-Badener Schulzentrum West sind mehrere Schulen untergebracht.
Ausgaben für den Bildungssektor: Das Schulzentrum West bildet einen Schwerpunkt bei den Investitionen, die der von OB Margret Mergen vorgelegte Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23 vorsieht. Die Stadt möchte den Schul-Standort Baden-Baden stärken. Foto: Bernd Kappler

Das Zünglein an der Waage wären damit die Freien Wähler (FW) gewesen, die mit drei Mandaten im Gemeinderat vertreten sind. Stadtrat Rainer Lauerhaß hatte in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Mitglieder der FW-Fraktion individuell entscheiden würden. Der Ausgang wäre also ungewiss oder knapp gewesen.

OB Mergen bewirbt sich um eine weitere Amtszeit

Mergen vermutet als einen Grund der ablehnenden Haltungen zu ihrem Haushaltsentwurf, den sie im Oktober vorgelegt und den der Hauptausschuss vorberaten hat, den bereits angelaufenen OB-Wahlkampf. „Das ist nicht das Signal, das wir in der Weihnachtszeit aussenden wollen“, betont die Rathauschefin in ihrer Begründung, die Haushaltsverabschiedung abzusetzen.

Zum Hintergrund: Mergen hat ihre Bewerbung für den Chefsessel im Baden-Badener Rathaus schon abgegeben und ihre Gründe, für weitere acht Jahre antreten zu wollen, in einem Gespräch vor Medienvertretern ausführlich dargelegt.

Das ist nicht das Signal, das wir in der Weihnachtszeit aussenden wollen.
Margret Mergen / Oberbürgermeisterin

Angesichts der sich verschärfenden Corona-Lage braucht die Stadt Mergen zufolge jetzt Hoffnung. Sie beabsichtige, mit den für die beiden kommenden Jahre angekündigten Investitionen ein entsprechendes Signal zu setzen. Vor allem die geplanten Ausgaben im Bildungssektor und in der Schul-Infrastruktur seien mit Blick auf die Kinder in der Stadt angemessen. Sie wolle die Grundlagen für eine gute Zukunft gemeinsam erarbeiten. „Mir ist es wichtig, im neuen Jahr einen mehrheitsfähigen Haushalt vorzulegen“, betont die OB.

Der von Mergen eingebrachte Entwurf für 2022/23 hat ein Bilanz-Volumen von rund einer halben Milliarde Euro. Um die vorgesehenen Investitionen zu finanzieren, wären weitere Kredite und Entnahmen aus den städtischen Rücklagen erforderlich. Die Verschuldung im Kernhaushalt läge dann bei rund 76 Millionen Euro.

In den schriftlichen Stellungnahmen begründen die Grünen ihre Ablehnung damit, dass der Haushaltsentwurf die Themen, die die Fraktion umtrieben, nicht widerspiegele. Sie werfen Mergen vor allem Defizite bei Bürgerbeteiligung, Transparenz und Klimapolitik vor. Nach Ansicht der Grünen lasse die OB es häufig an Transparenz fehlen, treffe eigenmächtig Entscheidungen und torpediere immer wieder bereits gefundene Kompromisse. Zudem vermisst die Fraktion entscheidende Impulse bei der Klimapolitik.

Die CDU verteidigt die Investitionen

Die CDU-Fraktion wollte dem Etat trotz einiger Bedenken zustimmen. Der Entwurf sei im Wesentlichen das Ergebnis der politischen Arbeit in den vergangenen zwei Jahren. Trotz der angespannten Finanzlage seien die Investitionen gerechtfertigt. Im Vergleich zu anderen Kommunen ähnlicher Struktur stehe die Stadt nicht schlecht da. Die SPD-Fraktionen signalisierte mit Blick auf die positiven Signale ebenfalls Zustimmung.

Die FBB hingegen sieht Baden-Baden am Rand des finanziellen Kollapses, weshalb die Fraktion den Haushalt ablehnen wollte. Die zusätzliche Schuldenlast sei nicht zu verantworten. Die Freien Wähler zeigten sich uneinheitlich, sie sehen vor allem die weitere wachsende Verschuldung kritisch.

Die FDP kündigte an, den Weg weiterer Schuldenaufnahme nicht mitgehen zu wollen. Die AfD wollte – „wenn auch mit großen Bauchschmerzen“ – dem Entwurf der OB zustimmen.

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