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Wirte fürchten den Winter

Wie Gaggenauer Gastronomen über die Corona-Pause gekommen sind – und wie es jetzt weitergeht

Die Corona-Krise traf die Gastronomie im Murgtal hart. Fast drei Monate lang mussten Restaurants, Bars und Gastwirtschaften geschlossen bleiben. Einige hielten sich mit Außerhaus-Verkauf über Wasser, andere machten ganz dicht.

Gastronom Mattias Schmauser hat eine hellgrüne Schürze umgebunden und steht vor der Terrasse von Schmausers Sportgaststätte in Ottenau
Gastronom Mattias Schmauser von Schmausers Sportgaststätte Ottenau Foto: Beatrix Ottmüller

Von Beatrix Ottmüller

„Im März setzte bei mir Schockstarre, Fassungslosigkeit und Ratlosigkeit ein“, erinnert sich Michaela Scheffold vom Ratsstübel am Gaggenauer Marktplatz. Dann wurde überlegt, wie es weitergehen kann. „An Tag zehn unserer Zwangsschließung haben die Köche und ich beschlossen einen Abholservice anzubieten, mit wöchentlich wechselnder Speisekarte und zehn Gerichten“, erzählt sie.

Da Ostern gerade vor der Türe stand, wurden auf Wunsch Geschenkgutscheine vom Lokal verschickt. Beides sei vor allem von der Gaggenauer Bevölkerung gut angenommen worden. Es habe sogar einige Gäste gegeben, die Gutscheine für sich selbst gekauft haben, freut sich die Wirtin.

Die Intention der Kunden war, den Gutschein in den nächsten Jahren irgendwann einzulösen. „Das hat mich unheimlich gerührt“, sagt Michaela Scheffold, die ihrer Kundschaft sehr dankbar ist. Durch diese Maßnahmen habe wenigstens ein kleiner Teil der Mitarbeiter nicht komplett in Kurzarbeit gehen müssen.

Seit der Wiederöffnung spielt dem Ratsstübel das Wetter in die Karten. Der Außenbereich, der vergrößert werden konnte, wird gut genutzt.

Stadt verzichtet im Corona-Sommer auf Nutzungsgebühr für Außenbereich

Dass die Stadt Gaggenau in diesem Corona-Sommer für den Platz keine Nutzungsgebühr erhebt und die Mehrwertsteuer gesenkt wurde, sei eine unheimliche Hilfe, sagt Michaela Scheffold. Doch die Angst vor der kalten Jahreszeit ist groß. „Das Lokal ist recht klein, ohne Nebenzimmer“, sagt die Chefin.

Durch die Abstandsregelung mussten sechs Tische rausgeräumt werden. Der Tresen, das Herzstück des Lokals, darf nicht besetzt werden. „Hilfreich könnte sein, dass wir schon immer durchgängig warme Küche anbieten, somit die Gäste sich zeitlich gut verteilen können. Wir versuchen Reservierungen gut zu koordinieren, um auch eine gewisse Auslastung zu erhalten“, betont sie.

Allerdings könne nicht auf alle Wünsche der Gäste bezüglich Uhrzeit und Platzwahl eingegangen werden. „Es herrscht einfach kein Normalbetrieb. Aber wir geben unser Bestes und hoffen auf Verständnis“, so Michael Scheffold.

Im Sommer müssen Reserven für den Winter erarbeitet werden

Wahrscheinlich arbeite man im Sommer für den Winter mit. In der kalten Jahreszeit müssten dann wieder die Reserven aufgebraucht werden, wie schon während des Lockdowns. „Aber ich möchte nicht jammern, wir haben bisher wenigstens die Möglichkeit vorzuarbeiten. Niemand weiß was noch passiert!“, sagt sie und ist dankbar.

„Ohne die großartige Unterstützung der Gaggenauer hätten wir diese, für alle entsetzliche Zeit, bisher nicht so gut überstanden“, da ist sich Michaela Scheffold sicher.

Auf der Terasse des Gaggenauer Ratsstübels sitzt die Wirtin des Ratssstübels, (rechts) mit zwei ihrer Mitarbeiter
Ratsstübel-Wirtin Michaela Scheffold (rechts) mit zwei ihrer Mitarbeiter von der Terrasse des Ratsstübel Foto: Beatrix Ottmüller

Auch Mimo Augustino von Toni’s Ristorante-Pizzeria in Gaggenau ist froh über das gute Wetter. „Wenn es regnet, kommen die Gäste nicht“, sagt er. Die Leute würden sich davor scheuen im Restaurant zu sitzen. Auch sonst sei der Restaurantbesuch seit der Wiederöffnung eher schwach. In diesem Sommer bedeute das 20 bis 30 Prozent weniger Besucher.

Weniger Besucher, aber mehr Arbeit

Für sein Personal bescherten die Hygieneauflagen zudem wesentlich mehr Arbeit. Positiv sieht Mimo Augustino den Außerhaus-Verkauf. Sein Lieferservice und die Abholungen seien auch während der Lockdownphase konstant wie zuvor geblieben.

Matthias Schmauser von Schmausers Sportgaststätte Ottenau ist froh, dass er zusammen mit seinem Geschäftspartner Robin Schneider das Restaurant wieder öffnen konnte. „Wir haben den Betrieb erst vor über zwei Jahren übernommen und viel investiert. Eine Schließung können wir uns nicht leisten“, sagt er.

Corona habe ihm das Ostergeschäft kaputt gemacht, ebenso konnten keine Konfirmation- und Kommunionsfeiern stattfinden, wie sonst im Frühjahr. Nach der Zwangsschließung durch die Corona-Pandemie reagierten Matthias Schmauser und Robin Schneider sofort. Sie strichen ihren Urlaub und boten sieben Tage die Woche mit einer kleinen Karte einen Abholservice an. „Dieser wurde auch gut angenommen“, sagt Matthias Schmauser.

Die Aktiven der Sportvereinigung Ottenau unterstützten die Gastronomen dabei, ihn publik zu machen und verteilten an zwei Wochenenden 15.000 Flyer. „Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt der Wirt. Inzwischen, nach der Wiedereröffnung des Restaurants, ist der Abholservice fast eingeschlafen.

Wenn wir wieder schließen müssen, sehe ich schwarz für unseren Betrieb.
Matthias Schmauser

„Wir wollen ihn eigentlich beibehalten. Aber die Leute gehen wohl lieber wieder raus und treffen sich. Das hat wohl allen gefehlt“, beobachtet er. Das Terrassengeschäft sei zuerst zögerlich angelaufen. Die Menschen seien sehr vorsichtig gewesen. Ins Restaurant möchte derzeit keiner sitzen.

„Wenn es regnet, kommen bis zu 80 Prozent weniger Gäste“, betont Matthias Schmauser. Wie das im Winter werden soll, mag er sich noch nicht ausmalen. Angst hat der Gastronom vor einem zweiten Lockdown, daher appelliert er an die Vernunft der Menschen die Abstandsregeln und Maskenpflicht einzuhalten. „Wenn wir wieder schließen müssen, sehe ich schwarz für unseren Betrieb“, sagt Matthias Schmauser.

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