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Goethe-Gymnasium

Gaggenauer Geschichtsforscher und Lehrer Ulrich Behne ist tot

Der Geschichtsforscher und langjährige Lehrer am Gaggenauer Goethe-Gymnasium, Ulrich Behne, ist am Samstag gestorben. Er war ein Lehrer, wie es ihn heute nicht mehr geben würde.

Ulrich Behne, Historiker
Seine profunden Kenntnisse der Gaggenauer Geschichte hatte Ulrich Behne zuletzt als Mit-Autor des Jubiläums-Buchs zu 100 Jahre Stadt Gaggenau eingebracht. Foto: Elke Schapeler

Der Anblick träger Schüler, hingefläzt auf ihren Schulbänken – das bereitete ihm fast schon greifbare Qualen: „Sei kein Frosch – forsch!“, rief er dann, hielt uns unser Reclam-Heftchen mit der entscheidenden Textseite vor die Nase und zögerte nicht, uns „mal wieder richtig“ hinzusetzen: „Komm. Arbeitshaltung“, schnaufte er dabei.

Und aus seinem Blick, in dem Ärger und Verständnis für pubertäre Befindlichkeiten miteinander zu ringen schienen, sprach allzu oft die schiere Verzweiflung: Wie konnte man nur die Chancen nicht nutzen wollen, der eigenen Unwissenheit zu entfliehen?

„Lass doch den Tüddelkram“, setzte er noch hinzu, ehe er fortfuhr zu erklären, warum Schillers „Räuber“ eben viel mehr sind als nur eine Literaturschwarte, deren gelber Umschlag sich trefflich mit Pennäler-Sprüchen zukritzeln ließ: „Da muss man sich hineinknien!“

Lehrer macht am Goethe-Gymnasium scheinbar langweilige Literatur spannend

Behne war ein Lehrer, wie es ihn heute nicht mehr geben würde. Und doch: Wer sich auch dank Behnes Nachdrücklichkeit durchs Abitur gekämpft hatte, der muss dem Pädagogen heute noch dankbar sein, dass er anscheinend nicht müde wurde, scheinbar langweilige Literatur spannend werden zu lassen – und dröge Geschichte durch Geschichten lebendig.

Behne ist am Samstagmorgen im Klinikum in Rastatt gestorben. Überraschend für alle, die ihn kannten und ihn schätzten: Nicht nur als Pädagoge, sondern als einen Murgtäler, der nicht müde werden wollte, seinen Mitbürgern Bildung zu vermitteln.

Er tat dies als Vorsitzender des Kulturrings (2003 bis 2011). Darüber hinaus widmete er sich der Aufgabe, den Gaggenauern ihre allzu gerne vergessene Geschichte zu erzählen: Jene Geschichte, die man unter den Trümmern der zerbombten Stadt bestens aufgehoben wusste und die in den Archiven des Rathauses ja immer noch für die Nachwelt zugänglich sein würde.

Ulrich Behne kam in Ostfriesland zur Welt

Dieses Engagement in seiner Heimatstadt Gaggenau war nicht selbstverständlich: Schließlich stand seine Wiege im ostfriesischen Vechta, wo er am 3. April 1939 zur Welt kam. Nach dem Staatsexamen in Freiburg setzte er 1969 am Goethe-Gymnasium Gaggenau seine pädagogische Laufbahn fort. Ein „68er“ war Behne nicht, auch wenn er nicht nachlassen wollte, den „Muff unter den Talaren“ mit dem frischen Wind der klassischen Bildung vertreiben zu wollen.

Die Pensionierung 2003, nach bald dreieinhalb Jahrzehnten am „Goethe“, sie eröffnete ihm Freiraum für seine Passion, die Geschichte. In dem Buch „Wo Gacko einst das Mammut jagte“ (2013) stellte Behne die Besiedlung des Murgtals anhand der Orts- und Gewann-Namen dar.

Mit „Verstreute Spuren – Verblasste Erinnerungen“ hat Behne im Frühjahr 2019, kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag, ein Werk vorgelegt, das die Juden aus Hörden, Gaggenau und Rotenfels aus der Vergessenheit holen sollte.

Bei allem Quellenstudium, bei allem Streben nach Fakten, hat er, der einstmals Zugezogene, sich persönlich berühren lassen von dem Schicksal der Familien, der Frauen und Männer, der Kinder und Alten; die Murgtäler waren unter Murgtälern, Nachbarn unter Nachbarn, Freunde unter Freunden.

Freundschaftliche Bindungen zur Familie des einstigen Rotenfelser Arztes Isidor Meyerhoff

Und so ist es nicht nur das Zusammentragen von Fakten, was seine Schriften lesenswert macht. Es sind die darin vorkommenden Menschen, deren Erlebtes, die daraus berührende Lektüre werden ließen. Zu der Familie des einstigen Rotenfelser Arztes Isidor Meyerhoff sind freundschaftliche Bindungen von Gaggenau über den Ozean hinweg nach USA entstanden – auch dies ist das Verdienst von Behne.

Weniger bekannt ist Behnes Liebe zur Chormusik. Im Hassler-Chor in Malsch oder im Kirchenchor von St. Laurentius Bad Rotenfels war er aktiv. Auch bei historischen Führungen durch die Stadt, in der Bildungsarbeit mit jungen Menschen, erwies sich Behne als zurückhaltender, aber zugänglicher Mitmensch.

Ulrich Behne schrieb mit am Buch zu 100 Jahre Stadt Gaggenau

Seine profunden Kenntnisse der Gaggenauer Geschichte hatte er zuletzt als Mit-Autor des Jubiläums-Buchs zu 100 Jahre Stadt Gaggenau eingebracht. Nicht nur darüber hat er sich noch vor wenigen Wochen, beim Neujahrsempfang in der Jahnhalle, in lockerer Gesprächsrunde ausgetauscht.

Die Beerdigung von Ulrich Behne findet statt am Freitag, 10. Februar, um 13.30 Uhr auf dem Friedhof in Bad Rotenfels.

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